Die Walküre campt im Zion Gaia, Togo

Alltag kehrt ein. Ich merke, dass mein letzter blog schon wieder ne Woche her ist, diese verging unglaublich schnell und zeugt daher von einem kurzweiligen Leben auf der Farm. Dieses etwas genauer betrachtet ist aktuell ja auch die einzige Möglichkeit meiner „Reise“ zu folgen und die Tätigkeiten hier zu zeigen.
Alltag heißt zum Beispiel Wasser holen. Mein eigener Verbrauch zwar weit geringer, aber das Zusammenleben in der Gruppe mit Abwasch und Dusche für alle benötigt dann doch einige Fuhren täglich. Ich bade lieber direkt im Fluss, der Gang dorthin immer wieder eine kleine Auszeit und Spaziergang für Atlas. Meine Badewanne auf der Terrasse ist meist zu warm und dient daher als großer Zwischenspeicher zum gießen meiner Pflanzen und die Katzenwäsche am Abend.

Per Schubkarre mit 3-4 Kanistern zu je 25kg ist auf Dauer echt anstrengend, die traditionelle Art hingegen sieht glaub ich nur lässiger aus. 25 Liter auf dem Kopf ohne was zu verschütten halte ich da für eine erstaunlichere Leistung.

Mein Platz hat wie angesprochen einige Individualisierung erlitten. So habe ich mir einen kleinen eigenen Weg durchs Dickicht gebahnt, meinen Rasen vor der Terrasse soweit es geht gepflegt und neben der Außenküche einen kleinen Tomatengarten angelegt. Etwas abseits hingegen fand sich Platz für zwei Papayabäumchen die in der Baumschule übrig waren und nun täglich beim Wachsen beobachtet werden können.

Auch einen Balkonkasten mit Kräutern gibt es, ich mag Pflanzen um mich herum. Meine Ananansabschnitte wandern direkt in den Dschungel der Umgebung. Wer von euch weiß, dass die obere grüne Krone mit etwas Schale abgeschnitten in die Erde gesetzt eine neue Pflanze ergibt. Dauert halt seine Zeit. Die aber wohl erstaunlichste Pflanze ist die Banane. Beim ersten Sturm der Saison sind leider einige Altstauden umgeknickt.

Man kann sich deren Wachstum aber wie bei nem großen Porree vorstellen. Von Innen heraus Blatt für Blatt. Und so hilft es umgeknickten Stauden neue Möglichkeiten zu verpassen, ein Hieb mit der Machete und der saftige Stumpf macht Platz für die nächste Generation.

Alternativ vermehren sich die Triebe unterirdisch mit kleinen Ablegern nahe der Mutterpflanze. Für eine komplett neue Pflanze am anderen Ort kann man hier auch Stecklinge bekommen, habe eine andere Farm besucht wo diese in Sägemehl unter Folie angezüchtet werden, dieses Foto reiche ich vielleicht nach. Hier nur eines von neuen Trieben zwischen den Beeten im Garten. Vorbereitet für die Regenzeit die etwas auf sich warten lässt.

Es gibt also immer wieder was landwirtschaftliches zu erledigen, abendliches Unkraut jäten und wässern im Garten oder im größeren Stil per Hacke durchs Maniokfeld pflügen. Erdnüsse und Mais anbauen, oder Hügel für Yamswurzeln anlegen, dies sind aber eher die Arbeiten bei denen die Einheimischen morgens bis Mittags in der prallen Sonne echt ranklotzen. Ab 10Uhr echt ungemütlich heiß und ich suche mir dann eher schattigere Aufgaben. Zum Beispiel war es lange mal überfällig die im Camp vorhandene Solaranlage zu installieren. Echt wahr, liegt seit Monaten (fast 2Jahren) rum und Licht gab es nur mit Batterien. Die Telefone wurden bei Sonnenschein mit mobilen Powerbank-Solarmodulen geladen, hatte zumindest den Vorteil technisch begrenzt zu sein, nun hat die Moderne Einzug in Zion Gaia gehalten.

Licht auf Knopfdruck und mehr Strom als man verbrauchen kann. 200W auf dem Dach sind hier ausreichend, mit entsprechendem Konverter jetzt sogar die Akkus der Elektrowerkzeuge ohne Fahrt ins nächste Dorf zu befüllen. Ab und an ein Ladtop der Voluntäre und Musik nun auch unbegrenzt.

Die Installation war simpel, die vorhandenen Kabel jedoch eine Qual, starre Litzen und nicht exakt passende Verbinder, China-Schalter mit brüchigen Innereien und Lampenfassungen selber Herkunft aus sprödem, ödem Plastik. Aber das Ergebnis zählt und mit etwas Kreativität auch im Außenbereich afrikanisch vor Regen geschützt. Zumindest hab ich ne Flachsicherung aus dem Automobilbereich dazwischen geschaltet.

Kopflampen sind immer noch der Hit, aber richtiges Licht ein wahrer Luxus den ich nicht mehr missen möchte. Die nackten Birnen sind nun auch mit Schirmchen aus Kalabassen geschmückt. Aktuell gibt es zwei Lampen im Gemeinschaftsraum, dazu eine für Lager und Werkstatt. Ein weiteres Kabel führt zur Außenküche und davon ein Abzweig zur Spüle der auch den Vorplatz erhellt. Die Technik mit einer 150aH Batterie ist im Lager versteckt und an der Wand dahinter für alle zugänglich die Handy Ladestation, Afrikaner glücklich.

Arbeiten können die Jungs aber trotzdem wie gewohnt. Von zu langsam wie so oft auf dem Kontinent gesehen hier aber keine Spur. Es wird wie gesagt nur Vormittags gearbeitet und in den paar Stunden wird echt was geschafft. Von einer Pause zum Frühstück unterbrochen ist mittags Schluss mit Dienst. Projekte neben der Feldarbeit gibt es ja genug, dazu demnächst mehr Details wie beim Rundhüttenbau.

Die Mittagspause dann nach dem gemeinschaftlichen Mahl wenn gewünscht auch bis zum Abendessen ausbaufähig. Erst ab 16Uhr kann ich selbst überhaupt wieder an Bewegung und Aktivität denken. Die Sonne brennt und ein Bad im Fluss ist meist optimaler Zeitvertreib.

Im Zuhause, welches zwar im Schatten steht und gut belüftet ist,
muss aber ohne Windzug der kleine Ventilator laufen. Energie satt kann neben dem Hörbuch vom PC auch die Playstation2 auf dem TV-Monitor laufen. Echt unglaublich, dass die Leistung meines 100W Panels hier über den kleinen 300W Konverter ausreicht die antike Spielkonsole zur Belustigung des Autors stundenlang in Betrieb zu nehmen. Gute Entscheidung die doch dabei zu haben. Need for Speed Underground und GTA San Andreas lässt grüßen. Andere halten da lieber Siesta und ja, ich hab auch Bücher dabei, noch Zeit zum schreiben und für Videos.

Die zwei Katzen hier haben ein Leben… Nur ab und an mal vom Hund verscheucht schlafen die den ganzen Tag. Atlas wartet meist unterm Truck oder freut sich ebenfalls auf ein Bad, immerhin der Gang zum Fluss durch den schattigen Wald. Der Schatten übrigens wurde auch an der WALKÜRE vergrößert. Die ab und an schon genutzte Idee der seitlichen Sonnensegelverlängerung war wie ich bestätigen muss eine geniale Idee. Wer meine Konstruktion aus Dakhla nochmal verfolgen will:

Die letzten Details an der WALKÜRE: Sonnenschutz

Das Ergebnis nun endlich per Klettverschluss wie gewünscht zusammen gefügt. Ich glaube die wohl luftig offenste, mobile Safari Lodge welche mit vielen Recyclingmaterialien kostengünstig auf einen alten Mercedes Laster gesetzt wurde. Ein erschwinglicher Traum und jeden Tag für mich ein Wunder. Bei meiner Konstruktion mit den seitlichen Ausläufern (50cm Zeltstoff und halbe Besenstiele in die Dachholme gesteckt) ist es nun nicht mehr nötig bei jedem Regen die Wände zu schließen. Kommt das Wasser ohne viel Seitenwind von oben reicht der Überhang um es abzuleiten und man kann die klare Luft und die Aussicht in den Regenwald genießen. Wunderbar.

Staunen kann ich auch immer wieder über meine Platzverhältnisse. Das vorherig genutzte Wüstenschiff mit Hochdach und 12Quadratmetern Grundriss fühlte sich irgendwie kleiner an. Der Kopfraum oben wurde durch die Bauform beim GfK Hochdach im Kastenwagen enger. Mein 2m breiter rechteckiger Aufbau in 320cm Länge ist aktuell einfach effektiver, dazu das Hochbett und die Terrasse die als Wohnraum genutzt wird macht die WALKÜRE zum Raumwunder. Es gab mal nen sonntäglichen Hausputz und ich staune immer wieder was aus 12Bananenkisten unterm Bett so alles zum Vorschein kommt, hier mal ein leerer Keller.

Mein eigenes Reich also ein wahrer Luxus, die anderen Besucher der Farm meist eingeflogen im Zelt lebend. Ein Radreisender von den Canaren teilt mein Schicksal des doch irgendwie ungeplanten Langzeitstops und freut sich über seine luftige Unterkunft.

Die Paillotte ist ein Stelzenhaus mit Foliendach. Die Wärmeabstrahlung des Plastikdachs jedoch gewaltig und bei Regenwetter schon eher zu frisch dort oben. Trotzdem sicherlich ein Erlebnis auf der hängenden Matratze unterm Moskitonetz zu schlafen.

Die Seitenwände können herunter gelassen werden, bei all zu starkem Regen verzieht man sich aber lieber ins Gemeinschaftszelt. Es gibt Brettspiele, Schach ist beliebt und Essen hilft auch immer.

Zum Essen zubereiten wie gesagt kann ich mich auch immer gerne auch für mehrere Leute austoben. Pizza zum Beispiel macht alleine einfach keinen Spaß. Nen ganzen Ofen füllen jedoch schon.

Oder mal ein anständiges Risotto in der großen Pfanne herstellen. Reis mal anders denn die Afrikaner haben es nicht so mit Vielfalt und alternativen Geschmäckern.

Jeden Tag Maisbrei mit Sauce, Maniok mit Sauce oder Reis mit Sauce ist mir einfach nicht genug Lebensgenuss. Sauce dabei meist ohne viel Gemüse und eher ein Tropfen zum Rest geschmeidiger abgehen lassen. Einmal bei nem Kollegen auf ner anderen Farm zu Besuch gab es ein Geburtstagsessen für den Spanier in der Ente der nun übrigens auch in die Heimat geflogen ist. Zum Abschied wurde mal ein Huhn geschlachtet. Hier mal ein Beispiel unserer Freiland-Hühner am Kompost.

An den Dingern ist echt nicht viel dran, der Geschmack dafür schon recht gewaltig und zäh obendrein. Leider doch viel zu sehr in Fett gebraten, welches dann aber immerhin dem Maisbrei zugeführt wurde und diesem so etwas eigene Note verschaffte. Dazu mal echtes Gemüse und auf einem Teller statt der Platte für alle angerichtet, vorzeigbar.

Schmankerl gibt es schon einige aber arbeitsintensiv. Der Kakao zum Beispiel der hier biologisch ohne Chemie wächst, getrocknet geröstet und gepult um dann mit etwas Zucker vermahlen zu werden. Schokolade mal ohne das ganze Zeug was keiner drin braucht. 80% Kakaoanteil locker, lecker.

Ansonsten backen wir ab und an mal ein Brot, das weiße Gummizeig was es zu kaufen gibt kann ja keiner essen. Und mit dem Benediktiner Kloster in den Bergen gibt es eine Marmeladenmanufaktur die seinesgleichen sucht. Hab schon von internationalen Auszeichnungen für Kaffee gehört und was auch immer die da noch so treiben, werde ich wohl als nächstes mal besuchen fahren.

Soweit also zu meinem mobilen Leben mit längerem Aufenthalt an einem Ort. Kein Stress um nix und trotzdem wird es nicht langweilig, kann man wirklich nicht meckern. Muss halt auch mal Chancen nutzen und Dinge nehmen wie sie kommen. Grüße vom Farmer-Philipp aus Togo.

Ps, wer mal nen bewegten Eindruck erhaschen möchte klickt auf folgendes Video. Nicht wundern, für meinen Dad zum Geburtstag erstellt, sehenswert für alle. 4Minuten in 60Mb verpackt.

12 Gedanken zu “Die Walküre campt im Zion Gaia, Togo

  1. detlef / busfreaks.de schreibt:

    Danke für die lang erwartete neue Berichterstattung. Den Bananen, kann man auch beim Wachsen zusehen. Unsere hier im Topf macht am Tag so 2 – 3 cm. Bei dem Weg, Wasser zu holen, wundert es mich, das nicht schon mal jemand ein Wasserrad und eine Zb. offene Rinne gebaut hat. Aber das scheint wohl auch an der Mentalität zu liegen. Warum was bauen wenn es auch so geht. Aber Dir erst mal alles Gute und bleibe gesund.

    Like

    • mb407 schreibt:

      Es gibt ja ne Pumpe für den Garten, braucht aber auch Benzin. Und zur Regenzeit wird Wasser vom Dach aufgefangen. Der Weg entfällt und es ist noch sauberer.

      Like

  2. bern-alive schreibt:

    Hallo Philipp, danke für den neuen Bericht. Wird bei euch auch Palmwein vergoren? Falls ja, kann man darin ganz hervorragendes Coque au Vin kochen. Falls ihr also etwas davon übrig habt, versuche das mal. Einfach das ausgenommene Huhn so lange darin kochen, bis das Fleisch von den Knochen fällt. Schmeckt hervorragend und meiner Meinung nach die beste Art, die Viecher zart zu bekommen.
    Viele Grüße von mir, der ich inzwischen aus Portugal zurück bin und Zuflucht in der Eifel gefunden habe.

    Like

      • bern-alive schreibt:

        Sodaby kenne ich (zu) gut. Den meine ich aber nicht, sondern den vergorenen Zuckersaft aus den Palmblüten. Daraus wird dann Sodaby gebrannt. Evtl könnte sich auch Hirsebier eignen.
        Guten Appetit und pass beim Sodaby auf, der macht dich noch verrückter, als du schon bist 🙂

        Like

  3. Silvio schreibt:

    Moin Phillip,

    das sieht doch gemütlich aus und Stress scheinst Du ja auch keinen zu haben. Wünsch Deinem Paps auch alles Gute nachträglich. Bleib gesund und glücklich………………..achso, wenn dir der Vogel zu sehr auf en Keks mit seinem gekreische geht, der Bern-Alive hat dir ja schon das Kochrezept geschickt……………Als denn mein bester, lasses Dir gut gehn.

    Gruß Silvio aus Dresden

    Like

  4. Roger-T. schreibt:

    « …meiner “Reise” zu folgen und die Tätigkeiten hier zu zeigen… »

    Deine Intuition hat Dich gut geleitet, als Du Deine Reise nun in Gänsefüsschen gekleidet hast.
    Tja, da erleben wir wieder Einen, der auszog, die Welt zu umrunden und den plötzliche Umstände (« irgendwas ist es ja immer… », wie ich auch mal sagte, als jemand danach fragte, wie mein Landy sich so durchschlägt) dazu bewegten, Anker zu werfen.

    Es wird sicher sehr nett, dann in den kommenden Jahren nicht nur den Fortschritt Deiner wachsenden Plantagen mitzuerleben, sondern auch zu sehen, wie später die Kleinen – « chocolat au lait maison » jauchzend um Deinen Bambussessel toben und Dir gelegentlich mit den Blättern der Bananenstauden Kühlung ums ergraute Haupt wedeln.

    Diese Perspektiven scheinen jedenfalls nicht ganz so düster, wie zur Zeit manche Zukunft anderswo; mögen die Wellen schlimmer Ereignisse immer einen Bogen um Deine neue Heimat machen…..!

    Like

    • mb407 schreibt:

      Naja, auf viel länger als 3-6 Monate will ich nicht bleiben. Dazu hat die Welt noch zu viel zu bieten. Erstmal Regenzeit abwarten, wäre nun im Kongo auch nicht einfach.

      Like

  5. Tg. schreibt:

    Hier kannst Du sehen, wann es in Deiner jeweiligen Gegend brenzliger wird >> 2. Grafik Transmission, wird updated. Vor Dir derzeit nur in Nigeria und S.A. >>https://nextstrain.org/ncov/global Trotzdem Empfehlung >> möglichst Abstand halten und öfters Hände waschen mit Seife oder fettlösendem Spülmittel.
    Tolle Treppe am Fluß hast Du gebaut, auch sehr durchdacht mit der bequemen Ablage. Hat was architektonisches. Chapeau!

    Like

Hinterlasse einen Kommentar