UNESCO Erbe Höhle Altamira

Nach meiner entspannten Nacht am Strand konnte ich morgens im Sand joggen, das ist Urlaub. Der Ort immer noch wie ausgestorben, ist denn die Saison hier im Norden schon vorbei? Am Wetter gibt’s nix zu bemängeln.

Ich bin in Kantabrien und meine Richtung heißt demnächst ne Weile gen Westen. Die Karte zeigt die üblichen Symbole, auffällig sind hier nur die Vielzahl der Höhlensymbole und ich befrage mal googel dazu. Volltreffer, wie es scheint ne große Nummer hier und unter anderem Zehn besonders sehenswerte wo auch die Unesco ihr Kulturerbesiegel aufgedruckt hat. Von einer lese ich immer wieder, “Altamira”

Ich lasse Santander aus und halte auf Torrelavega zu. Besagte Höhle von Altamira ist mit wenig Umweg zu erreichen und ich bin Frühaufsteher, heißt also pünktlich gegen Öffnung 9Uhr am Eingangstor. Tor zu einer Höhle, nein ein riesiger Parkplatz vor dem Museum welches den Nachbau einer Höhle zeigt. Das Original nur wenige Meter daneben um trotzdem das Gesamtgefühl der Region zu verstehen. Klang für mich auch erst abwegig und enttäuschend, macht aber wirklich Sinn. Die Höhle von Altamira war Jahrtausende verschüttet und erst im späten 19.Jh wieder entdeckt. Sie enthält die erstaunlichsten Zeichnungen zwischen 30-12.000 Jahren alt und wurde in den 70er Jahren so stark frequentiert, dass die Erwärmung und Feuchtigkeit durch Atemluft der Besucher das Kulturerbe fast zerstört hätten.

Für die Eintrittsgebühr von lächerlichen 3,-€ bekommt man ein Museum mit Exponaten und Erklärungen der Lebensumstände zu dieser Zeit. Nachgespielte realistische Videosequenzen von Lederherstellung, Feuer machen und Waffenherstellung samt Jagdszenen. Im Vergleich dazu sogar Dokumentationen von heute noch lebenden Urvölkern wie Buschmänner, Aboriginals und Inuit mit deren Methoden.

Und man ist berechtigt an einer Führung durch den Höhlennachbau teilzunehmen. Dazu gibt es ein Kärtchen mit Uhrzeit und ich entscheide mich erstmal zu warten, da grad ne Gruppe US-amerikanischer Teenager angekarrt wurde. Im Rudel echt ein Haufen geballter Blödheit auf Bildungsurlaub in Europa… Generell wird es aber ordentlich voll, der große Parkplatz hat seinen Grund.

Meine Führung mache ich dann mit einer gemischten Gruppe Senioren aus England und Spanien, die Erklärungen an den Posten jedoch auf spanisch und ich verstehe nur die Hälfte, lasse also hauptsächlich die Höhle auf mich wirken.

Der Nachbau alleine unglaublich Detailgetreu, und wir reden nicht von einem Verschlag, sondern einer recht ordentlichen Größe von einigen Hundert Quadratmetern. Im oberen Bereich am Eingang ist eine Alltagsszene dargestellt, als nächstes sogar eine Ausgrabung im Schnitt, welche mehrere Lagen unterschiedlicher Epochen und deren Hinterlassenschaften zeigt. Schon unglaublich, dass wir mit unserem zeitlichen Horizont vielleicht 500Jahre bis zum Mittelalter Familienbande und Ahnen zurückverfolgen können, hier aber schon mehrere Tausend Jahre unterschiedliche Gruppen von Bewohnern hausten.

Ich habe dass Glück eine weitere Gruppe Rentner mit einem gut verständlich englisch sprechenden Spanier zu sehen und schleiche mich einfach dazu und nutze die Führung erneut. Erneut bin ich erstaunt und kann verstehen wie einzigartig diese Entdeckung hier war. Hauptattraktion natürlich die Höhlenzeichnungen die auch schon Picasso bewundern durfte. Die natürlichen Gegebenheiten der Höhle wie Risse und Vorsprünge wurden in die Bildnisse mit integriert. So zeigen einige herausstehende Buckel schlafende Bisons, mit Holzkohle und Ocker in verschiedenen Schattierungen dargestellt.

Die Vielzahl der Zeichnungen an der Decke mit jeweils unterschiedlichen Motiven ist jedes Mal erstaunlich genau im Verhältnis.

Auch das Thema Perspektive wurde schon benutzt… und dann wieder Tausende Jahre in der Malerei in Vergessenheit geraten. Der Fels links zeigt einen zum Körper in den Raum gedrehten Kopf, ein Meisterwerk. Und danach 10.000 Jahre später bei bedeutenden Kulturen wie den Ägyptern die angebliche die Pyramiden erbaut haben sollen wieder nur 2D Profilansichten.

Man muss dazu bedenken, dass der originale Boden der Höhle nur einen Meter von der Decke entfernt und es hier unten stockdunkel war. Feuer als Lichtquelle wird wegen fehlendem Ruß ausgeschlossen. Die Position des Künstlers alles andere als bequem und der Sinn dieses Aufwandes auch nicht klar herauszufinden. Verschiedene Generationen haben hier verschiedene Bilder an die Wände gemalt oder gekratzt…

Was man schwer erkennen kann ist später mal digital nachgezogen und erstaunlich detailgetreu.

Man merkt es, ich bin überwältigt von der Altamira und kann es nur sehr empfehlen sich das mal real (kopiert) anzusehen. Es gibt weiter hinten auf dem Gelände noch eine Ausstellung über die Kunst der Duplikation der gesamten Höhle, das alleine ein Meisterwerk. Dort findet man auch solche Skizzen welche die Künstler zur Reproduktion der Bilder nutzten.

Alles in allem ein tolles Gefühl mal hier gewesen zu sein und nicht ohne Grund UNESCO Welterbe. Hier mal ein paar Clips aus der Höhle und vom digitalisierten Film vor 15.000 Jahren.

Filmclips der Altamira Höhle

Man merkt also mein Erstaunen und alleine dieser Besuch hat meinen Exkurs an die spanische Nordküste legitimiert. Sollte jeder mal gesehen haben. Ich hab mir auch gut Zeit für alles gelassen und Mittag ist schon vorüber. Ich koche also ganz entspannt noch auf dem Parkplatz und ziehe dann meines Weges durch das recht beschäftigte Örtchen unterhalb der Höhle Santillana del Mar, anscheinend der ideale Ausgangsort für Höhlenerkundungen in der Gegend. Ich nehme die Küstenstraße nach Comillas um dahinter am Strand von La Rabia meine Mittagspause zu genießen. Atlas durfte nicht mit auf das Ausstellungsgelände und hat im Bus Wache gehalten, dafür jetzt seine Zeit am Strand verdient. Fühlt sich langsam wirklich wie der lang ersehnte Urlaub an.

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