Togo als neue Heimat auf Zeit

Durch das anstehende Projekt steht auch die Entscheidung nach der örtlichen Begebenheiten aus. Ich genieße das Leben und will es auch weiterhin ohne Einschränkungen tun. Klar könnte ich mit dem Haufen Blech den der Unimog aktuell darstellt in die Technikschule in Lome einreiten und dort in einer voll ausgestatteten, wenn auch in die Jahre gekommenen Werkstatt, mit genügend fleißigen, begierigen Händen loslegen. Der Kontakt ist da und diese Schulen finanzieren sich durch private Kunden. Jedoch hab ich grad null Bock auf dreckige Großstadt, dazu noch im schmuddeligen Industriegebiet. Die tägliche Fahrt vom Coco Beach, was ich als bequemste Unterkunft einschätze wäre trotzdem 10km entfernt und Atlas hätte bei der ganzen Sache das meiste Nachsehen. In Kpalime soll es was ähnliches geben, kenn ich aber nicht und wäre alles Neuland.

So also lag die Entscheidung auf der Hand hier auf dem Berg zu bleiben und die täglich wechselnden Aussichten zu genießen und abzulichten. Es ist ja alles hier…

Das Wichtigste zum Basteln ist ein Platz mit stabilem Untergrund, der Betonboden der Holzwerkstatt rau aber eben und fest. Die Regenzeit oder auch gnadenlose Sonne lässt ein Dach überm Kopf unumgänglich erscheinen, die Basis steht und wurde wie erwähnt ausgekehrt.

Mit einigen Balken, Brettern und Schrauben und der Hilfe meines Adjutanten Josias wurde nun auch für das Dach die Grundlage durch komplette Träger geschaffen. Der fehlende Eckpfeiler ist nun als Palettenstapel die augenscheinlich simpelste Methode der Konstruktion durch zur Verfügung stehender Mittel gewesen. Der Hauptbalken am Dachende ist auch nicht mehr der stabilste und verwindet sich in sich, deshalb war eine breitere Auflagefläche nötig gewesen. Steht nun fest auch auf drei Baustützen die ins Holz verschraubt sind, beim nächsten Wind soll mir die ganze Schose nicht auf das Projekt fallen.

Josias übrigens ein ehemaliger Guardian in Lome, hatte auf das Haus der Tochter des Besitzers aufgepasst und mit deren Wegzug quasi seinen Job verloren. Pierre der Herr vom Berg hatte ein Plätzchen frei und bot ihm an das Land drumherum zu beackern und mit seiner Familie einzuziehen. Er ist 45 und im Alter von 30 aus dem Norden weggegangen wie so viele der Volksgruppe der „Kabier“ in den Süden und meist in die Hauptstadt gewandert. Seine grundsätzlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten umfassen also Landwirtschaft, Kräuterkunde und grundsätzliches Handwerk. Kein Experte für irgendwas aber ein sehr zuvorkommender, für afrikanische Verhältnisse verlässlicher und mir angenehmer Zeitgenosse auf den ich also beim Projekt zähle. Für ihn ist mein Arbeitsangebot je nach Bedarf die ideale Möglichkeit Geld dazu zu verdienen. Wir reden hier von 1000cfa für nen halben Tag Arbeit oder halt das doppelte wenn zwei Schichten geschoben werden müssen.

Wie zuletzt schon beschrieben hatte er vor ein paar Tagen der Liquidität wegen Hühner auf den Markt bringen wollen. Diese sind dann besser in meinen Besitz über gegangen und durften noch ne Weile auf dem Hof und im Maisfeld bei der Familie bleiben. Einen Hahn bekam ich zwischenzeitlich noch anderweitig geschenkt und hab ihn auch bei ihm untergebracht. Hübscher Kerl und noch nicht groß genug wie ich finde. Atlas ist bei dem ganzen Federvieh leicht verwirrt.

Der Hof vom Josias ist knapp 300m entfernt und nach den Häusern der Guardians vom Hotel quasi mein direkter Nachbar auf dem nächsten Hügel aber ohne Aussicht da von Wald umgeben. Bin öfter mal zum Plausch hier und hatte letztens mit Besuch vom Spanier von der Farm dann auch die Entscheidung getroffen ein Huhn in den Topf zu schmeißen. Der Bezug zu Fleisch ist schon anders, wenn man eigenhändig die Kehle aufschlitzt und das zitternde Huhn ausbluten lässt. Atlas hat übrigens gierig das aufgefangene Blut geschlürft. Einheimische Hunde bekommen das hier nicht, weil sonst der Blutrausch und der Geruch auch vor lebenden Hühnern dann nicht mehr Halt macht. Nach einer Ruhephase in der Wasser in einem Topf erhitzt wird kommt der Körper dann heiß eingetunkt um Federn und Haut der Füße und vom Kopf leichter zu entfernen. Die restlichen Faserstrunken die noch in der Haut stecken werden über der Flamme zur einfacheren Entfernung angeröstet. Danach ein Schnitt in Brust und After um die Innereien raus zu bekommen. Magen (ohne den Inhalt aus separatem Säckchen) Leber, Herz und Pankreas wandern ebenso in den Topf, der Darm bleibt für den Hund übrig. Wir hatten Djenkume geplant, eine der wenigen schmackhaften Varianten vom Pate genannten Maisbrei der üblich verzehrt wird.

Das Bild stammt von einem früheren Djenkume von Kekeli. Der Maisbrei wird hier mit Zwiebeln und dem roten PalmÖl des gebratenen Hühnchens geschmacklich aufgebessert. Das Mehl auch vorher etwas angeröstet. So kam also das Huhn zerteilt erst in kochendes Wasser wobei man man am Besten den grauen Schaum abschöpft, der aus Talg und Dreck aus den Poren des Freilandhühnchens kommt. Später brät man die Teilchen in siedendem roten Öl, immerhin das Ergebnis dann nicht ganz so zäh wie vom „ordinär“ üblich und alles Bio ohne Medikamente. Die typische Außenküche mit Feuerstelle völlig ausreichend zum bereiten solcher Gerichte, zwei Alutöpfe mehr braucht es nicht.

Schon komisch, dass beim Verzehr auf der Bank unterm Baum vor der Hütte dann die ganze Verwandtschaft des Hauptgerichtes interessiert zuschaut und hofft dass was abfällt. Fingerfood auf afrikanisch, den etwas erkalteten und damit erstarrten Maisbrei mit zwei-drei Fingern in Häppchengröße abreißen, zur Kugel oder wie auch immer mundgerecht formen und ins Piment eintunken. Sauce quasi aus zerstampften Chillis mit rotem Öl versetzt, lecker und scharf. Das knusprige Huhn dazu, fertig ist Djenkume, eine schon nicht mehr alltägliche Leckerei der Togolesischen Küche.

Es bleibt mir also noch ein Huhn und der echt hübsche Hahn übrig, Federvieh aber ist Josias Steckenpferd und allein an der Färbung der Kämme und Haut um den Schnabel kann er was zum Zustand sagen. Für Nachschub ist hier also immer gesorgt und die Freilandhühner kommen gerne aus dem Busch heim zur Fütterung wenn etwas mit Reis in der Schüssel geklappert oder ein Maiskolben aufgebrochen wird.
Mein Speiseplan neben dem überall günstigen Tofu hier Soya genannt nun auch wieder regelmäßig mit Rindfleisch erweitert. Die Herden von den Peul bei denen ich Milch und Käse bekomme ziehen täglich auf den umliegenden Hängen ihre Runden. Auf dem Markt bekommt man das Kilo für 2500cfa und damit gut investierten 4,- frisches Biofleisch.

An Gemüse gibt es zur Zeit Kürbis und Kohl. So einige Suppen wurden also schon gekocht und beim Kürbis auch die Kerne geröstet und das Fleisch zu Pommes im Ofen gebacken.

Nen ordentlicher Kohleintopf dann mit Rindfleisch und mangels Kartoffeln mit Yams oder Maniok. Kümmel suche ich bisher auch vergeblich. Ansonsten stehen Reis und Nudeln auf meinem Speiseplan. Wenn es mal schnell gehen muss Zucchini, Tomaten und Tofu, fertig ist die Sauce.

Und italienisch kann man auch mit mehr Zeit zelebrieren. Einzig mit der Trockenhefe die ich vor dem zutun zum Teig schon in Wasser aufgelöst habe muss ich noch experimentieren. Der Pizzateig nicht so schön hoch gegangen wie gewünscht, dafür derbe Blähungen in der Nacht gehabt.

Und wie ebenfalls schon erwähnt ist Avocadozeit. Täglich muss also mindestens eine und dabei reden wir von gigantischen Dingern, vernichtet werden. Zum Obstsalat am Morgen, oder auf Pfannkuchen zum Snack, auf alle gekochten Gerichte und gerne auch nur mit Salz und Pfeffer gelöffelt sind die Dinger butterweich und gesunde Fett/Ölspender.

Nahrung (1000cfa täglich )ist zur Zeit also neben einmal wöchentlich Sprit fürs Moped (1500,-) und Credit fürs Telefon (1500,-) meine einzige finanzielle Aufwendung. Leben im Dschungel also günstig wenn man nicht ständig Kilometer mit der WALKÜRE schrubbt. Mein Visum zwar schon wieder abgelaufen aber die 10.000cfa monatlich kann ich auch nachträglich löhnen wenn ich weiß wie lange ich final noch bleibe. So kann ich also die letzten drei Spenden von Sebastian, Norbert (Mehrfachtäter 🙂 und Indridi dankend ins Budget zur Ersatzteilbeschaffung fürs Projekt stecken. Der Unimog braucht neben neuen Gummis eine Komplettüberarbeitung der Bremshydraulik. Probefahrt deshalb immer noch nicht möglich gewesen.

Zumindest dank Leihgabe der Rundlinge meines Trucks, Abschleppstange und Zugfahrzeug UnimoG (der Buggy mit der „G“ Front von Michi) steht der Gelbe nun direkt am Platz und kann bearbeitet werden.

Immerhin hab ich die Handbremse gangbar bekommen und die Kupplung auf Handhebel und ohne Hydraulik umgebaut. Zmindest das Getriebe einmal durchschalten ist nötig. Dass die Sperren funktionieren weiß ich schon, abschleppen mit unterschiedlichen Radgrößen geht nicht…
Es gibt also viel zu tun, packen wir’s an. Technische Details folgen dann mal wieder in einem reinen Schrauberblog.
Doch auch die Freizeit ist nicht zu vernachlässigen, Wanderungen durch die Hügel und immer wieder entdeckt man Neues. so zum Beispiel gibt es eine Kletterwand die auch ab und an von Kunden des Hotels genutzt wird.

Da guckt der Josias und wäre sicherlich erstaunt wie professionell in Europa Leute solche sportlichen Herausforderungen mit viel Zubehör und Ausrüstung erklimmen. Hier kraxeln die Kinder sogar ohne Schuhe hoch meint er.

Auf jeden Fall bin ich noch lange nicht Müde hier in der Gegend rumzuwandern und in Schluchten und Täler zu schauen. Atlas sowieso… Freiheit. Ich entdecke immer wieder neue Pfade und den Weg nach Hause findet man schon, einfach immer ganz nach oben von wo aus die Sicht am schönsten ist.

4 Gedanken zu “Togo als neue Heimat auf Zeit

  1. Uli schreibt:

    Hast Du den Pizzateig von Hand breit gekloppt oder gewalzt? Walzen ist der Tid eines jeden Pizzateigs, also nicht machen! Schön von Hand, mit dem Daumenballen breitdrücken oder in der Luft mit der Faust ausbreiten. Die Hefe ist da unschuldig! 😉
    Gute Grüße, Uli

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  2. Roger-T. schreibt:

    Sehen wir es mal realistisch: Du erkennst langsam, dass Du nicht auf einer Weltreise bist, sondern nun den Status des Auswanderers errungen hast. Ist doch auch nicht schlecht, da Dir sogar das Wort « Heimat » entschlüpfte.
    Du bist jung, voller Schaffenskraft und hast – mit vielen anderen Freunden – einen treuen Gefährten (Atlas) neben Deiner Matratze. Und dann der « Gelbe »! Ein unpraktisches Auto, welches in Afrika (weil man dort eher Volumen transportieren will) eh einen nur geringen Nutzwert hat, denn zu ziehen gibts da weniger. (Nur mal am Rande: warum hat denn der Besitzer des Mog ihn eigentlich nie repariert, um ihn dann dort zu verkaufen?)

    Und nun steigst Du in die Geheimnisse der Pizza-Fertigung ein; TGert eröffnete Dir die Techniken der teigigen Kreisfläche durch Rotation (Du wirst das sicher noch mechanisch rationalisieren können) – was liegt also näher, als das Kaleidoskop zu einem bunten Bild zu fügen: Du baust den Gelben zum fahrbaren Pizza-Ofen um und steigst in ein völlig neues Geschäft ein. Weg vom ewigen Mais, Yams und Maniok (die schwer im Magen liegen) – hin zur bunten Pizzaplatte mit dem Neapel-Touch….

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