Mal richtig Abenteuer gefällig…

Freizeit oder so richtige Tage an denen ich mal nicht an mein Projekt denke sind rar geworden. Ich hab mein Programm und arbeite zielstrebig darauf hin. Doch etwas Abwechslung kann nicht schaden.
Die letzten Tage war es vorbei mit der Ruhe hier oben auf dem Berg. Der zweite Eigentümer des Hotels mit allem drum herum auf dessen Terrain ich mich befinde ist wieder zurück in Togo und hat einen Kumpel dabei. Einen polnischen Abenteurer und damit einen Gleichgesinnten denn auch der Franzose mit togolesischem Pass ist trotz seiner 50 Lenze nicht gerade inaktiv. Früher mehrfacher Rallye Dakar Teilnehmer und seit seiner Jugend in Afrika hatte er diesen wunderschönen Fleck Erde gefunden und seinem Traum Gestalt gegeben.

Wir verstanden uns auf Anhieb und so wurde ich zu diversen Aktivitäten eingeladen. Es startete mit einer kleinen Fahrradrunde auf dem Mountainbike, VTT wie die Franzmänner es nennen. Velo tout terrain. Ich kenne meine Nachbarschaft recht gut und war alle Wege schon gefahren, jedoch ging die Rundfahrt über zwei Nachbardörfer doch länger als gedacht. Natürlich erwischte uns der Regen mittendrin, immer noch Regenzeit bis November…
Gerade als wir im Dorf Kpeto als Tross von drei Weißen begleitet von zwei Einheimischen großes Aufsehen erregten wurde der Himmel schwarz und ein interessanter Unterschlupf tat sich auf. Wollte eh schon immer mal an der Kirchenruine halten, die nicht etwa alt und verlassen ist, sondern wie so üblich mitten im Bau wegen Geldmangel gestoppt wurde und seitdem eine leere Hülle von Steinmauern darstellt. Vorne mit zweiter Etage und darunter die provisorischen Kirchenbänke, die zum Glück trocken stehen und uns Schutz bieten.

Der Regen tropft den Treppenabsatz hinunter und der geplante Altar im Kirchenschiff ist komplett der Sintflut ausgesetzt. Eine surreale Szene und Mike der Pole fleißig am filmen. Ich hatte in letzter Zeit genügend Abenteuer mit feuchter Technik und fast mein 9Jahre altes Telefon ersoffen, zum Glück diesmal nicht dabei und deshalb ein Bild von ihm genutzt.

Foto Kirche wird nachgereicht.

Klar waren die Pisten und Wege danach eine schlammige Angelegenheit. Was soll’s rein ins Vergnügen, dafür sind Mountainbikes ja gedacht und ich erinnere mich an meine aktive Zeit in diesem Sport mit Wettkämpfen und Meisterschaften, da war das Wetter auch immer zweitrangig. Das Tempo heute nur etwas gemütlicher. Als dann der zweite Regen im Anmarsch war fiel mir ein, dass mein Dachzelt nicht geschlossen ist und Atlas unterm Truck hockt und auf meine Rückkehr wartet. Ich verabschiedete mich von der Truppe und gab Gas, alles was ging mit einer Abkürzung quer durch den Dschungel einem Pfad folgend der zu Fuß schon schwierig ist, nun bei derbem Regen einer Downhill Abfahrt im Bach mit Stromschnellen gleicht. Nasser kann man nicht werden, als wenn ich ein Vollbad mit Klamotten genommen habe. Bis auf die Schlüpper haben wir früher gesagt.

Doch ich kam noch rechtzeitig oder zumindest vor weiteren Schauern die dieser Nachmittag noch bringen sollte. Atlas fast trocken und auch im Heim durch den Heckbereich und die offenen Türen nur geringe Tropfen, die Richtung war günstig. Die Klamotten ließ ich wie sie waren direkt auf der Terrasse liegen.

Und schon am nächsten Tag sollte ein weiteres Abenteuer beginnen. Heutiges Ziel der Wasserfall Gbaledze den ich schon einmal besucht habe und als schönsten überhaupt bezeichnen kann.

Die Suche nach der Kaskade Gbaledze

Meine damalige Wanderung mit der Machete durch den Busch aber ein Kinderspiel verglichen zum heutigen Plan. Wir wollen ab zuhause dem Bach der unser Trinkwasser führt folgen. Dieser vereinigt sich im Dschungel mit weiteren und fällt dann einfach wunderschön die Wand hinunter, wir nehmen den gleichen Weg. Es gibt Kletterausrüstung im Hotel, also Gurte und Seile. Canyoning oder wie man sowas nennt, Schutzhelme haben wir auch dabei. Die Wanderung also etwas außerhalb meines üblichen Bewegungsradius. Die halbe Strecke zum 5km entfernten Spektakel hatte ich schon einmal absolviert um den Wasserfall von oben zu sehen, jedoch den Weg nicht gefunden. Kein Wunder, verschlungen an mehreren Farmen vorbei ging es auf und ab bis in einem weiteren Tal endlich der Bach zu finden war. Bei uns direkt war die Vegetation viel zu dicht. Hier dann ein Pfad nebendran.

Mike zum ersten Mal in Afrika fleißig am Filmen, Bananen, Kakao, Kaffee, Papaya, Kalabassen und einige wenige riesige Kapokie Baume, viele Palmen und andersartige Pflanzen. Und dann ein Fußballplatz im Nirgendwo, tolle Naturtribüne an einem Hang, das ist mal ne Kulisse.

Fußballplatzfoto?

Zu Mike übrigens… als Teilnehmer der Camel Trophy auch schon Abenteurer seit Angedenken, zuletzt ohne Schlittenhunde im Yucon unterwegs… auf dem härtesten Track der Welt und das im Februar bei minus 40grad… Verrückt… mehr noch, zum zweiten Mal weil der erste Versuch gescheitert war gerade so noch alle Finger und die Füße dran. Hier also eher ein Spaziergang. Doch dann geht es ein Bohnenfeld den Hang hinab und man hört das Wasser rauschen. Keine Wege und meine beiden Rasta Kumpels mit der Machete voran. Wie der Zufall so will waren sie früher schon die Guides fürs Hotel und wurden in Klettertechniken ausgebildet. Ich hatte bisher nur Sportklettern hinauf ausgeübt, aber abseilen sollte kein Problem darstellen.

Wir kämpften uns also durch dichtes Gestrüpp und das Gelände wurde immer unwegsamer, ich dachte schon hier kommt man nicht wieder raus, könnte auch so sein, der Vorteil liegt aber beim Abseilen, runter geht es immer irgendwie… Das Seil um einen Baumstamm gelegt und mit der 8 am Gürtel befestigt hinein in die Fluten den Stromschnellen folgend. Der Bach rund nen Meter breit und vorher knietief, die Wassermassen also gerade so noch beherrschbar. Trotzdem spült sich die Kraft über die Zeit die Steine wie sie will und formt sich ein Bett. Also zum zweiten mal in unter 24Stunden nass bis auf die Knochen. Ebenfalls ohne Technik unterwegs hat die China GoPro versagt. Sie sollte ja als Ersatz dienen, weil meine GoPro 3 einen defekten Akku hat und dieser seit Mauretanien nicht aufzutreiben ist… Bilder also Mangelware.

Mich behindert etwas mein vor zwei Wochen gebrochener Zeh, aber Wikinger kennen keinen Schmerz und das Abenteuer ruft. Vielleicht hätte ich Stiefel anziehen sollen, hab aber keine und auch Schuhe sind rar bei mir. Die Wahl fiel auf meine Zehenschuhe und der kleine Onkel also ab und an doch ungünstig gelegen. Hilf nix, es gibt kein Zurück. Der Wasserfall Gbaledze staffelt sich in vier Etappen mit jeweiligen Becken. Die unteren Beiden hab ich im Link beschrieben schon besucht. Nach dem Dritten mussten wir durch eines dieser Becken schwimmen, rund 15m im Durchmesser und unergründlich tief. Schon ein kribbelndes Gefühl und ich voran, Witze über Krokodile heiterten die Stimmung auf.
Hinter diesem Becken fiel der große Wasserfall locker 40meter tief und ich wollte mal über den Abhang schauen. Mit dem Seil gesichert tastete ich mich in den letzten Stromschnellen vor, aber keine Chance, zu starke Wasserkraft. Der Weg hinunter führt drei Meter neben dem Wasserfall an der dicht bewachsenen Wand hinab. Die Jungs bereiteten die Seillängen vor und waren in der Wand… als der Regen einsetzte. Es wurde dunkel und ein erneuter Wolkenbruch wie gestern ließ unendliche Wassermassen auf uns hinab. Mike zauberte eine alubedampfte Rettungsdecke aus seinem Rucksack, denn es wurde kühl. Wir schon komplett durchnässt nun also auch noch ohne wärmende Sonne. Aber zu dritt im Hocken und Sitzen klappt das ganz gut und der Schauer war nach ner halben Stunde vorüber.

Warm werden nur durch körperliche Aktivität, also ab in die Wand. Verständigung mit weiter unten unmöglich, das Rauschen des Wassers zu laut. Ich zupfe am Seil, es ist frei, also los. Das Seil liegt auf halber Länge um einen dicken Baum um doppelt in der 8 geführt zu werden. Zwischen Wand und Vegetation finde ich also meinen Weg… bis das Seil endet. Es reicht nicht bis auf den immer noch 20m entfernten Boden, bin also erst auf der Hälfte. Einer der Jungs war wie gesagt voran und hatte ein zweites Seil viel weiter unten befestigt, ist über Lianen weiter geklettert, nein Danke, kein Vertrauen. Also wieder hoch und das ist nicht so einfach. Die AbseilAcht auch nicht als Klettersicherung gedacht, aber sterben stand heute nicht auf dem Plan. Oben wieder angekommen waren die anderen verwundert. Kommunikation wie gesagt ein Manko. Wir hatten ein weiteres Seil dabei und verbanden diese. Das Problem war jetzt nur den Rest genau die gleiche Route durch die Vegetation zu bekommen und es nicht in den Pflanzen zu verheddern. Davon wächst mehr als genug auch stacheliges an der zerfurchten Wand.

Den zweiten Abwärtsgang also mit ordentlich Adrenalin im Blut und der Hoffnung dass es nun reicht. Für erneut hoch fehlt die Kraft. Ich verpasse das dritte kürzere unten hängende Seil und hab auch keine Lust an einem Ast hängend mit nur einer Hand meine Sicherung zu wechseln… Risiko. Und meine Abschätzung bestätigt sich… es reicht aber sehr knapp. Als ich den Boden erreiche hab ich die Enden in der Hand und damit den Slack schon vollkommen ausgenutzt. Beim Lösen zischen die Seile der gedehnten Eigenspannung wegen locker bis drei Meter über unsere Köpfe, immerhin ist mein Kumpel Komi nun hier und vom warten durchgefroren. Die anderen folgen, langsam… Verständigung… Wir halten uns mit Kniebeugen und Armkreisen warm, der Regen hat gestoppt es tropft aber von überall die Wand hinunter und der Wasserfall erzeugt einen heftigen Wind hier unten. Kein Wunder, ein Blick zu diesem vormals im Video abgelichtet, ließ mich staunen.

Das Wasser endet nicht mehr sanft auf den Steinen sondern in einem fetten braunen Strahl direkt im Becken welches nun Hochwasser führt. Der Wanderweg zurück ins Tal mit zweimaligem kreuzen des Baches also versperrt. Das Abenteuer ist noch nicht geschafft. Die drei anderen sind nun auch hier und alle Ausrüstung hat es mit geschafft. Eine Machete beim Abseilen wäre echt hilfreich ich musste einige Lianen mit den Zähnen kappen in denen ich oder das Seil aufgehalten wurde. Auch ein mindestens 80m langes Seil wäre ebenso wünschenswert. Das Kletterequipment aber komplett aus Frankreich importiert, sowas gibt’s hier nicht.

Die Gruppe sucht also nach einem Ausweg aus diesem Kessel und dieser heißt erneut klettern. Immerhin nur 100% Steigung und auf waldigem Grund kann man sich an diversen Pflanzen Halt verschaffen. Der aufgeweichte Boden aber rutschig und so passiert es dass Komi mit der Machete am Weg erschaffen den Halt verliert. Zum Glück fällt diese nicht mit und nur er mir entgegen. Mehr aus Reflex greife ich ihn und drücke uns zu Boden, Purzelbäume will man nicht schlagen, wenn hinter dir der Abgund wartet. So bleiben wir nach wenigen Metern komplett verdreckt aber sicher liegen. Der Ausweg also immer noch ein Abenteuer. Als wir den Rand des Kessels erreicht haben kann man nun immerhin schon das Dorf und die Straße erkennen. 3km vor uns und 400m unter uns… Eine sanfte grüne Wiese dazwischen… könnte man denken, ist aber 2m hohes Elefantengras und erneut nur mit der Machete zu bezwingen. Ich bin in den Krebsgang übergewechselt, Immer wieder große Steine die nun unter dem umgelegten Gras der beiden arbeitenden Jungs vor mir versteckt sind. Keinen Bock mir auf der Zielgeraden nochmal den Zeh anzustoßen. Zur Abwechslung regnet es mal wieder und die Dämmerung ist auch nahe… Das Abenteuer wurde morgens 10Uhr mit einem Obstsalat im Bauch gestartet. Einzig nach der letzten Abseilung hat Mike aus seinem Rucksack ne Kaffeekanne vorgezaubert, heiß und süß, Energie.

Der erste Weg ist erreicht… beidseitig meterhoch eingewachsen, damals war das ein Abenteuer, jetzt fühle ich mich darauf zurück in der Zivilisation. Die ersten Farmen und dann sogar Licht, im Dorf Tsavie gibt es Strom an der Straße, wo ein Fahrer im Auto auf uns wartet… seit Stunden und hoffentlich immer noch… Der Einmarsch von unserer 5er Gruppe mit weißen Helmen und sonst komplett nassverdreckt bei eintretender Dunkelheit, ein Stadtgespräch… und ohne Regen der jetzt zur Reinigung sinnvoll wäre.

Die Fahrt zurück auf den Berg dauert mit dem Prado fast ne Stunde, mit dem Moped knapp die Hälfte. Mein armer Atlas hat wieder den ganzen Tag unterm Auto gewartet, beim Start im Sonnenschein dachte ich an 4Stunden Abwesenheit. Zum Glück hat ihn Josias gerettet und wartet auf uns, wie auch alle anderen hier oben am Hotel, anrufen ging ja schlecht.
Das war seit langem mal wieder echtes Abenteuer und für mich erst einmal ausreichend… Morgen mach ich frei… und kuriere meinen definitiv kommenden Muskelkater.

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