der harte Weg nach Chinguetti

Mein Besuch in Atar also kürzer als gedacht, aber so ist spontanes Reisen ohne Plan. Lohnt sich echt nicht länger zu bleiben also raus in die Wildnis. Ich steuere auf Chinguetti zu und damit abseits aller Asphaltstraßen. Eine holprige Piste führt mich zum Pass Ebnou, den es immerhin auf gegossenem Beton steil zu erklimmen geht. Oben am Plateau angekommen ist die Aussicht auf die umliegenden Kanten und Felsen beim Sonnenuntergang schon was magisches. ich hab also meinen Platz für die Nacht gefunden.

In dieser Steinwüste kann man zumindest nicht stecken bleiben, loser Boden fehlt vollkommen. Erstaunlich immer wieder an welchen Orten trotzdem Vegetation ums Leben kämpft. Hier in einer kleinen Senke hält sich wohl Wasser am längsten, der einzige Strauch in Sichtweite.

Der Pass ist die einzige echte Verbindung in den kulturhistorischen Nordosten des Landes. Der Verkehr welcher nach Chinguetti oder Ouadane will muss hier quasi vorbei wenn man nicht quer durch die Wüste will. Ich höre in den nächsten 12 Stunden nur einen LKW mit Gasflaschen beladen auf dem Hinweg und kurz nach meiner Ankunft zwei Motorradreisende bei der Rückkehr. Am nächsten Morgen also voller Vorfreude zeitig in den Sattel, hier hält mich nix. Erster Stop Felszeichnungen bei Agrour.

Naja, kann man sich ansehen, hat aber ohne auch nix verpasst. Höhlenmalereien hab ich auf der Tour schon spannender gesehen. Richtige Höhlen gibt es auch nicht wie angekündigt, nur kleine Überhänge von Mauern eingeschlossen. Einige davon dienen als Lagerstätte oder Picknichplatz. Der Guide ist auch noch nicht da und braucht für mich nicht aufschließen, hab genug gesehen und will weiter. Sonne steht noch tief, keine Fotos. Der Weg zum kleinen Abstecher aber war eine willkommene Abwechslung von der Hauptpiste. Die kleine hier fuhr sich ganz gut.

Aber um nach Chinguetti zu gelangen geht es weitere 50km über Wellblech oder auch Waschbrettpiste genannt. Wellenförmig festgefahrener Untergrund der auf Nerven und Material geht.

Nun kann man sich also diese Ruckelei vorstellen, Blick aus der Fahrerhaus eigentlich gar nicht so schlimm. Aber alles scheppert.

Es gibt zwei Optionen, langsam fahren und jede Welle auskosten, bis der Rhythmus gefunden wird in dem sich weder die Karre Aufschaukelt noch die Schläge eingesteckt werden müssen. Dann um 20km/h. Im folgenden Video zeige ich mal wie es sich bei 30km/h anhört und im Vergleich dazu bei 55 was bei den Zuständen das Maximale meiner Gefühle ist. Würde sicherlich schneller noch ruhiger werden, aber unkontrolliertes schwimmen wie beim Aquaplaning tritt dann auch auf.

Eine Tortur auch fürs Material. Doch irgendwann nach über einer Stunde, da doch Streckenweise ganz langsam besser war komme ich in der Karawanenstadt Chinguetti an. Hier bleibe ich auf jeden Fall einen Tag und suche mir ne geeignete Unterkunft. Herbergen gibt es einige, aber Erreichbarkeit abseits der Hauptstraße ist ein anderes Thema, viel Sand überall. Das historische Zentrum interessiert mich und liegt auf der anderen Seite des Oueds, die am nächsten gelegene Unterkunft erweist sich als optimal.

Als Nachbar den Friedhof ist es aber nicht komplett ruhig. Das Aggregat was zur Stromerzeugung der Stadt dauernd läuft ist nicht weit und eigentlich überall im Ort hörbar. Die Herberge sonst fast leer und Platz genug vorhanden, wir einigen uns auf 200UM was 5,-€ entspricht.

PanoPano

Echt ne hübsche Anlage mit Lehmklumpen zur Verzierung der Mauern. Klar überall etwas abgeblättert und am zerfallen aber für hiesige Verhältnisse gut in Schuss. Duschen und Klos vorhanden und die vielen kleinen Zimmer auch sauber und mit Matratzen gemütlich, kann ich empfehlen. Restaurant, Bar, Beduinenzelt alles da nur keine Gäste.

Camp ist aufgebaut, Sonnenschutz installiert, Wachhund unter Terrasse angebunden, Solaranlage speist die Batterie und Wasser wird gefiltert. Ich kann spazieren gehen. Es gibt sogar eine Tafel zur Orientierung. Bisher das touristischste was ich in Mauretanien erlebt habe, und trotzdem aktuell der einzige Weiße auf den Straßen.

Das Oued ist hier sehr breit und trennt wie gesagt den moderneren vom historischen Teil. Wasser gab es hier Jahre nicht trotzdem muss es unterirdisch was geben, die Brunnen sind mitten drin. Auch ein Fußballplatz.

Man muss schon genauer hinsehen um die „Anlage“ zu entdecken. Immerhin zwei richtige Tore mit Pfosten und Latte, fast schon Luxus und es liegen kaum Steine auf dem sandigen Spielfeld.

Der Platz auf der anderen Seite wäre noch bis zum Wasserturm der immer als Orientierung gilt befahrbar.

Doch alles andere schaut so aus und geht später zur Probe selbst mit dem Fahrrad bescheiden.

Ich habe hunderte Fotos gemacht und muss meinen blog teilen. Heute geht es ums grobe ganze, Morgen folgen die Details. Die Hauptattraktion ist dann wohl dieser letzte Turm der alten… was auch immer übrig ist wenig.

Als sehenswert gilt das Museum der Manuskripte, dass ich am Tag drauf mit meinen französischen Nachbarn besuche. Es gab doch noch einen LandCruiser im Camp um die Ecke versteckt. Nettes älteres Paar. Man muss in Mauretanien immer genauer hingucken. Hier zum Beispiel der Eingang zum Museum.

Der Hof dann zumindest mit mehr Flair.

Im Familienbesitz seit Generationen wurden und werden Manuskripte aufgekauft und konserviert. Naja, zumindest in Boxen verpackt, sowieso trocken gelagert wie nunmal in der Wüste nicht anders möglich. für 10Minuten zeigt der französisch stotternde Antiquar einige interessante und bunte alte Stücke. 100UM dafür halte ich aber für etwas übertrieben.

Vielleicht schätze ich einfach nicht die arabischen Schriften. Immerhin hat sich deren Schrift und Sprache seit Jahrhunderten nicht verändert. Bei uns kann keiner mehr was entziffern was vor 1900 geschrieben wurde, weder die Buchstaben noch die Ausdrucksweise. Die uns gezeigten Schriften waren von 1200 bis 1400 also grob 700Jahre alt. Lose Zettelsammlungen in Leder gebundene Mappen. Keine Seitenzahlen, nur das erste und letzte Zeichen gleicht sich zur Orientierung, viel Spaß falls das mal runterfällt.

Obwohl das Papier (er konnte mir nicht erklären woraus Papier und Tinte sind) so alt ist doch echt gut in Schuss. Ein explizit gezeigtes Exemplar war von Termiten angeknabbert… lecker Geschichte.

Meist ging es um den Propheten manchmal schön geschmückt und einige mit geometrischen kleinen Zeichnungen, aber wie gesagt haut mich nicht vom Hocker. ich will wissen was hinter der Tür mit Aufschrift Museum zu sehen ist… kommt wohl nicht häufig vor. Naja, auch nicht herausragend interessant.

Aber ich bin in Chinguetti und das war mir schon wichtig. Die Bevölkerung hier lebt hauptsächlich vom Handel mit Touristen wie mir scheint. Wie schon in Atar gibt es eine Zeltstadt mit Rasch und Plunder, Schmuck und Zeug… und nach großer Ankündigung soll demnächst ein Kunstkomplex errichtet werden… abwarten…

Ausserdem gibt es zehnmal mehr kleine Boutiquen an jeder Ecke, eigentlich jeder verkauft irgendwas derartiges in seiner Haustür. Dementsprechend wird mal überall zum Tee eingeladen und mit „Misjö“ angesprochen. Wer nach erstmaliger freundlicher Ablehnung weiter macht wird ignoriert. Es ist schon ein nerviges unterfangen spazieren zu gehen, aber man gewöhnt sich daran.
Zum Abschluß noch ein Vorgeschmack auf den nächsten bildgewaltigen Blog… Das wahre Chinguetti dann so zu sehen:

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