Agdz -Taliouine – Igherme

Nach einem Ruhetag im Draa Tal bin ich wieder unterwegs und wollte eine Kasbah besuchen. Die Gegend hier je berühmt für seine Lehmburgen. Als ich aber auf dem Parkplatz ankam erinnerte ich mich hier schon gewesen zu sein. Sowas mach ich nicht und es treibt mich weiter. Agdz als letzter Stop da ich dort von der Route abbiege und in Unbekanntes eindringe. Doch vorher volltanken und mal etwas Service am Bus. Die neu implantierte Handpumpe leckt und muss nachgezogen werden, gleich noch den Schauglasfilter inspizieren und Ölstand kontrollieren. Alles paletti an der WALKÜRE. Ich liege also an der Tanke unterm Truck und höre Motorengrollen welches nicht von marokkanischen kaputten Auspufftöpfen her rührt. Schlimmer wie ich finde, denn diese Dinger hier bremsen mit quietschenden Reifen und machen Boxenstop.

Da soll mich nochmal jemand nach ner Zulassung für meinen Mercedes fragen, die Dinger hier haben nicht einmal Nummernschilder dran. Spielzeuge für den Offroadeinsatz, wahrscheinlich wieder ne Rallye in der Nähe. Technisch interessiert mich sowas aber schon und ich schau mal genauer hin. Optisch alleine schon eine klare Ansage, Design gefällt.

Innen dann nicht nur spartanisch auch irgendwie der Umgebung angepasst alles staubig. Bequem ist trotzdem anders würde ich behaupten. Jedoch ist weder Schaltung noch Kupplung zu finden, also langweilig da jeder Idiot Automatik fahren kann.

Ich widme mich wieder meinen Sachen und bin natürlich die gewohnte Attraktion egal wo ich halte. Diesmal fragt mich der Mechaniker der Tanke nach Werkzeug. Da er nicht genau weiß was er braucht und ich fertig bin nehme ich mal meinen Kasten mit und schaue was er vor hat. Eine ältere C-Klasse von zwei gut gekleideten Senioren steht auf der Grube und der Fahrer meint es fühlt sich komisch an… Kein Wunder, das Lenkgetriebe ist locker und das kann so nicht bleiben. Der Mechaniker anscheinend keinen Plan und ich eigentlich von C-Klassen auch nicht. Jedoch hilft da nix, er soll den Unterfahrschutz und eine Traverse entfernen, dann kommt man an die Lenkung ran und wir sehen was fehlt. Ich zeige ihm welche Werkzeuge er braucht und die beiden Alten freuen sich dass jemand aus der Heimat von Mercedes sich ihrem Problem annimmt. Ich mache derweilen Frühstückspause und noch etwas Wartung am MB608.

Es stellt sich dann heraus, dass die Gummilager der Lenkung fehlen (wahrscheinlich der schlechten Straßen wegen…) und ohne hat alles zu viel Spiel. Er soll also etwas dicken Gummi besorgen um eine Notlösung zur Befestigung zu nutzen. Wie ich Marokkaner so kenne bleibt das dann so lange bis wieder nix mehr geht. Aber alle sind zufrieden und nach ner weiteren halben Stunde rollte der Benz wieder. Mir wird sofort ein Job angeboten und ich solle doch bitte mit ihm in der Werkstatt viel Geld verdienen… nein Danke, ich hab jetzt ein paar Jahre Urlaub.

Weiter nach Westen in unbekanntes Terrain verlasse ich in nur wenigen Minuten die schöne grüne Landschaft im Tausch gegen diese Aussicht hier.

Karg und einsam, immerhin entspanntes Gleiten bei meiner bevorzugten Reisegeschwindigkeit von 60km/h. Mich hetzt nix und hab sowieso kein Ziel für heute. Das geht ungefähr ne Stunde so und ich komme ans Ende der Strommasten die mich am Straßenrand schon irritiert haben. Eine große Mine erscheint in der Senke neben mir. Umgeben von etlichen Hütten da keine Siedlung weit und breit.

Normale Fotos zeigen nur einen kleinen Ausschnitt, das erscheint hier etwas wenig denn die Miene ist hier die Lebensader und in etlichen Kilometer das einzige überhaupt in der Gegend. Strom, Wasser, Infrastruktur und ne Wohnungen am Arbeitsplatz. Nicht grade idyllisch aber was will der Marokkaner mehr?

Ich hab mit der Abkürzung durch diese trostlose Gegend quasi den Umweg um Ouarzazate umgangen und bin auf direktem Wege nach Taznakht um der N10 weiter in Richtung Agadir zu folgen. Taliouine soll für heute noch mein Ziel sein, da vorher die Strecke noch echt hoch in den Bergen liegt und es damit zu kalt ist. So kommt es auch dass kurz vorm Ziel eine wahnsinnige Abfahrt auf mich wartet. Mir kommen nur alt bekannte schleichende LKW und voll beladene langsame Transporter entgegen. Der Höhenunterschied ist mit über 500m gewaltig und das Klima gleich wieder angenehmer (also über 20grad bitte)

Ich habe aber wie üblich keinen Bock auf Menschenmengen und finde vorm Zentrum am südlichen Hang hinter einem Sportplatz ein stilles Plätzchen für den Abend. Direkt dort gab es auch eine sehr interessante Ruine nahe der Hauptstraße, die ich mir am kommenden Morgen mal näher ansah.

Kasbah du Glaoui sagt meine Karte und viel ist nicht mehr übrig, eine Seitenwand schon komplett eingefallen. Auf der anderen hält sich wacker eine kleine Herberge und stützt somit den Rest der Lehmburg. Rein kommt man nicht, kann aber von außen den vergangenen Prunk noch erkennen. Mosaiken und Säulen im Inneren des sonst unscheinbaren, sich an den Rest der Umgebung anpassenden Äußeren.

Ich hab keine weiteren Bedürfnisse und fahre zielstrebig durch die Stadt in Richtung Westen. Taliouine für Safran bekannt und auch schon auf meinen früheren Routen besucht. Immer wieder erstaunlich wie solche irgendwie kleinen Ortschaften mit Häusern und Geschäften hauptsächlich am Straßenrand der Nationalstraße gelegen ohne besondere Sehenswürdigkeiten zur Berühmtheit gelangen. Aber wie auch die letzten Kilometer ist in alle Richtungen wenig Zivilisation und der Knotenpunkt hier der wichtigste Faktor.

Die N10 ist die südliche Umfahrung des Hohen Atlas und nun auch nicht weiter meine Wunschroute. Ich biege im nächsten Ort auf eine kleine Straße in Richtung Igherm und damit mal wieder den Berg hinauf.

Nur noch kleine Dörfer säumen ab und an die einzige Route durch das Tal. Beidseitig nix als Steine weit und breit, die Vegetation mehr als spärlich. Mit Azaghar ein größeres Dorf wo anscheinend ab und an ein Souk abgehalten wird. Der Marktplatz mit den gegebenen Baumaterial Steinen soweit möglich recht hübsch dekoriert.

Jedoch alles weit und breit wie ausgestorben, kein Geschäft, kaum Geräusche, nur ein Arbeiter werkelt an einem Haus gegenüber. Kann man sich kaum vorstellen, dass hier einmal wöchentlich was los sein soll.

Ab jetzt geht es mit einer kleinen Richtungsänderung ein anderes Tal hinauf. Die Flüsse die hier ab und an gewaltige Wassermassen führen enden alle im Souss der wiederum Lebensader für das gleichnamige grüne Delta östlich Agadirs ist. Im August gab es wie auch im Hohen Atlas viel Regen und hat augenscheinlich auch hier einige Verwüstungen angerichtet.

Die Asphaltstraße überspült und irgendwann weggerissen. Alles wälzt sich mit den Massen, von Treibgut und Müll natürlich auch massig Sand und Steine.

Wie man im Hintergrund erkennen kann sind dann die Kanäle der Betonfurten verstopft und irgendwann bricht alles ab. Eine Umleitung gibt es dann erst wieder durchs Flussbett wenn das Wasser abgeflossen ist. Da sich die Straße immer wieder links und rechts des mäandrierenden Bettes schlängelt (Wasser sucht sich ja seinen Weg) sind die Verwüstungen allgegenwärtig.

um das mal live zu verfolgen ein kleines Video zur schon geräumten Piste als Umleitung.

Das Tal endet irgendwann natürlich oben am Berg und mit fast 1900m erklimme ich einen weiteren Pass. Den ganzen Tag heute sind mir erst sehr wenige Autos begegnet. Ich hab eine entspannte Reise mit einigen Pausen und Ausguck per Fernglas, doch auch selten interessantes an den Klippen und Gipfeln zu sehen. Der Blick zurück von oben dann doch irgendwie hübsch.

Zumindest auf die letzten Meter gab es ein paar Palmen und urbaren Boden, deshalb auch gleich ein paar Häuser und schon siedeln Menschen. Interessant hier der Mix aus kleinen alten Hütten und modernen großen Quadern.

Nach dem Pass wie erwartet abwärts. Atlas hat seine Kurventaktik nun umgestellt und macht aktiv mit. Schon immer mag er es lieber raus zu gucken wenn es mehr als nur gerade aus geht. Sein Platz mit einem weiteren Polster nun bis zum Armaturenbrett erweitert. Jeder Einheimische wundert sich über diese Großzügigkeit, da man sich im Taxi schon zu zweit den normalen Beifahrersitz teilt und hinten vier Leute nebeneinander bekommt. Solche Doppelsitzbank wäre also locker für drei Personen ausgelegt. Anhalter kann ich so nicht mitnehmen, der Fußraum ist voll mit Technikgeraffel wie Kompressor, Seilwinde und Wasserkanister.

Igherm dann zwar noch verschlafen aber zumindest mit etwas Leben. Es gibt ne Tankstelle, ein paar Shops mit Obst und Gemüse, nen Fleischer mit Spende für den Hund und auch ein Restuarant wo ich ne Suppe bekomme. Die meisten Cafes unten am Straßenrand haben echt nur Kaffee und Tee und ich muss in die kalte obere Etage eines Hauses um was Warmes zu Essen. Lubia, also nen Teller Bohnen mit Brot genau das richtige jetzt. Ich kann nur nicht verstehen, wie drei Einheimische in Winterjacken in der schattigen Kälte sitzen nur um das smartphone am Kabel hängen zu haben und abwechselnd die ganze Zeit sich irgendwelche plärrenden Videos anzugucken. Zeit totschlagen…? Da wüsste ich weit besseres. Keiner von denen hatte was gegessen oder auch nur miteinander gesprochen, der Einzug der modernen Gesellschaft, willkommen Fortschritt juhuu. Jeder wie blöd auf sein Display schauend sich die Dummheit und Lügen der Welt einzuverleiben. Prost Mahlzeit.

Schnell wieder ab in die Sonne und raus aus den Bergen. Der Tag ist noch jung und meine Liebste Region in Marokko nicht mehr fern, das dann aber im nächsten Beitrag.

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