traditionelle Küche in Togo

Mangels anderer richtiger Reisethemen mal wieder ein kulinarisches Update aus Togo.


Wir haben Juli und ich bin nun so ziemlich genau ein Jahr auf meinem Berg des Danyi Plateaus im Westen Togos mit Blick nach Osten. Stimmt seit drei-vier Wochen nicht mehr ganz, denn ich hab ja den Standort gewechselt und schaue nicht mehr ins ebene Land bis Benin sondern nur wenige hundert Meter weiter in paradiesischen Dschungel zur Grenze Ghanas. Über meine Permakulturprojekte hab ich ja schon berichtet und auch die neue website für PermaTogo… leider noch immer im Aufbau da Zeit, Knowhow und Datenmenge fehlen. Aber ich nehm’s afrikanisch gelassen. http://www.permatogo.wordpress.com


Überhaupt werde ich langsam zum Einheimischen, wenn auch meine Bräune nicht annähernd dafür ausreicht. Aber es gibt so einige Indizien die mich immer wieder schmunzeln lassen. So zum Beispiel kann ich völlig ungeniert immer mal wieder mit den Fingern essen, und das sogar im Restaurant. Bei Hühnchen esse ich nun auch die Knochen mit, zumindest bei den jungen, wenn ich sie zerkauen kann. Hatte letztens mal nen Hähnchenschenkel der wohl gebrochen geheilt, verkrüppelt war. Fischköpfe und Gräten sind trotzdem (noch) nicht meins. Es gibt auch nix, was ich nicht esse oder selbst zubereite, aber dazu später mehr, werde immer wieder komisch angeschaut wenn der „Jovo“ einheimisches Futter auf dem Markt organisiert. Eine Auswahl mit Fotos folgt weiter unten. Ein noch mit der Nahrungsaufnahme verwandtes Thema, ich benutze schon ewig kein Klopapier mehr, welche Verschwendung von importiertem Papier, ne Flasche Wasser neben der Schüssel und irgendwie auch ein frischeres und saubereres Gefühl. Sauberkeit auch beim nächsten Indiz, denn meine Wäsche wasche ich seit Anbeginn des nomadischen Lebensstils mit der Hand und, hier dafür mit selbstgemachter unparfümierter Seife oder Kernseife. Ansonsten war improvisieren ja schon immer meine Spezialität, aber das Allzweckwerkzeug Machete (coup-coup) ist nun immer öfter im Einsatz zum schneiden, spalten, hacken, graben und manchmal auch zum jagen. Die Hühner meiner Nachbarn nerven trotz Zäunen immer wieder im Garten und richten Unheil an. Verratet es nicht weiter aber eines hab ich mir schon schmecken lassen. Es gibt aber auch Bereiche da übertreffe ich jeden meiner Jungs im klischeehaft afrikanisch sein… zum Beispiel im Barfuss gehen. Aber schwenken wir zum ursprünglichen Thema, Nahrungsmittel.


Reis und Hülsenfrüchte auf dem Speiseplan irgendwie immer meine Nummer eins. Weniger Aufwand und immer günstig auf Lager. Da hätten wir zum Beispiel gekochte Bohnen mit rotem Palmöl und Gari also Maniok/Kassava-Mehl. Der hier üblichste und günstigste Kohlehydratspender diese Wurzelknolle deren Blätter man auch kochen kann. Maniok im französischen, Kassava im englischen genannt. Daraus wird gerne auch Fufu gestampft, oder einfach wie Kartoffeln gekocht. Es gibt auch Gebäck oder frittiertes daraus, mein Favorit Klanklou, kleine knusprioge Bällchen, salzig statt süß…



… geht trotzdem gut auch mit Honig. Wie schin erwähnt lokal vom Imker und bald auch direkt bei mir aus dem Wald. Der erste Bienenschwarm ist schon in die Kiste eingezogen…



Zu den Hülsenfrüchten zählt auch Soya woraus hier überall Tofu gemacht wird was auch einfach Soya heißt. Dessen Zubereitung eigentlich ganz simpel weil man kaum Spezialgeräte benötigt, aufwändig finde ich es trotzdem. Kann jeden Samstag bei meiner Nachbarin beobachten und frisch bestellen. (Bekommt man aber sonst auch täglich auf jedem Markt und an jeder Ecke. getrocknete Soyabohnen werden eingeweicht und im Dorf um die Ecke mit altmodischer Mühle gemahlen. Meist selbstgebaute kleine Maschinen (elektrisch oder per Benzinmotor) mit rotierenden Elementen, übrig bleibt eine weiße Pampe. Diese wird dann am heimischen Herd, also auf dem Hof umringt von allen Hühnern und Ziegen (Erklärung folgt) am Holzfeuer verarbeitet. Kalt wird der Brei mit Wasser durch ein Sieb gelassen.


Diese Gaze so fein wie ein Nylonstrumpf meist aus simpler Baumwolle lässt nur die flüssige Bestandteile durch. Diese Milch wird dann aufgekocht und Tofu setzt sich oben ab wie bei der Käseherstellung.


Zur Beschleunigung oder einfacheren Teilung gibt man ohne zu rühren etwas Maisstärkewasser dazu. Fertig ist nach pressen durch einen Bafana (Sack) der rohe weiße Tofu.


Diesen verarbeite nur ich zur Bolognese Sauce, ansonsten wird der in Stücken geschnitten und frittiert oder mit einer Palmöl, Zwiebel, Chilli, Tomatensauce als Soya rouge verkauft.


Wieder was gelernt aber den Aufwand spare ich mir und lass lieber machen. Hab dafür mit meinem Mitarbeiter Kossi im vorletzten Bild nen Entwicklungshilfe Deal gemacht. Ich zahlte ihm die 10 Arbeiterinnen um sein brachliegendes Feld zu bestellen (über ne Woche Arbeit), Soyabohnen vom letzten Jahr sind noch zur Aussaat vorhanden, und er beteiligt mich mit der Hälfte der Ernte. Diese Bohnen kann ich dann meiner Nachbarin geben und erhalte wiederum die Hälfte des fertigen Soyas also Tofu, der Rest dann für sie zum Verkauf wie üblich. Muss ja mal einer dieses monetäre System auf der Welt abschaffen.


Wenn man wie ich abgeschieden von der Zivilisation lebt, was so ziemlich überall in Westafrika fern der Hauptstädte möglich ist, kann man sich echt erst richtig frei nennen. Keine Restriktionen wie sie im Rest der Welt aktuell stattfinden wie man so hört. Hatte letztens ne Französin zu Besuch die von einer Stunde vorangemeldeter Ausgehzeit pro Tag sprach und sonstigem Irrsinn. Aber auch abseits des Themas ist man hier ungestört, keine überbunte und sinnfreie Werbung oder Rechnungen von online gekauftem unnötigen Plunder in der Post. Keine Ordnungswidrigkeiten oder Forderungen sonstigen teillegale Schnorrer wie GEZ und ungewollter Versicherungen, auch hat niemand ne Adresse. Überhaupt ist man von hetzerischen Meldungen die den Bürgern als Nachrichten verkauft werden verschont wenn man auch der Meinungsmaschine TV fern bleibt was Strommangelbedingt häufig ist. Immerhin besitze ich kein Empfangsgerät mehr seit ich 2008 aus meiner ersten und letzten Wohnung in Berlin ausgezogen bin. Klingt jetzt nach verschlossenen Augen, aber warum auch nicht? Wem nutzt die Angst des kleinen Bürgers… man sollte mal den Begriff >Bürge< im Lexikon nachschlagen, Lemming oder Schaf sollte als Querverweis daneben stehen! Warum sollte ich mir mein Leben versauern lassen und in diese Büßergesellschaft einstimmen, wenn es auch ohne geht. Vielleicht mal ein interessanter Ansatz einer Therapie gegen Burnout oder Mobbing, psychisch labile Patienten mit Arbeitseinsatz in Afrika. Könnte auch so manchem Schlipsträger gut tun der sich einen Scheiß um die Natur schert weil ihm das Geld zu Kopf gestiegen ist…


Abendunterhaltung gibt es trotzdem abwechslungsreich und mehr als ausreichend. Hörbücher, dank den Abschiedsgeschenken meiner Freunde nach dem Aufruf auf knapp 1GB zusammengerafft, TV Serien die es online zu ziehen gibt… aktuell The Blacklist als sehr empfehlenswerte Krimigeschichte. Und manchmal reicht echt gute Musik und nebenbei der Natur lauschen, manchmal auch mit Lagerfeuer. Neulich hab ich erst LED Lampen über mein Solarsystem befeuert in die Bäume gehängt, echt idyllisch nun auch bei Nacht.


Wieder zurück zum Thema Futter. Aus Bohnen kann man noch vieles mehr machen, es gibt z.B. Gebäck und auch etwas zu dem ich gerne Gemüse und Sauce esse. Stilecht im Teak-Blatt gekocht ist Tchimbani mit Chillipiulver mindestens einmal wöchentlich dran. Die Frau auf dem Markt reserviert mir immer einige Portionen für mich und die Jungs.


Gibt auch noch was anderes das ich nur traditionell im Bananenblatt kaufe, wenn auch mehr und mehr Leute auf Plastiktüten zurückgreifen. Hoffe mit meiner Nachfrage diesen Trend zu stoppen. Agba was in der Sprache Ewe ähnlich dem Agbe/Danke klingt. Auf jeden Fall ne sehr weiche, feine Masse eher ein gelatiner Klumpen als nen Kloß und aus Mais gemacht. Schätze mal nur die Maisstärke ähnlich wie in der Tofu Gerstellung… hab ich aber noch nciht näher verfolgt. Kann man als kohlehydratspender zu Gemüse und Sauce essen oder auch mal wieder mit Honig oder Mangos sehr geil.


Irgendwie halb beim Thema war grad Mangoerntesaison für über nen Monat, die erste im Jahr (folgt noch eine vor der Trockenzeit!) Ich hab meine Bäume in fußläufiger Umgebung gefunden und bin wohl auch der Einzige der erntet. Also nur was vollreif auf dem Boden landet und noch nicht von Bienen angenagt wurde. Frische Mangos ein Gedicht und seit Wochen locker 20 Stück am Tag verputzt. Ein Baum gibt aber alleine weit mehr her, als ich manchmal tragen kann… also hab ich immer gesammelt und auch Konfitüre eingemacht.


Werd ich bei nächster Gelegenheit auch mit den Namenlosen violetten Pflaumenkirschen probieren die ich zu Tausenden im FoodForest als wilde schon bestehende Bäume vorgefunden habe.
Kirschen


Gibt aber noch komischere Früchte eher Nüsse die hier wie bei uns Eichen wachsen. Also häufig und wild zu finden. Dreiteilige Schale die mit etwas Druck von alleine aufgeht und drei ungenießbare schwarze Kerne hervorzaubert. Genießbar hingegen wenn auch optisch einem Gehirn ähnelnd sind die weichen Anhängsel mit leicht nussigem Geschmack. Schwer zu beschreiben und genial bei jedem Waldspaziergang… Bei den vieren rechts im Foto hab ich schon genascht bevor die Kamera bereit war…Nüsse
Ernte geht also auch ohne Garten aber dort doch irgendwie noch mehr Glückshormone produzierend da man Stolz auf eigenes Gemüse sein kann. Salat geht immer und die roten Beeten nun auch nach drei Monaten endlich soweit. Gurken, Bohnen und Auberghinen und wieder ne bunte Sauce zu zaubern.


Oder halt mal Ein Teller bunte Knete. Weißer Reis, rote Beete, grüne Avocado und brauner Fisch.


Fisch hier oben eher selten wenn auch in einigen Teichen der Wasserfälle was zu finden ist. Letztens aber unten auf der Farm am Zio beim Baden Fischer beobachtet und den Fang direkt aus dem Netz abgekauft. 3,- halte ich für diese Ausbeute echt für nen fairen Deal.


Fleisch wie gesagt eher nicht so mein Ding wenn nicht grad ne Ziege oder Huhn vom Nachbarn weg muss. Rindfleisch kauf ich regelmäßig beim Fleischer für die Hunde und ab und an mal Niere oder Herz für mich. Doch die Togolesen stehen übelst auf Agouti, deshalb gibt es kaum noch welche. Buschratte, oder eher zu groß geratenes Meerschwein im Vergleich zur Machete.


Noch mieser fühle ich mich wenn der Chef vom Hotel zum Abendessen lädt und es Antilope gibt, Würde es als Reh bezeichnen und der Größe wegen eher als Kitz aber lecker war es ehrlich gesagt schon.


Etwas extravagantes zum Abschied.
Hab ja mal über meinen Nere Baum berichtet, knapp 20m Hoch und aus der Familie der Leguminosen mit Bohnen behangen, diese beinhalten gelbes pudriges Fruschtfleisch und schwarze Kerne welche zu Senf verarbeitet werden können (Gehe ich in der nächsten Saison mal größer an) Das Fruchtfleich jedoch ist der Hammer, durch ein Nudelsieb von den Kernen getrennt hab ich daraus mal Pfannkuchen gebacken, der Hammer. Das Zeug wird sonst pur von den Kindern aus der umgebung genascht.


Mein Highlight jedoch immer wieder die Jackfrucht. Auch weil ich sie meist alleine essen muss und das zwei Tage bedeutet. 15Kilo Frucht nascht man nicht zum Frühstück weg.


Das ist übrigens ein Suppenlöffel mit dem ich die schmackhafte Umhüllung des Kern vom Rest trenne, die Fasrigen Aussenränder übrigens könnte man mixen und backen oder auch frittieren um Chips herzustellen… doch was noch alles.


Hungern muss in den Tropen also keiner. Und ein Großteil von Afrika befindet sich in dieser paradiesischen Zone. Viele Blätter von Laubbäumen (Baobab, Kapokier, Moringa …) sind nicht nur essbar sondern äußerst nahrhaft. Dazu etwas Maniok oder Mais und Bohnen für die Proteine, fertig ist die gesunde Ernährung. Aber das hilft Monsanto und den Industrienahrungsmittelherstellern wenig und deshalb die Kampagnen dass die reichen Industriestaaten doch bitte die armen Afrikaner mit ihrem übrig gebliebenen Scheiß füttern sollen. Zucker in Massen, und von den ganzen Farbstoffen und Konservierungsmitteln weiß hier keiner was das ist und bewirkt. Inhaltsangaben liest oder versteht keiner und wenn ich die beliebteste Tomatensauce im Kleinformat zu 20ct erkläre ist da mehr Zucker als Tomate drin. Dazu immer wieder Maggiewürfel und mir kommt das Kotzen. Hab mich ja oft genug schon zum Thema ausgelassen. Aber zumindest hier gibt es Besserung, logisch von Jovos initiiert ist AfriCube ein Produkt von hier was es in die Welt schaffen könnte. Hauptsächlich Ingwer, Zwiebeln und die Senfsaat vom Nere-baum… nutze ich auch immer gerne, bekommt man aber nur in der Hauptstadt… kennt hier in der Pampa keiner.

5 Gedanken zu “traditionelle Küche in Togo

  1. anna schreibt:

    danke philip !!! ich verfolge deine berichte mit und freue mich sehr darüber !! schön dass ich dich in marokko kennenlernen durfte !

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  2. bern-alive schreibt:

    Hallo Philip!
    Wir hören gar nichts mehr von dir. Dies war dein letzter Beitrag, und ich vermisse die Fortsetzungen. Ich hoffe, dir geht es gut!!!
    Viele Grüße
    Bernhard

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