Alltag unterwegs…

Ich bin also gut vorbereitet auf die nächsten Etappen, primär hieß es in Dakhla Lebensmittel einkaufen. nicht nur Frischware, sondern auch trockenes wie Bohnen, Couscous, Nudeln, Leinsaat etc. hat nun wieder geordnet Platz in meiner Küche gefunden.

Außerdem hatte die Walküre nicht nur das neue Dachzelt sondern auch einen Technik Check von mir bekommen. Immerhin fast 5000km seit unserer Abreise in Portugal unterwegs. Dabei wurden knapp 2Liter Öl als Schwund im Motor verbraucht, das ist gar nix, denn selbst Mercedes hatte damals 1l/1000km als Durchschnitt angegeben. Diesel hingegen wurde ordentlich verbrannt. 627 Liter zusammen, was einen Durchschnitt von 12,5/100 macht und damit in den Erwartungen liegt. Die letzten 1000 Kilometer bei 65km/h mit 10l haben dabei den Mehrverbrauch in den Wüstenabschnitten wieder ausgeglichen. Bin also sehr zufrieden und auch die Bremsen haben die 5000km gut weg gesteckt.

Herrlich, wenn man direkt am Meer seine Wartung durchführen kann und sich selbst danach in den Fluten reinigen darf. Atlas stromert in der Umgebung rum und liegt eher selten unterm Truck im Schatten. Da muss schon ab und an befohlene Ruhepause herrschen, wenn auch immer mit offenem Auge für sein Revier.

Ich hatte also genügend Zeit im Müßiggang verlebt und wollte wieder mit Abenteuer starten. Der letzte kleine Radausflug hat es dann eingeläutet. Sportlich motiviert die 10km vom Strand in die Stadt zur Verabschiedung. Und auf dem Rückweg mit Gegenwind dann noch einen Platten… bei den frisch eingezogenen „unplattbar“ Schläuchen, super. Also Jogging und zum Schluss sogar barfuß, weil die Radschuhe nicht zum Laufen gemacht sind.

Am Abreisetag machte ich kurz Halt beim KM25 dem inoffiziellen Campingplatz der Weißware. Immerhin muss man erwähnen, dass es in Dakhla keinen richtigen Campingplatz mehr gibt. Das Ding ist immer wieder erschreckend und negativ konservativ. Ich hab mich ja öfters schon darüber ausgelassen, diesmal versucht es zu ignorieren und Fotos zu vermeiden. Den Anblick aus der Ferne aber muss ich zeigen. Eigentlich recht hübsch gelegen am Strand der Lagune mit Windschatten vom Hügel und weit genug abseits der Hauptstraße nach Dakhla. Einfahrt direkt am Kontrollposten.

Ich hatte mal wieder gehofft Reisende anzutreffen mit denen man sich für Etappen in Mauretanien verabreden kann, jedoch war bis auf einen Düdo alles neumodisches Plastik. Die Jungs aber im Mercedes haben mich ne ganze Weile aufgehalten, es war lustig. Zwei Holländer Anfang 40, der eine Single, der Andere froh mal von seiner Frau weg zu sein. Erste Reihe am Strand geparkt und dementsprechend Anlaufstelle für alle möglichen Besucher. Der liierte kommt seit 20Jahren her und kennt hier Gott und die Welt, ist auch schon etwas angeheitert immerhin Nachmittag im Urlaub.
Wir quatschen über die Fahrzeuge und tauschen Erfahrungen aus, und ganz beiläufig erwähne ich meine letzten beiden Flaschen Havanna Club, die ein Abschiedsgeschenk eines Freundes waren. Logisch findet das sofort Anklang und man wird sich fair einig. Wieder eine komplette Tankfüllung im Sack. Obendrauf gibt’s von mir eine im Rif handgefertigte Kräuterpfeife aus Orangenholz mit Tonköpfchen. Na klar wird die auch gleich mit adäquaten Kräutern in der Runde eingeweiht. Immerhin hab ich schon die Drinks abgelehnt und respektiere die Gesetze der Gastfreundlichkeit. Wir sind uns auf vielen politischen und gesellschaftlichen Ebenen sehr Grün und ich hab keine Ahnung wie lange ich dort war. Auf jeden Fall hat Atlas nebenbei mal wieder gegen ein eingespieltes Rudel aus Urlauberhunden und den beiden Schäferhunden vom Bistro sein Revier abgesteckt und sogar jemanden zum Spielen gefunden. Doch irgendwann wurde ihm langweilig und er stand vorm Fenster mit dem Blick wann es denn weiter geht, es nervt hier. Danke Jungs, es war mir ein Fest.

Boah, die Welt ist nicht nur rund, sondern dreht sich wirklich, aber ich hab es heute nicht mehr weit. Will aber zumindest meinen ersten Schwung Wäsche angehen, dazu muss ich zum Ende der Lagune wo es fast schon an die Kreuzung nach Süden geht. Atlas ruht sich in gewohnter Position auf dem Armaturenbrett aus. Ich wollte eigentlich das Mittelteil entfernen um ne Kiste auf die Motorabdeckung zu stellen, ist wohl abgelehnt.

Dort unweit der neuen Straße durch die Ebene liegt eine kleine sogar auf maps.me eingezeichnete thermische Quelle und damit genügend heißes Wasser für benannte Zwecke. Auf dem Hinweg hab ich schon kurz gehalten es aber nicht für nötig erachtet. Da die Andere aber versiegt ist schlage ich also bei Mohammed aus dem Niger mein Lager auf. Er passt hier auf und hilft ab und an auf dem Bau nebenan. Dort wird von einem Einheimischen ein Hotel mit Pool und SPA Anlage gebaut. Zumindest ist so der Plan. Wie gewohnt wird erst einmal ne fette Mauer um alles gesetzt, wenn dann noch Geld da ist sieht man weiter.

Der Wind recht ordentlich und meine Ausrichtung nicht für hübsche Fotos sondern Windschatten auf der Terrasse so. Die Badewanne ist also auch für den Großwaschtag gut, immerhin schon zwei Wochen her, denn in Fask an der anderen heißen Quelle gab es zuletzt „laundry day“.

Aufgehängt aber erst am nächsten Morgen. Immerhin hab ich wie geplant trotz Umständen am Abend noch eine Fuhre geschafft und sogar mich in die Wanne gesetzt. Herrliches Gefühl direkt zum Sonnenuntergang. Nebenbei schmorten meine Putenteilchen im Ofen. Aber Freilandputen können echt zähe Dinger sein, auch nach fast zwei Stunden garen… trotzdem wieder ein erfolgreicher Tag vorbei.

Die Umgebung der Quelle alles andere als natürlich. Das Wasser aus einem Rohr mit Schiebern in armdicke Plastikleitungen geführt.

Warum wurde mir erst später klar, auch hier kommen ab und an Tankfahrzeuge und holen ein paar Tausend Liter Brauchwasser. Nachts war es aber ruhig und bis auf ein paar Lichter vom reduzierten Verkehr kam der Vollmond super zur Geltung. Nur hinterm Berg muss was großes am leuchten gewesen sein. Ein Blick auf die Karte zeigt eine gigantische Anlage von Gebäuden mitten im Nichts, sehr verdächtig. Ich hab auf dem Hinweg schon dort halt gemacht, 3km Pistengehoppel um auf den letzten hundert Metern erst zu erkennen, dass die Gebäude Gewächshäuser sind die in einer Senke vor Wind oder Blicken versteckt wurden, gigantische Anlage und lohnenswert mal mit google maps reinzuschauen. Obst und Gemüse hier also nicht mehr Bio… und Absatzmarkt sicherlich nicht nur Mauretanien. Angemerkt ist dafür aber das verwaiste Areal auf halbem Wege zwischen Dakhla und KM25, die Plastikzelte sind größtenteils kaputt und leer stehend, keine Zufahrt mehr.

Vor zwei Jahren hieß es hier noch Dakhla fruit corp. oder so. Vielleicht wurde hier also auch für ne Plantage gebohrt. Auf jeden Fall ein Betonklotz mit Freifläche davor und das Rohr hier im Blick.

Also zurück zum Waschtag. Ich hatte dahinter geparkt um nicht sofort aufzufallen. Wenn schon die große Wanne und genügend Wasser bereit steht ist auch mal Bettzeug und Atlas‘ Decke dran. Der Guard hier hat mich gefeiert, als ich barfuß in meiner Wanne tanzend den Dreck aus den Textilien gewalkt habe. Kennt er wohl nur noch von zuhause so.

Er ist übrigens 23 und seit über nem Jahr hier. Kam über Algerien und Mauretanien da es wohl kaum Grenzkontrollen gibt. Er ist der älteste Sohn und ihm gefällt es hier. Er ist mit vielen Narben im Gesicht gezeichnet, hab aber nicht danach gefragt. Auf jeden Fall hatte er über Europa nachgedacht, aber die Risiken sind zu groß, und seine Vorstellungen was ihn dort erwartet gleichen sich nicht mit meinen Berichten. Er will also hier bleiben und hat sein Auskommen damit Besuchern die Quelle vorzuführen, wenn auch die wenigsten wie ich ein richtiges Bad nehmen. Vielleicht hofft er ja auf ne Anstellung, wenn das Hotel irgendwann fertig wird.
Seine Geschichte deckt sich mit den Erzählungen der meisten Schwarzen die ich in Dakhla gezielt angesprochen habe. Viele sind dort Tagelöhner und warten an der Ecke Wanni-Supermarkt / BMCI Bank auf Möglichkeit zum Bauhelfer, Fischen oder Aushilfe in diversen Werkstätten. Um die 200dH verdient man an nem ganzen Tag. Also mehr als 20,-€ verdienen die Illegalen auf den spanischen Farmen und Gewächshäusern auch nicht und brauchen hier viel weniger zum Leben. Und in Frankreich und Deutschland findet man keine Arbeit. Die anderen Märchen wie Tante Merkel hat gesagt jeder bekommt ein haus und 50.000€ hab ich diesmal nicht gehört. Es gibt auch nicht nur Männer wie weiter im norden sondern auch viele afrikanische Frauen. Man kann Wohnraum bezahlbaren in Gruppen mieten und was man raushört ist die Lebensqualität hier besser als im kalten Norden. Einige sind also wieder etwas in den Süden gewandert. Ursprungsländer neben der Elfenbeinküste auch viele Kameruner, aus den anderen westafrikanischen Ländern immer mal vereinzelt jemand.

Sie sind aber doch sehr unzufrieden mit den Marokkanern selbst, werden wie Dreck behandelt hört man öfters, wenn auch zumindest die Religion die Gleiche ist. Logisch sprechen die meisten französisch, wenige konnten mit mir etwas englisch ausprobieren. Soviel also mal meine Ausnahme zu „gesellschaftlichen Themen“ hat mich einfach interessiert und wollte das weiterleiten und im Gegenzug musste ich natürlich von meiner Reise erzählen. Dass ich kein Haus in Deutschland habe, oder ne Frau die dort wartet verstehen aber die wenigsten, erst der „moderne Nomade mit Leben in Freiheit bei Sonne in Afrika“ lässt die Jungs um Mitte 20 an Hippie und Rasta denken. Nur macht mein deutscher Pass dieses Leben erst unbeschwert möglich.

Der Wind trocknet meine Klamotten in wenigen Stunden und meine Abfahrt steht an. Atlas wartet schon auf seinem Platz als plötzlich Dutzende Dromedare im Eiltempo an uns vorbei rennen. Die haben Durst und wissen wohin, ganz klar. Da folge ich mal und schau mir das an. Eine leere Badewanne steht neben der Baustelle und ein Rohr führt aus einem gigantischen Wassersack hinein. Voll aber zu und die ersten lecken schon gierig in der Emaille rum. Also geb ich Wasser Marsch, da der Hirte noch ne Weile braucht und die Viecher echt unentspannt werden können.

Es gibt einige Jungtiere darunter, sehr auffällig zwei gecheckt weiße also keine Albinos oder ist das auch nur zur Hälfte möglich? Wenige Tage alt und scheu. Der Hirte ist da und trägt nen Blaumann mit Turban, schon komisch. Muss aber echt aufpassen, dass es an der Wanne keinen Streit gibt. hier ein Video dazu.

Wer also hier vorbei kommt und eine heiße Dusche braucht… zur Not gibt’s auch ne Wanne für Kamele. Ich hab fertig und bin wieder auf der Straße. Nächster Stop Tanke, vollmachen bitte. Ab jetzt wird der Diesel wieder teurer. 350Kilometer sind es noch bis zur Grenze, dazwischen nur ein Ort. Und endlose Steilküste mit nur wenigen Stränden. Weit komme ich aber nicht mehr, da Puerto Rico… eigentlich Porto Rico geschrieben auf dem Weg liegt. Noch fast in Höhe von Dakhla auf der anderen Seite der Lagune ein einsamer Militärposten an einem paradiesischen Strand. Nach den aber doch recht geselligen letzten Tagen freue ich mich hier fast alleine zu sein.

Irgendwie zählt das erst wenn deine Fußabdrücke am Strand die Einzigen sind. Eine Turmruine sieht man auf dem Bild, links daneben der dunkle Fleck ist mein Zuhause, Wellenrauschen und Sonnenuntergangpanorama inklusive.

Es ist Ebbe und mit ein paar vorgelagerten Steinen am Strand heißt das heute stehen Muscheln auf dem Speiseplan. Sauberer als hier können die nicht sein. und weil sonst wenige zum ernten kommen sind die Dinger auch anständig groß.

Einmal Schüssel voll passt auch in den Kochtopf. Im eigenen Sud gegart, nach dem Öffnen und Putzen geht es zu Gemüse erneut in die Pfanne. Dazu heute Reis, lecker. Zum Angeln bin ich zu ungeduldig und anderes aus dem Meer ist mir noch nicht so einfach über den Weg gelaufen. Am Strand vorhin hab ich aber komische Dinger entdeckt.

Auf den ersten Blick Steine, doch man sollte nicht drauftreten. Gummiartige Konsistenz, weit weg von Glibber aber auch nicht sehr stabil. Tier oder Pflanze? Vielleicht nur Überrest? Einige sehe ich von der Brandung aufgerissen oder zerteilt, innen weiß bis durchsichtig. vielleicht eingetrocknete riesige Quallen?

Auf jeden Fall liegen an einer Stelle hunderte davon rum und es stinkt auch etwas. Kann mich nur nicht entscheiden ob nach Verwesung oder Exkrementen.

Wieder einmal ein Rätsel der Natur, für mich zumindest. Wüsste jetzt nicht wo ich bei google starten sollte. Atlas fand die nicht interessant. Man sieht ihm aber immer wieder die Verwirrung an wenn er versucht Salzwasser zu trinken. Auch wenn das hier still liegt ist es immer noch Atlantik. Also zurück zum Bus, saufen.

Ab und an zieht es Besucher im PKW für mal kurz gucken her. Am Abend noch ein weiteres Wohnmobil für die Nacht. Der Posten bekommt meine Daten und sonst ist es ruhig. Das WoMo am Morgen schon wieder weg. Hat mich schon etwas erstaunt, da die kurze aber steile und steinige Piste einige Plastikbomberpiloten abschrecken würde. Frontwickler und Bodenfreiheit etc. Nach meiner entspannten Morgenroutine heißt es jetzt also auch in den Sattel rauf auf die RN1 in Richtung Mauretanien.

Der Nächste Stop nur wenige Kilometer entfernt. Nix aufregendes, doch irgendwie schon ein Meilenstein. Ein einsames Schild am Straßenrand, sicherlich das meist fotografierte auf dieser Strecke. Wenn auch kaum noch erkennbar durch Aufkleber und Schmierereien.

Tropic de Cancer sollte es heißen, Wendekreis des Krebses und damit der Nördliche der beiden an dem die Sonne einmal im Jahr genau senkrecht steht. Der Südliche heißt Steinbock und damit eigentlich auch aktuell falsch. Die Bezeichnung stammt aus dem 15.Jh als die Sonne zur Sonnenwende das Tierkreiszeichen des Krebses durchschritt, danach waren es die Zwillinge und seit 1990 müsste er eigentlich Wendekreis des Stier heißen, aber Gewohnheit und so…

Auch müsste das Schild jedes Jahr um 14m verschoben werden, hat sich mit der Zeit aber hin und her gependelt und wird sinnloser Weise anderswo auf der Welt gemacht. Das interessante müsste also zur Sommersonnenwende der Schatten dieses Schildes sein, ein exakter Strich direkt darunter. Der Bereich zwischen beiden Wendekreisen gilt gemeinhin als Tropen… naja, vielleiht nach der Sahara. Es sind übrigens noch 2609km bis zum Äquator und weitere 2609 zum südlichen Wendekreis, irgendwann. Beide kreise sind parallel und 36700km lang. Hab ich natürlich alles nachgelesen und dabei noch was interessantes entdeckt.

Die Nato begrenzt ihren Einflussbereich wortwörtlich bis zum Wendekreis des Krebses… na zum Glück gibt es noch die UN die in ein paar Kilometern auf mich aufpassen. Bin ja grad auf dem Weg ins Niemandsland zwischen Westsahara und Mauretanien wo es immer noch Mienen gibt und die Besitzverhältnisse mit der S.A.D.Republik ungeklärt sind. Aber das dann im nächsten Blog.

Erstmal „on the road again“

4 Gedanken zu “Alltag unterwegs…

  1. Hof Schwarzes Moor schreibt:

    Können das nicht Tier (-reste) sein, die von, im Salzwasser geronnenen, Schweröl eingeschlossen sind? Habe soetwas schon häufiger gesehen. Nur nicht mit dem Glibber drin. In der schwarzes „Schale“ sind dann auch Steine mit eingeschlossen.

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