nicht einfach hübschen Sandstrand zu finden

Vielen lieben Dank für eine Flut von Kommentaren und Erklärungen zum letzten Blog in der Westsahara, welche ich nun gerne in Kurzform als Ergänzung weitergebe. Diese Kuppelruinen bei Abtei stammen also von einem spanischen Militärlager aus der Zeit vor 1975 und ja, es wurden dort 2017 Panzermine(n) gefunden und hoffentlich keine zurück gelassen. Dieser Ort ist in dem Sinne auch historisch, da dort ein Teil der Menschen den „grünen Marsch“ zur Besiedlung der Westsahara nach Abzug der Spanier starteten. Details bei google. Ansonsten sind solche Kuppelbauten auch in Tunesien und Algerien verbreitet, und bieten quasi etwas Isolierung der Hitze welche ja bekanntlich nach oben steigt.
Das Förderband ist ein Rückgrat der Industrie hier unten enthält Phosphat wovon in der Wüste ein Großteil der weltweiten Vorkommen entstammen. Die Preise auf dem Markt erlebten einen Boom in 2008 und sind nun aber wieder entspannter. Was ich von dem Zeug als Düngemittel halte wisst ihr ja, unsere Ackerböden sind voll davon und deshalb ist auch die Ostsee grün.

Als dritte Erläuterung zum Thema Unterschied zu Sonnenauf und -untergang: Das Lichtspektrum wird durch Thermik unterschiedlich gebrochen, auch Feuchtigkeit könnte ein Faktor sein. Definitiv durchdringen die ersten Strahlen ja andere Wetterverhältnisse nach der kühlen Nacht als die Letzten nach einem warmen Tag…
Der Westsahara Konflikt und die Polisario sind immer mal wieder Thema was ich ja beim letzten Besuch im Frühjahr 2018 in Dakhla erlebte. Die Straßenbauprojekte sind wie ich bemerkt habe also doch ein politisches Mittel um Stabilität durch Infrastruktur und Präsenz zu schaffen. Immer wieder lese ich erstaunt Berichte aus den 70er/80ern wo es hier unten kaum Straßen gab und selbst Pisten ein Abenteuer waren. Heute also alles ruhig und entspannt, kein Wunder dass wieder etliche Wohnmobile beim Kilometer 25 Überwintern, aber ich greife vor…

Bin also grad wieder am Atlantik angelangt und habe da einen sehr gelangweilten Kerl neben mir der mal wieder an den Strand will. Hier gibt es aber hauptsächlich Steilküste und er muss sich etwas gedulden und ne bequeme Position suchen.

Echt wahr, ihm steht die ganze Bank zur Verfügung und am liebsten hat er aber seine Nase am Schaltknauf oder den Kopf auf dem Armaturenbrett wenn er nicht sogar drauf steht. Und, ja ich bin ein ganz verantwortungsloser Mensch der seinen Hund im Auto nicht anschnallt. Hab ja selbst auch keinen Gurt. Und überhaupt bin ich unterversichert, überkritisch und nicht tolerant genug und Zitat: „…soll doch zuhause bleiben wenn ich mir keinen Campingplatz leisten kann“ Ja auch solche engstirnigen Meinungen bekommt man zu lesen, alles Neider…

Ne Pause muss trotzdem her und ich steuere die heißeste Quelle an die ich kenne. Auf halbem Weg zwischen Laayoune und Boujdour hinter dem kleinen Ort Lamssid (aus einer Tankstelle bestehend) gibt es etwas abseits gelegen noch eine kleine hübsche Wohnanlage. daran links vorbei und man sieht es schon dampfen.

Aus dem rostigen Rohr dringt über 80grad heißes Wasser aus der Erde und man müsste nur abwarten bis es kühler wäre, eine Badewanne wäre hier toll, aber heute hab ich noch nicht genug Strecke gemacht. Interessant ist der Stop trotzdem, da grad ein marokkanisches Fernsehteam einen Bericht über diese ungenutzte Energie dreht. Ich mache also erstmal in Ruhe was zu Essen und geb Atlas Freiheit zum Spielen.

Die Gegend ist aber auch interessant, das heiße Wasser versickert nicht sofort oder komplett und die nächsten 200-300m weicht es warm und mit Algen besetzt, nach vorheriger Ablagerung der gelösten Salze, die Umgebung auf und wässert die Vegetation.

Irgend jemand hat sich nördlich davon mal die Mühe gemacht Steinhaufen zum Windschutz für Bepflanzungen anzurichten. Tausende davon, was wieder nur auf eine Bohrung für eine Plantage rückschließen lässt, Wasser dafür unbrauchbar, Plantage sinnlos. Die Reste holt sich die Natur zurück, Steingartenkunst oder wilder GaLaBau.

Ansonsten sieht man überall diese fettigen aufgedunsenen Pflanzen, dazu noch in vielen Farbvarianten. So prall die platzen auf und sind dann Matsch.

Wenn man genau hinschaut gibt es am Ende immer mal kleine Blüten, was die Dinger in Nahaufnahme noch komischer aussehen lässt. Aber war ja schon immer so, was bei uns Zimmerpflanze ist, ist anderswo Unkraut. Wäre hiermit wahrscheinlich auch ein Verkaufsschlager für deutsche Fensterbänke nur weil exotisch ausschaut.

Meine Pause machte satt und das Geschirr ohne Energieaufwand heiß sauber. Die Gegend sollte man mal besuchen. Wie gesagt, die Küste ist wenige hundert Meter entfernt aber ohne Sandstrand, den suche ich heute noch! Abfahrt.

Boujdour passiere ich noch und hole mir mal wieder ein Hühnchen um es später im Ofen zum Brathähnchen zu verwandeln, Hälfte frisch und lecker am Abend, die andere dann Morgen unterwegs. Verpflegung ist geklärt, Atlas hat Wasser… Mist… Schüssel an der Quelle vergessen, schlimmer noch sein Kroko-Spielzeug ebenfalls. Er passt nie auf sein Zeug auf und ich hab’s vergessen. Zurück zum holen wären 200km Umweg, per Anhalter dauert auch zu lange und ein facebook Aufruf an Nachzügler hat auch noch nichts gebracht. Scheiße passiert und demnächst mal mit nem eigenen Beitrag. Nicht immer alles läuft glatt aber so ist das Leben. Schüsseln kann man ersetzen und Spielzeug erst recht.

Nicht weit hinter Boujdour beim nächsten Militärposten der mal wieder den Pass sehen will gibt es eine Abfahrt runter zu nem breiten Strand. Es hieß zwar, das keine Fich-Dokumente mehr in Marokko nötig wären aber Daten notiert man sich im Süden immer noch, die Fiches würden es also zeitlich beschleunigen. Mir egal, soll er kritzeln. Der Strand ist mehrere Kilometer breit und überall mal von Fischern ein kleiner Weg im übersichtlichen Gelände zu den Dünen gefahren. Ich suche mir ne ruhige Stelle und freu mich auf mein Huhn. Bekomme Besuch vom Militär in dessen Abschnitt ich stehe. Kein Problem, aber auch er muss nochmal meine Daten haben damit ich hier übernachten kann. Zwischenzeitlich ist der Ofen angeschmissen und es wird höchste Zeit fürs letzte Foto heute. am Strand liegt hier ein Wrack welches fotogen mit Sonnenuntergang in Szene gesetzt werden kann.

Auch hab ich hiervon und der Quelle einen kleinen clip vorbereitet.

Ich kenne diesen Strand hier und das interessante ist der sehr flach werdende Strand der 50m vorm Ufer eine von rundlichen Steinen geformte, riffähnliche und mit Pflanzen, Muscheln und Polypen überwachsene Masse formt. Sehenswert aber schon fast zu dunkel. Ich greife mal ins Archiv.

Denn auch am nächsten Morgen vergesse ich weitere Bilder da ich mal richtig Strecke machen will und wohl den ganzen Tag hinterm Steuer sitze. Immerhin hab ich das Frühstück nicht während der Fahrt vorbereitet, aber Zeit zum Verzehr mit Genuss und 30mal kauen… das dauert, also unterwegs.

Es gibt Möhrensalat mit Kokos und Leinsaat, dazu Datteln. Viel interessanter als alles drum herum. Tempomat und immer gerade aus. Manchmal wieder mit frischem Asphalt.

Vorbei an Jreifa und der Abzweigung zur Badewanne in der Wüste. Der Vollständigkeit wegen erwähnt. Wer dort 40km ins Land fährt erlebt ein echtes Wunder. Ein riesiges Becken mit 45-50grad Wasser in sonstiger Einöde nur von ein paar Büschen umwachsen. Sollte man mal gesehen / genutzt haben.

Aber wie gesagt, weiter und am Oued bei Chtoukane mal zur Mittagspause. Hatte ich mal von oben gesehen und markiert, diesmal also dort stoppen. Die Anfahrt schon atemberaubend.

Doch wenn man der Teerstraße bis zum Ende folgt erschütternd. Der kleine Ort eher eine Müllhalde. Die Hütten eher provisorische Unterkünfte obwohl eigentlich ganz nett an den Steilhang gesetzt. Das einzige worauf geachtet wird ist dass der Lack vom eigenen Automobil keinen Schaden nimmt.

Wo der Weg endet geht eine steile sandige Abfahrt zum Strand hinunter, es stinkt gewaltig nach Fisch, Benzin, verbranntem Plastik und Scheiße.

Im Hintergrund sieht man die Boote am Strand und der ölige Traktor weiter vorne ist zum Wassern und bergen zuständig. Man könnte hier sicherlich hübsche Fotos schießen, aber wozu?

Auch wenn die Leute hier arm sind oder unter widrigen Umständen leben, warum muss ich meine eigene Nachbarschaft verunstalten? Dem kann ich nicht mit Toleranz begegnen. Das ist einfach nur saudämlich. Selbst wenn es die entsprechende Person nicht selbst verursacht hat warum nicht ändern? Und das ist nicht aus versehen hier gelandet.

Zum Glück etwas unscharf oder vom Gestank das Bild verzerrt. Der Strand ein Stück weiter dann dementsprechend dreckig. Und logisch dass die ganzen Ölkanister nur Restentleert im Meer gelandet sind, noch dämlicher wenn man Fischer ist und vom Ertrag vor seiner Haustür lebt.

Ein paar Meter weiter am anderen Ende ist ein Posten der Gendarmerie wahrscheinlich für die Marine. Ich geh da mal ganz locker fragen was hier läuft. Touristen verirren sich wohl selten, man ist sichtlich erstaunt und an mir interessiert, schnell ist eine Gruppe am Tor mit mir im Gespräch. Es wird erklärt dass dort im Ort die Kriminalität hoch ist und alles irgendwie illegal, aber ich komme ja auf den Müll zu sprechen. Das ist doch euer Land, ihr seid hier das Gesetz und habt Macht… Auch wenn ihr selbst nichts tun könnt (wollt) ist es doch peinlich für Marokko. Sagt es eurem Chef, vielleicht irgendwie König, hier muss was passieren. Zumindest sammeln und verbrennen.

Der Strandabschnitt vor dem Posten nicht besser, baden gehen die Jungs anscheinend nicht. Immerhin sieht das Wasser sauber aus. Das Plastik ist also schon auf dem Meeresgrund oder halt am Strand. Mir reicht es, ich ziehe ein Stück weiter. Es gibt ne kleine Piste dem Oued folgend weg von der Straße in die andere Ecke der Bucht. Nur zwei Kilometer weg… und siehe da.

Paradiesisch. endlos, sauber und einsam. Pause! Endlich mal wieder Nacktbaden ohne Zuschauer. Naja, ich bin in Marokko und man ist nirgends alleine, als ich also zum trocknen mit offenen Haaren mit blankem Hintern durch die Gegend spaziere holt einer nen Eimer Wasser und verschwindet wieder…

Sonst aber schon ruhig hier. Sicherlich auch ein guter Platz für ne Nacht. Für mich geht es erfrischt weiter. Zurück auf der RN1 sehe ich nun auch wer die neue Fahrbahn verlegt. Also auch das letzte Stück bis Dahkla im Ausbau.

Und wie gewohnt auch festwalzen. Keine Chinesen, nicht mal die Maschinen. Alles heimische Arbeit wenn auch mit älterem Gerät.

Atlas wieder in gewohnter Position, wenn auch etwas abgewandelt. Ich hab meine Edelstahl Salatschüssel geopfert, die ist nur etwas schmaler und höher im Vergleich zu der auf dem ersten Bild.

Ansonsten geht er voran. Aus Langeweile hab ich mich mal dem Sudoku zugewendet. Es gab ja einen Aufruf zwischendurch, da ich ne Stunde nur am scheitern war. Vielleicht probiert es noch jemand, die Auflösung gibt es im nächsten blog.

8 Gedanken zu “nicht einfach hübschen Sandstrand zu finden

  1. bern-alive schreibt:

    Stimmt, habe es inzwischen auch gelernt. Die Chinesen sind dort nicht involviert.
    Danke für den heutigen Post, gehörst inzwischen zu meiner festen Morgenlektüre.
    Gruß, Bernhard

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  2. Roger Tecumseh schreibt:

    Hallo,

    wie heisst es so vertraulich: Ich lese ja hier schon eine ganz Weile mit und moechte nun….

    Deine unverstellte Schreibe bringt Dir zu Recht viele Begleiter, die gerne verfolgen, wie Du Dich an der langen Nabelschnur Internet gemächlich nach Süden hangelst. Und dazu eine dringende Frage: Wie kommst Du selbst in eher abgelegenen Gebieten an eine bezahlbare Internetverbindung?

    Ich vermute, dass Du auch Deinem Kumpel Atlas sicher unglaublich viel zu erzählen hast, wenn der Asphalt sich am Horizont verliert. Sollte mich nicht wundern, wenn er Dir – so auf Höhe Sambia – dann ganz plötzlich in gesetzten Worten antworten kann. Die Domestizierung des Caniden ist vielleicht noch längst nicht abgeschlossen..

    Gruss

    R.T.

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    • mb407 schreibt:

      Aus Erfahrung ist zumindest der Norden von Westafrika weit besser mit Telekommunikation aufgestellt als Deutschland. Unglaublich aber wahr. Günstig und Empfang in jedem Winkel. Jeder mit Smartphone, die Desinformationskampagne läuft gut geschmiert.

      Nach 12 Jahren mit ihm bin ich sehr dankbar, glaube aber nicht mehr an Wunder. Vielleicht ist das Schreiben auch meine Art den täglichen Kommunikationsbedarf zu absolvieren. Bis dann also.

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      • Roger-T. schreibt:

        Sehr erstaunlich, Internet mitten in der Pampa! Wenn ich Deine Worte richtig deute, empfängst Du es über Dein Smartphone, welches Du wahrscheinlich mit einer marokkanischen Sim bestückt hast. Richtig?

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  3. Irmgard Balser schreibt:

    Danke für den Tipp der warmen Quellen!
    Uns ließ man südlich von Boujdour nicht runter zum Strand mit dem Wrack fahren. Wir mussten versprechen mit dem Womo nur soweit zu fahren wie der Posten uns noch sehen konnte. Der Rest dann zu Fuss. zum übernachten sollten wir zurück nach Boujdour auf den CP fahren. Ausgetrixt 😉
    Gruß Irmgard

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