Fazit: Containern in Portugal

Da ich mich so langsam aus Portugal verabschieden muss, hier noch eine überfällige Zusammenfassung meiner Erfahrungen zum Thema Nahrungsmittelverschwendung.
Man hört überall den Portugiesen geht es schlecht, die Wirtschaft ist am Boden und die EU ist Schuld an allem. Eine Gesellschaftspolitische Abrechnung folgt erst demnächst mal mit einigen Details. Heute geht es ums Offensichtliche. Und bevor die Diskussion wieder auftaucht, ja ich profitiere davon, ohne Skrupel und Schuldgefühl oder Scham, warum auch?

Jeden Abend und manchmal auch morgens an etlichen Tausenden Anlaufstellen des Konsums werden brauchbare Lebensmittel in den Müll geworfen. Es gibt kein erkennbares System der Bedürftigenunterstützung und auch der Anteil an, vor Ablauf des imaginären „Verfalldatums“, reduzierten Preis für Lebensmittel im Müll ist weitaus geringer als im restlichen Europa. Und es ist nicht nur bei den ausländischen Großkonzernen wie Lidl oder Aldi aus Deutschland oder Intermarche aus Frankreich so, nein auch der einheimische hochpreisige Gigant PingoDoce und der Discounter sind keinen Deut besser.

Hier nochmal die schon geposteten Funde wobei ich nicht jedes Mal alles schön ordentlich aufstelle und ablichte. Die letzten 6Monate war ich einmal Einkaufen, ich hatte Lust auf Müsli und die Geschichte hab ich schon erzählt.

Einen Artikel darüber gab es ja schon:

Basking, recycling, dumpster diving… bitte was?


Anfangs hab ich wie gewohnt nur für meine Bedürfnisse eingepackt. Später aber gemerkt, dass hier wenn überhaupt sehr selten Einheimische sich dieser Quellen bedienen und es Verschwendung ist etwas liegen zu lassen. Höchstens einige Hippies kommen von den Stränden im Süden nach Lagos oder Sagres rüber. Da kann ich auch gleich was mitbringen wenn ich in der Nähe bin und hab so einige anregende Gespräche diesbezüglich unter Gleichgesinnten geführt.

Später war dann mein Lebensmittelpunkt an der Garage und dort immer was los. Helfer und Nachbarn konnten nach einem Beutezug ne ganze Weile verpflegt werden, dem Kühlschrank und Strom in der Halle sei Dank. Die „Crew“ hat dann auch mal bei Bedarf einen Weg zur Obst und Gemüse Beschaffung auf sich genommen und so das Gleichgewicht im Ernährungsplan wieder hergestellt.

Meine Funde dann der Einfachheit wegen meist aus der Großstadt Portimao, wo ich zu Besorgungen für das Projekt sowieso einmal die Woche hin musste. Dann gleich mit Übernachtung und reichlich Ballast. Eines muss man der Infrastruktur aber lassen, wer zu spät kommt findet meist leere Tonnen vor, die Müllabfuhr funktioniert tadellos und ist bei den im Sommer herrschenden Temperaturen der Geruchsbildung wegen auch zwingend nötig.

Die gelben Kisten waren eine Leihgabe und wurden zwischenzeitlich in der Werkstatt zu Unterstellböcken und Leitern zweckentfremdet. Bei meiner Abfahrt gab es einen ganzen Schwall wieder zurück, die Inventur wird sich gewundert haben.

Das meistens angeschlossene Restaurant / Bistro bei den größeren Märkten hat landestypisch immer belegte Sandwiches übrig und auch die einheimische Küche gibt es in viel Plastik geschützt dadurch sauber und frisch am Etikett zu bestaunen auch teuer auf den Tisch. Aus diesem Einblick hier:

wird also mit wenigen Handgriffen der hier, praktisch verpackt um zum Bus zurück zu tragen.

Obst gab es dort tendenziell weniger, dafür gab es aber andere Quellen die wiederum nur damit reizen konnten.

Und davon dann meist so viel, dass jeder Bauer sich darüber für seine Viecher gefreut hätte. Da lob ich mir doch fein säuberliches aussortieren anstatt ganzer Kisten zu verschwenden. Nur alles einzeln in Plastik verpackt hätte nicht sein müssen… irgendwas finde ich ja immer zu meckern.

Mein Speiseplan hier unten also nicht ganz der gesündeste mit nur ein-zweimal Obst am Tag. Der Rest dann bestehend aus Sandwich, Quiche, Grillhähnchen, Rippchen, Suppen, und alles mit zusätzlichem Käse. So einiges an Pizza und frittierten Leckereien gab es auch abschließend und zwischendurch immer Joghurt und Backwaren … schnell musste es gehen, kochen kostete Bastelzeit. Warm machen oder im Ofen nachbräunen war aber immer drin. Und die Kalorien hab ich dann beim Arbeiten wieder ausgeglichen. Wer also nicht zu sehr wählerisch ist und immer mal die Augen offen hält wird in Portugal nicht verhungern. (Definitiv von der Algarve gesprochen doch auch im Hinterland war ich öfter erfolgreich)
Wenn es einige Gruppen endlich mal schaffen würden sich clever zusammen zu schließen und bei den Betreibern vorsprechen kann ich mir in dem sonst so hilfsbereitem Land nicht vorstellen, dass eine Art Tafel (nur dem Namen her ohne die ganze Korruption) hier mit Fleiß und Beständigkeit funktionieren könnte. Dabei gleich die Mülltrennung etwas forciert und für alle Beteiligten Früchte trägt… aber nicht meine Baustelle.

Immerhin schaffen es die Einwohner schon ihre Speiseölabfälle in eigens dafür aufgestellte Tonnen zu werfen. Sicherlich von einem Großkonzern aufgestellt um Profit aus der Treibstoffherstellung zu erwirtschaften hab ich dann auch kein Problem mich daran zu bedienen. Immerhin muss es nicht bearbeitet werden, nur einmal filtern und ab in meinen Tank.

Hier kommt wieder das Thema Fleiß ins Spiel. Ich hatte ja den Luxus von Platz also hab ich einige Wochen gesammelt, gefiltert und damit vorgesorgt. Meine Heimfahrt ist also schonmal gratis… PS, zum Erscheinen dieses Artikels hatte ich schon 2000km damit zurück gelegt, war kurz vor der deutschen Grenze und hatte immernoch 100Liter übrig.

Na dann zum Abschluß die üblichen Floskeln, denkt mal drüber nach, schämt euch und seid erstaunt oder ungläubig. Bilder überzeugen immer, deshalb diese Flut heute. Und wie zu sehen nix ekelig… und auch immer wieder die Frage mit gleicher Antwort: „nein ich war noch nie krank geworden“ Seit 7Jahren zu fast 100% aus „Müll“ ernährt und ich habe Augen und Nase. Wenn etwas verfärbt ist, von alleine blubbert, stinkt oder sauer schmeckt nicht essen ggf. reicht aber abschneiden. Bei allen anderen Einwänden und Bedenken kann ich auch nicht mehr helfen. Zu sehr von den Medien versaut, fragt mal eure Großeltern was es im Krieg so gab… oder was heute noch in anderen Ländern auf den Tisch kommt.
Aber Hauptsache ich gebe dem meist überzuckerten Joghurt nen Datum und behaupte der MUSS in den Kühlschrank. Die Maschine muss ja am Laufen gehalten werden… irgendeiner zahlt schon.

6 Gedanken zu “Fazit: Containern in Portugal

  1. jogurthbecher schreibt:

    Toller informativer Blog, klasse geschrieben! Hilf mir bitte: Meist sind bei den Supermärkten keine Container zu sehen oder hinter verschlossenenTüren versteckt. Wie machst du das? Was ist die beste Uhrzeit? Was sagst du wenn du Personal triffst? Danke für die Antwort im Voraus!

    Like

    • mb407 schreibt:

      Augen offen halten zu jeder Zeit wo immer ich gerade vorbei komme. Gibt auch noch nicht weggesperrte Tonnen oder Zäune zum drüber klettern. Mit Mitarbeitern hatte ich freundlich bisher meist interessante Gespräche und manchmal ne Kiste extra. Fragen hilft also auch.

      Like

  2. Homer schreibt:

    Philipp die Algarve ist definitiv anders als der Rest von Portugal nimm dir in Zukunft Mal Zeit das richtige Portugal kennen zu lernen dort wirst du auch viel weniger Engländer und Deutsche treffen.
    Ja die Algarve ist wunderschön nur sind die Portugiesen von dort schon lange vertrieben worden oder wie viele machen dort noch urlaub.
    Und die die noch da sind wollen halt auch ein stückchen kuchen des kranken Ausverkauf ihres Landes
    Liebe Grüße und eine gute Zeit daheim
    Bernhard

    Like

Hinterlasse einen Kommentar