Overlanding, das exklusivere Vanlife

Es gibt Begriffe die kommen in Mode obwohl sie es eigentlich schon ewig gibt. Wenn man Wikipedia befragt stammen beide aus Australien, dem weiten Kontinent mit seinen unglaublichen Distanzen. Overland Reisen bedeutet nur selbst organisierte Überlandreise im Fahrzeug bei der der Weg auch das Ziel ist. Wer mal google befragen will sollte bei John Weston und seinem Motorcaravan aus den 1920ern anfangen.

Heute ist diese Szene einer irgendwie elitären Gesellschaft mit dicker Brieftasche vorbehalten wenn ich mir so andere Reisefahrzeuge ansehe. Klar braucht man Budget und arbeitet auf seinen Traum der Weltreise oder Tour durch Afrika hin. Viele warten bis zur Rente, einige haben das Glück finanziell unabhängig zu sein, nur wenige die ich unterwegs treffe Leben kurzfristig quasi von der Hand in den Mund und machen einfach was ihnen das Herz empfiehlt. Heute will ich mal etwas auf Fahrzeuge eingehen die sich in die Kategorie „weltreisetauglich“ einreihen dürfen was noch lange nicht heißt, dass sie den Heim Kontinent jemals verlassen.

Es gibt die Minimalisten die sich mit nem Dachzelt auf nem sehr geländegängigen Fahrzeug begnügen. Meist werden LandRover, Toyota LandCruiser oder langsam im aussterben Mercedes G-Modelle dafür hergenommen. Wer mal die Preise von Gebrauchtfahrzeugen dieser Art recherchiert fällt vom Glauben ab. Unter 50.000 nix brauchbares zu bekommen und mit allem Schnickschnack reisefertig auch gerne mal sechsstellig. Der Zubehörmarkt für Defender kann sich dank Großstadtcowboys, die mit ihrem optischen auf Endzeitszenarien vorbereiteten Fahrzeugen zum Büro fahren um dort mit Krawatte auszusteigen, gute Umsätze fahren. Da macht ein LandCruiser zwar weniger her, fährt aber meist mit 4,2l Aggregat kraftvoller durch die Wüste.

Dessen Piloten sind dann meist auch richtig erfahrene Hasen mit denen man gerne Benzingespräche führt, wenn auch Diesel der beliebtere Treibstoff ist. Dachzelt oder Klappdach sind verbreitet, GfK Aufbauten weniger, macht ja den kleinen Wagen auch klobiger und damit keinen Sinn. Das Leben findet meist draußen statt und der Luxus im Inneren hält sich in Grenzen. Drei Tage Regen möchte ich nicht in sowas erleben.

Letztes Foto vom Kumpel Markus (Overland Defender) mit dem ich Marokkos Süden unsicher machte, hat Atlas mal hübsch in Szene gesetzt, Danke dafür. Dies also die Individualisten die meist auch Solo unterwegs sind. Zu zweit in sowas ist dann aber sehr eng und verdient meinen größten Respekt auch zwischenmenschlich länger klar zu kommen. Es gibt nur eine Kategorie Overlander die ich jetzt außen vor lasse und manchmal der Freiheit wegen beneide: Motorradfahrer oder auch Radreisende. Da fehlt mir aber das Mitspracherecht, komplett andere Lebensweise, noch intensivere Reiseerlebnisse mit Natur und Mensch möglich.

Die Fahrzeugklassen wachsen jetzt nur noch, nächste Stufe nach den „Jeeps“ oder auch gerne „PickUps“ mit Dachzelt dann die Vans die sich als Overland Version vom Vanlife meist nur durch den Allradantrieb unterscheiden. Hier machen aber zwei zusätzlich angetriebene Räder im Gegensatz zur Standardausführung gut und gerne mal den vierfachen Kaufpreis eines vergleichbaren Vehikels aus, Siehe Bremer Iglhaut oder Iveco Daily…

Diese etwas kantigere „Militärausführung“ mit sehr spartanischem Fahrerhaus hier als Kastenversion mit ebenfalls nur bedingter Stehhöhe und kleinem Hubdach von nem Kumpel hat es schon weiter gebracht als die Walküre bisher. Tolles Fahrzeug, verlässliche Technik, simple Wartung, überschaubare Kosten, wenn ich noch kein Traumvehikel hätte…

Ein seltenes aber ebenso taugliches Gerät ist mal auf Basis des Renault Transporters durch das französische Militär entstanden… Vorgänger vom Master:

Naja, in der Farbgestaltung weniger für Grenzübertritte geeignet. Tut aber seinen Dienst und kommt überall hin. In der Größenordnung kommen neuerdings wie auch im Vanlife Mercedes Sprinter in Mode, ich halte die Technik zu elektroinfiziert für die weite Welt, aber darüber schrieb ich ja letztens ein paar Takte. Außerdem gleiches wie beim Defender, viel Kohle für Schnickschnack…

Link Düdo in Afrika

Ja, der Düdo darf sich auch hier als weltreisetauglich einreihen, es gibt sogar einige wenige die durch Verteilergetriebe und Ruthmann Vorderachsen einen Allrad verwirklichen konnten, ist aber nicht zwingend nötig um durch die Welt zu schippern. Bekommt man trotzdem nicht aus den Köpfen… „wie du hast kein Allrad?“ Aber ich glaube von Referenzen kann man im blog genug lesen. Also mal was anderes:

Letztes Bild zeigt ein Unimog Fahrgestell dem ein bequemeres Häuschen aufgesetzt wurde, von einem Südafrikaner verwirklicht. Auf der Ladefläche dann Außenküche und das Gerümpel was man zum Camping braucht, Zelt aufbauen hat zwar seine Vorteile, für mich aber mehr Punkte auf der anderen Seite. Ich mag gerne richtige Wände haben.
Aber zurück zu den richtigen Vans, ne Nummer kleiner. Volkswagen Transporter, der ultimative und bezahlbare Allrounder. Vom T2 bis zum Neuwagen alles zu finden. Der Bulli irgendwie das beliebteste Reisefahrzeug dass diese Lebensweise erst salonfähig gemacht hat wie ich finde. Dabei würde ich behaupten nur die Hälfte ist als „Syncro“ also mit vier angetriebenen Rädern unterwegs. Bilder von Bullis klemme ich mir jetzt mal, bis auf eines. Zwilling würde ich das nennen, was ich auf dem Globetrotter Treffen im Sommer gesehen habe. Eine Synchro Doka Pritsche mit Busheck Aufsatz, aus der Not erschaffen oder die alte Wohnung auf den neuen Untersatz verfrachtet?, auf jeden Fall einzigartig.

Einen interessanten Artikel zum Thema Downsizing also warum ne Nummer kleiner manchmal cleverer ist hab ich vor einiger Zeit bei Reisekollegen entdeckt. Statt Unimog nun weiter im T3 Syncro auf Weltreise.

Link zum Artikel DOWNSIZING

Der Unimog an sich ist aber wenn Kohle keine Rolle spielt für mich die Eierlegendewollmilchsau, das Non plus ULTRA das perfekte Reisefahrzeug. Die Portalachsen alleine schon ermöglichen eine unglaubliche Bodenfreiheit der Allrad und Antrieb haltbare Technik von Mercedes und wenn doch mal was an Teilen nötig ist (ausser Spiralfedern anscheinend) können viele andere Mercedes Busse und Laster als Ersatzteilspender herhalten. Hier mal ein etwas älteres Modell mit interessantem Aufbaukonzept.

Den Unimog aus den 80ern gab es in so kurzer und wendiger Ausführung dass folgendes Foto schon fast nach Montage aussieht. Das Konzept mit dem Hubdach aber auch hier gut durchdacht und damit ein Raumwunder in kleinen Außenmaßen. Einfach nur geil.

In diese Kategorie kleiner LKW mit Allrad gehört ein Oldtimer der immer noch gerne weil kostengünstig hergenommen wird. Der Hanomag AL28 den es auch kürzer gibt. Keine Schönheit, noch langsamer als ein Düdo und Komfort Fehlanzeige…

Runterwegs.de haben zum Beispiel gezeigt dass man damit heute noch Afrika erobern kann ohne aus dem Format zu fallen. Was dies bedeutet verdeutlichen die nächsten Bilder.

Die LKW also final und ich kann die Insassen verstehen. Ein Haus auf Rädern, alles was man braucht plus zusätzlichen Luxus von Dusche bis Satelitenfernsehen, Wassertanks und Sprit bis zum Abwinken, Gewicht spielt keine Rolle und damit viel Gerümpel und Unnötiges mit an Bord. Doch die Nachteile nicht zu verstecken. Allrad nötig, klar, wenn man dann aber damit mal irgendwo steckt wird es meist schwer und hässlich. Bei allen anderen Kleinigkeiten wie Reifenwechsel sind die Fahrer meist schon überfordert. Die schiere Größe mcht viele Wege unmöglich und die Betriebskosten auch ein Vielfaches von meiner kompletten Reisekasse. Da kostet ein Ersatzreifen gerne mal den Betrag mit dem ich nen Quartal bis Halbjahr unterwegs bin. Vom Sprit her geht das meist aber im Verhältnis klar… bis auf den MAN KAT.

Doch der größte Nachteil aus meiner Sicht ist der Auftritt mit solch einem Ding. Als wenn in der Fußgängerzone ein Raumschiff landen würde. Wenn der hübsche Maghirus in Sandfarbe der echt was kann und ein toller Truck ist in Mali in nem Dorf mit Lehmhütten vorfährt kann man sich die Diskrepanz der Verschiedenheit der Kulturen nicht größer vorstellen. Damit schafft man sich Probleme, Neider und zumindest von mir unerwünschtes Aufsehen etc.

Es geht noch wahnsinniger, wie ich durch persönlcihe Unterhaltungen herausgefunden habe. Eine niederländische Aussteiger Familie mit Traum nach Freiheit und Weltreise ließ sich für viel Geld diese Festung bauen. Wie sich nach Fertigstellung dann heraus stellte für Gelände völlig ungeeignet, zu lang, zu unhandlich und vor allem verwindet sich alles dermaßen, dass es reißt. Versuch sowas mal zu verschiffen… Man klappert also weiterhin spanische Strände ab und muss sich Platz zwischen Wohnmobilen suchen die vergleichbaren Komfort bieten. Großer ist nicht gleich besser. Jeder hat seine individuellen Vorstellungen. Das Wüstenschiff hatte 12m² und war für zwei ausreichend, Dusche und Klo brauche ich nicht im Fahrzeug. Die Walküre hat offiziell 6m² plus Alkovenbett und Terrasse und fühlt sich viel größer an dank der Dachkonstruktion. Genügend Freiraum im Gegensatz zu den 2m² der zuerst beschriebenen Kategorie.

Zum Abschluss noch ein paar Fahrzeuge die zwar groß aber mit Charme auch was erreichen können. Ein alter Steyr zum Beispiel kann viel und sieht nicht nach Beute aus.

Und immer wieder gerne genommen und deswegen nötog genannt zu werden der Kurzhauber, fälschlich gerne als Rundhauber bezeichnet. Mercedes LKW der ersten Generation. Allrad möglich, Liebhaberfahrzeuge mit entsprechendem Wert.

Etwas exotisch aber mit entsprechender Modifikation auch für ne Weltreise gut, der Ostdeutsche W50 60 oder LO aber nicht in solch pompöser Lackierung.

Ein breites Thema also und für jeden unterschiedlich bewertet. Varianten ohne Ende und Dank vieler „Aufgeber“ die zwar ihren Traum bauen (lassen) aber dann doch nie aus dem Land rauskommen immer mal auch gebraucht günstiger zu schießen. Ich weiß noch nicht was die Zukunft so bringt und welche Wünsche sich regen, aber den hier finde ich echt schnucklig.

Und für alle die jetzt etwas demotiviert sind und schon bei meinem LowBudget Projekt WALKÜRE an unerreichbare fahrende Untersätze glauben kann ich nur aufmuntern. Egal mit was, der Weg ist das Ziel, Abenteuer ergeben sich von ganz alleine, Hauptsache machen. 50Jahre alt, zwei angetriebene sehr kleine Räder, ein mickriger Motor mit unter 30PS – trotzdem bis Togo gekommen…

Wer etwas mehr ins Thema Overlanding eintauchen möchte die App iOverlander ist mein moderner Kompass. Es gibt den Wiki-Overland und diverse blogs die zum Nachmachen animieren. Die Pistenkuh zum Beispiel als gern genutzte Referenz für Wüstenfahrer.

Dazu die ganzen Facebook Gruppen Expeditionsmobile, Overlanding Africa etc und keine Ahnung was sonst noch so übers Internet möglich ist… Jeder hat GPS und Tracker, Telefone funktionieren meist überall.
Und all diese modernen Spielereien und Hilfestellungen machen es eigentlich zu nem Spaziergang. Ich ziehe immer wieder meinen Hut vor alten Hasen mit Geschichten aus den 70ern und früher. Unterhalte mich gerne über die guten alten Zeiten mit Pionieren der Wüstenquerung und echten Kerlen die tagelang fest steckten und mit Schweiß und Blut doch zum Ziel kamen. „Transsahara“ oder „irgendwann erwischts dich dann“ von den Därrs zum Beispiel geben guten Einblick.

Fazit Overlanding ist in Mode gekommen, aus dem Alltag ausbrechen und abhauen, weit, weit weg. Aktuell eher bis zur nächsten Grenze, aber auch Corona ist irgendwann ausgelutscht. Und wenn in der alten Welt oder den Industriestaaten die Revolutionen losbrechen, der Naturkatastrophen Supergau herrscht oder welches Endzeitszenario auch immer die Welt aus den Fugen geraten lässt ist es nicht verkehr ein mobiles Heim zu besitzen. Schlüssel um und weg (alternative Antriebe mal außer Betracht gelassen) Autark sein können, Überleben.

6 Gedanken zu “Overlanding, das exklusivere Vanlife

  1. Oliver schreibt:

    Hi,
    täusche ich mich oder hattest du neulich nicht geschrieben, dass ein Unimog in Afrika eher problematisch sei, weil das Fahrzeug kaum jemand kenne und daher wenig Teile zu bekommen seien (oder stand das woanders)? … Und, hmmm, Portalachsen und Radvorgelege sind schon ein aufwändiges Stück Technik, auch nicht von jedermann zu reparieren… manches Spezialteil, manchmal Spezialwerkzeug notwendig – ich hab nen U 1300 L mit Wohnkabine, und würde den nicht als das Nonplusultra empfinden. Ich neige eher wieder zum „Downsizing“, also simpler Defender…

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    • mb407 schreibt:

      Da ging es nur um die Spiralfedern (evtl. Ersatz mitbringen) ansonsten sind Motoren und Anbauteile aus dem Mercedes Regal. Rahmen und alles mehr als stabil für Generationen, Elektrik simpel. Also gutes Reisemobil.

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    • Roger-T. schreibt:

      Die Ente war ein Geniestreich automobiler Schöpfungen! Nur wenige Autos konnten je so überzeugend das Lebensgefühl einer Periode widerspiegeln. Hatte zwei – eine Baujahr 51 mit ursprünglich neun PS, aber dann auf 12 PS „getunt“, wie der TÜV feststellte; Scheibenwischer mit Handbetätigung.

      „..davon über 200T km in afrika und nahem osten.“
      Und auch hier sieht man das schnatternde Mobil als erfolgreichen Gegenentwurf zu einigen der oben dargestellten Brachialmonster: Leichtgewicht hat oft Vorteile, denn Gewicht zerstört sich in schwerem Gelände oft selbst; weniger ist manchmal mehr!

      (uwe vom wüstenschiff.de: was ist da bei Euch passiert? Hoffentlich nichts Gravierendes!)

      Gruss

      Roger-T.

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  2. Roger-T. schreibt:

    Alex

    Da ich keine andere Möglichkeit habe, will ich wenigstens hier sagen, dass diese plötzliche Todesnachricht mich schockiert und sehr traurig macht!
    Etliche Reisende haben geholfen, das Wüstenschiff aufzubauen; einige Zeit habe ich zu ihnen gehört, bis Missverständnisse zur Trennung führten. Die aber haben nie meine profunde Anerkennung für die erfolgreiche Arbeit von Alex – und seiner Crew – mindern können und ich habe längst erfahren, dass die Wüste auch dann noch verbindet, wenn sich die Pisten getrennt haben.

    Vielleicht wird er nun dort, wo alle letzten Reisen uns hinführen, weite Landschaften erkennen, für die seine Wüstenreisen nur die Vorbereitung waren.

    R.I.P.

    Roger-T.

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