Der Baustoff „Dreck“… vielseitige Erde.

Die Zeit vergeht, wenn keine Langeweile aufkommt. Wie zuletzt beschrieben werde ich eine Weile im Zion Gaia verbringen und meine Arbeitskraft einsetzen dieses Projekt voranzubringen. Das Camp bietet dazu mehr als genug Möglichkeiten und so befasst sich der Blog heute mal mit einigen Projekten.

Sinnvolles erschaffen ist mir dabei die angenehmste Arbeit und so gibt es hier die ersten Schritte zu einer neuen traditionellen Rundhütte zu verfolgen. Die Vorarbeit war schon erledigt, das Terrain gewählt und eingeebnet. Auch hat diese dann den Luxus eines Betonfundamentes, das vor der Feuchtigkeit aus dem Boden schützt. Selbiger Boden ist dann nämlich der Hauptbaustoff dieser „Lehmhütte“.

Angereichert mit etwas Stroh und Kuhscheiße, in der Summe aber nur wenige Prozentpunkte geht es hauptsächlich darum mit genügend Wasser eine Pampe zu mischen. Herrlich schweißtreibende Arbeit bei der dir die Klumpen an den Füßen trocknen.

Mit einer Zwischenstation direkt neben der Baustelle werden dann handliche Bällchen geknetet und diese zu einer 50cm hohen Mauer angehäufelt und festgeklopft.

Nimmt Formen an und ist eine erste Station in der Entstehung der Hütte. Afrikanisch gelassen muss dieser erste Ring dann vier Tage trocknen um stabil genug zu werden eine weitere Schicht zu tragen. Das Gewicht würde sonst die ganze Burg unten auseinander drücken.

Keine afrikanische Arbeit ohne eine Machete und diese wird dann zur Begradigung der Außenkanten benutzt.

Alles in allem eine vergleichsweise simple Bauart mit kaum externen Materialien und in diesem Falle einem Durchmesser von 5m. Wenn mich meine Mathematik nicht im Stich lässt mit Pi multipliziert kommen dabei 15m² Wohnfläche raus. Hier mal ein fertiges Exemplar in welchem der Besitzer der Anlage wohnt. Die Baustelle ist dann in einem Monat soweit wenn alles klappt.

Die Baustelle befindet sich ein paar Meter dahinter und der Weg vom Fluss ist damit auf 500m angestiegen. Eine für mich ebenso schwere Arbeit haben dabei die Frauen zu erledigen, Wasser holen. Natürlich ist diese Aluschale randvoll und gegen überschwappen mit einem Zweig darin „geschützt“. Dazu noch das Kind auf dem Rücken, hier funktioniert die Elternzeit anders. Der Zugang zum Wasser jedoch war bisher das schwierigste Problem und deshalb mein erstes Projekt.

Das vorher Bild fehlt leider, aber die mit Sandsäcken gehaltenen ehemals vertikalen Bretter haben komplett versagt. Unterspült, mit glitschiger Lauffläche und oben zu großen Stufenabschnitten die dazu shcon rund sind. So funktioniert das nicht.
Mit Bohlen aus Iroko Holz und Pfosten aus Neem , welche etwas langlebiger auch im Wasser sind sollte das unter den Umständen eine anständige Treppe sein. Die Stufen dann mit Sand aus dem Flussbett statt glitschigem Schlamm gefüllt Und alles etwas gegen wegschwemmen geschützt. In der Regenzeit kommt es schonmal vor, dass die komplette Böschung unter Wasser steht, die Strömung aber trotzdem relativ gering sein soll und das Ergebnis für gut befunden wurde. Mit Sternchen, da ein Tisch nun dekorativ und nützlich zur Seite steht.

Meine liebste Stelle im Camp und täglich mehrfach besucht. Das Wasser klarer als das Bild vermuten lässt. Dr Untergrund sandig und größtenteils Knietief. Ideal um ne Weile drin zu liegen und den Körper runter zu kühlen. Auch Atlas hat dies natürlich verstanden und tobt gerne drin rum.

Der Dschungel ringsum beherbergt aber noch eine Vielzahl von anderen Baumeistern. Ameisen zum Beispiel haben in relativ kurzer Zeit direkt über den Weg eine Autobahn festgetrampelt.

Termitenhügel gibt es ebenfalls, wie erwähnt aber meist im verborgenen agierend hab ich nur einen Hochzeitflug miterlebt wo die geflügelten Auserwählten ausschwärmen um neue Kolonien zu suchen. Mit Insekten kann man hier ne ganze Menge Hühner und Enten glücklich machen. Letztere umwatscheln abends auch immer unser Lager, da vom Licht angezogene Leckerbissen irgendwann doch auf dem Boden landen. Heuschrecken sehen im Gegensatz zu den europäischen doch sehr bunt aus.

Und nochmal zurück zum Baumeister die Erde ist echt steinhart wenn trocken. Wer sich aber zu helfen weiß kann in kurzer Zeit eine Unterkunft für den Nachwuchs basteln. Eine recht große schwarze wie zweigeteilt wirkende Mischung aus Fliege, Biene und Libelle die aber harmlos ist hat dieses hier in nur einem Tag erschaffen und gefüllt. Knapp zehn 3-4cm lange Raupen tummelten sich in meinem Eingang, nachdem ich das harte Häuschen weggebrochen habe. Ich hoffe die haben nicht noch andere Stellen besetzt.

Und auch an meinem Lager gibt es was neues. Wer weiß wie lange ich bleibe und mein Gas ist auch nicht mehr voll. Gekocht wird zwar gemeinsam, aber unabhängig ist auch nicht verkehrt. Aus nem Haufen sinnlos rumliegender Erdziegel hab ich mit etwas frischem Klebestoff einen Raketenofen erschaffen.

Die Funktionsweise kanalisiert die Hitze zum Kochgeschirr und erwirkt einen Kamineffekt der das Feuer einsaugt. Der Vorteil ist ein geringerer Brennstoffverbrauch und könnte eine Rettung gegen die Abholzung Afrikas sein. Vielmals, wie auch im Nachbardorf kürzlich, wird zur Kettensäge und Machete gegriffen wenn Geld nötig wird. Holzkohle verkauft sich immer und ist der Tod dieses Kontinents. Genügend trockene Äste liegen in einem funktionierenden Wald aber immer herum und reichen auch für ein Feuer auf dem 99% der Mahlzeiten in Westafrika zubereitet werden. Ich erkläre überall wie einfach dieser „rocket stove“ zu erschaffen ist. Wer mehr wissen will nutzt google oder youtube, es gibt nach diesem Prinzip auch eine sehr ökonomische und effiziente Wohnhausheizung die teilweise unter dem selben Namen läuft.

Es ist also je nach zu erledigen Aufgaben im Camp oder auf den Feldern immer was los. Die immer wieder gleichen angeheuerten Helfer aus dem Dorf ermöglichen eine angenehme Atmosphäre. In letzter Zeit ist eine medieninduzierte rassistische Furchtwelle gegen Jowos – Weiße am Laufen und das binnen nur zwei Tagen Dank Panikmache mit Covid.

Der nächste Blog handelt aber noch vor der Zeit und zeigt zur Abwechslung mal einen Motorrad-Ausflug in die Umliegende Bergwelt. Keine Sorge also, mein Reiseblog ist nur temporär etwas sesshaft und vielleicht trotzdem interessant. Ich hab mich auf jeden Fall gut eingerichtet und auf länger eingestellt. Drücke euch da draußen die Daumen… nicht der Gesundheit wegen sondern allem was da noch so kommen mag und von viel weiter oben geplant wurde.

10 Gedanken zu “Der Baustoff „Dreck“… vielseitige Erde.

  1. Michael Hausmann schreibt:

    Hallo Philipp,

    passe bloß wegen der „Hetzer“ auf Dich auf! Ansonsten geht es Dir vor Ort wahrscheinlich entspannter als im „Wahnsinn Mitteleuropa“.

    Stay safe and sane!
    Michael

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  2. agenda2018 schreibt:

    Freue mich immer über Deine wirklich interessante Berichte. Ich drücke Dir die Daumen, dass Du die Coronakrise gut überstehst, dort wo Du jetzt bist. Ganz schnell sind vielerorts ‚Fremde‘ nicht gerne gesehen, sh. Marokko. Ich hoffe und wünsche Dir, dass Du einen guten und sicheren Ort gefunden hast! LG Jürgen

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    • George schreibt:

      Es wird bei solchen Angelegenheiten immer schnell nach Schuldigen gesucht und Menschen werden aufgehetzt. Auch in Marokko gibt es Hotels und Campingplätze die gestrandeten Touristen kostenlose Unterkunft gewähren. Auch wurden diese mit Lebensmitteln versorgt.
      Die Medien berichten oft einseitig, das weiß man ja mittlerweile. Und wenn ich sehe wie sich manche Besucher verhalten wundert mich nichts mehr.

      George

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  3. Peix Manfred schreibt:

    Ne, 2,5 x pi = 7,85 qm
    und nicht der Gesundheit wegen? Schau dir mal an was in Italien, Frankreich und den USA los ist, ich sage nur Vorsicht, da liegt man schneller im sterben als man denkt.

    Ich wünsche dir „Alles Gute“ und vor allem Gesundheit!

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  4. Peix Manfred schreibt:

    Up’s, hast recht, wenn man sowas lange nicht rechnet, vergisst man schon mal was.
    Genau sind es 19,365 qm.

    Schöne Zeit noch

    Manfred

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