Agadir, Marrakech und weiter geht’s…

Die letzte Nacht im Urlaub, wir erwachen abseits der Straße auf einem kleinen Hügel mit Blick auf ein Dorf. Hähne krähen, Eseln mit ihren typischen Rufen und etwas Hundegebell, die Nordseite vom Jebel Kest dünner besiedelt und irgendwie auch optisch anspruchsloser. Die Straßen jedoch mit gleicher Anmut durch die Berge geschlungen. Die Stille wird von wenig Verkehr unterbrochen, diesmal aber mit etwas giftigeren Lauten als zwei also Peugeots von einer Rallye die Abfahrt nehmen und Fehlzündungen fabrizieren.

Der letzte Tag vor Christies Abflug steht an, noch 150km und keine weiteren Pläne, wir starten gemütlich und halten zum zweiten Frühstück an einer alten Wehranlage die auf einem Hügel thront. Immerhin hübsch restauriert und anscheinend auch mit ner Unterkunft versehen.

Noch lange kein Vergleich zu europäischen mittelalterlichen Festungen, doch auch hier eine anstrengende Meisterleistung zur damaligen Entstehung. Strategisch günstig überschaut man vom Berg aus die umliegende Ebene.

In der Gegend gibt es sonst auch viele Agadire zu bestaunen. Das sind frühere Speicherburgen in denen Lebensmittel und Wasser geschützt und gelagert wurden. Die meisten in den Bergen und für uns nix Neues, also bleiben sie in Ruhe. Wer genauer hinschaut sieht immer mal Ruinen am Wegesrand. Aus dem selben Gestein wie der Untergrund gestapelt und gehauen und deshalb allein schon gut getarnt.

Die letzten Kilometer dann in einer eintönigen Ebene der Großstadt Agadir entgegen. Diese können wir zum Glück auslassen, da der Flughafen östlich davon liegt und wir aus der Richtung kommen. Doch der vorgelagerte Bereich um Ait Meloul soll für heute nochmal zum snacken dienen. Dort kennen wir uns aus und besorgen noch Mitbringsel für die Heimat. Es gibt wieder das volle Programm regionaler Speisen, unglaublich günstig. Die Portion Fisch hier für 5dH, lecker!

Ihr Flug geht sehr zeitig und eine Übernachtung in nächster Nähe nahe dem Schrottplatz ist clever. Noch vor Sonnenaufgang ist sie dann eingecheckt und ich wieder auf Solo Pfaden unterwegs. Atlas nimmt seinen angestammten Platz auf dem Beifahrersitz ein und auch für mich ist damit der „Urlaub“ beendet. Ab jetzt heißt es Heimreise… und damit täglich stundenlang am Steuer.

Immerhin wird die Landschaft grüner und die Straßen werden besser. Ich nehme zum ersten Mal die direkte Verbindung Agadir – Marrakech auf der N8. Es gibt im selben Tal auch eine Autobahn, die nach letzten Informationen aber bis kurz vor Casablanca immerhin 25,-€ kostet. So eilig hab ich es dann auch nicht und viel schneller könnte ich sowieso nicht. Es ist hübsch, würde aber immer wieder den Umweg und die N1 bei Essaouira als schönere Route wählen. Jetzt aber ist der Weg das Ziel. Nur ein Zwischenstop für heute in Planung. Marrakech.
Wer jetzt denkt ich schmeiße mich ins Getümmel auf dem „El Fna“ oder hab andere Sehenswürdigkeiten im Zentrum vor der irrt. Allein der riesige Schrottplatz im Norden die „Ferraille“ zieht mich an. Nicht dass ich dringend Ersatzteile brauche, nur mal gucken und vielleicht nen Bullenfänger für den Bus? Ich war schonmal hier, es ist gigantisch. Ein ganzes Viertel mit Querstraßen sieht so aus.

Es ist ein Chaos, ich glaube ein Großteil der Teile gelangt hier in Vergessenheit. Ein weiterer Teil wird bei der Lagerung im Haufenprinzip beschädigt und zerstört. Effektiv waren die Marokkaner noch nie. Oben drauf noch der Umweltaspekt, der dem ganzen hier die Krone aufsetzt. Motoren lagern offen auf dem Boden… vor ein paar Tagen hatte es erst geregnet…

Aber es gibt auch verborgene Schätze und hoffentlich bald jemanden der sie rettet.

Ich hab meine Zeit genug vergeudet, wurde bei nichts auf meiner Liste fündig. Ich verlor auch schnell die Lust mich durchzufragen und überall hin geschickt zu werden. Hier braucht man Zeit, die will ich dafür nicht opfern. Weiter geht’s auf der N8 nach Norden. Die Großstadt ist umgangen und bald wieder freie Fahrt voraus.

Bei Ben Guerir drückt die Blase und gleichzeitig erweckt was am Straßenrand meine Aufmerksamkeit. Eine Großbaustelle mit weißen Gebäuden und arabischen Bögen, einem Turm und großem Platz davor. Eine Moschee entsteht hier und ich nutze die Chance.

Als Ungläubiger darf ich ja keine Gotteshäuser des Morgenlandes Betreten, noch ist es aber nur ne Baustelle und auch der alte Wächter am Eingang versteht mich und sieht das ähnlich. Er ist so freundlich und führt mich sogar herum.

Der Eingangsbereich großzügig, ich dachte schon ich bin im großen Saal, der ist aber direkt dahinter.

Der Gebetsraum groß und hell. Stuck und Intarsien an den Wänden und Säulen, der Boden wird noch gefliest und ist später mit Teppich bedeckt. Die Decke mit Holz verkleidet und auch bunte Fenster sind zu erkennen. Es gibt kein vorne oder hinten, keinen Altar keine Orgel. Doch irgendwo am Ende geht es verschlungen eine Treppe hinauf.

Der Alte folgt mir sogar keuchend die Treppe des Minarettes hinauf obwohl ich ihm bedeutet habe ich komme gleich wieder. Er spricht wenig französisch und hat trotzdem zu allem was zu erzählen. Zeigt mir Dinge und stellt mich den Arbeitern vor. Von oben dann der Blick zum Bus an der Straße. Das Gelände umfasst weitere Gebäude, deren Funktion ich nicht ganz ergründen kann. Eines hat was mit Frauen zu tun, hinten gibt es was für den Imam und das rechts im Bild ist ein Kino. Bitte was? So richtig mit Leinwand und Sesseln? muss ich sehen.

Sessel noch nicht da, oder auch hier bevorzugt man später Teppiche? Der Aufbau aber wie in einem normalen Theater mit Bühne und verschiedenen Rängen. Hab zwar keine Ahnung was dort mal gespielt werden soll. Propaganda? Man geht mit der Zeit oder geht halt mit der Zeit… man stelle sich vor auf dem Petersplatz würde Ben Hur zum public viewing gezeigt. Mir reicht’s, ab hinters Steuer.

Brandenburg lässt grüßen… doch noch nicht ganz. Die Landschaft bietet hinter den blassgrünen Feldern und den Strommasten noch hübsche Berge am Horizont. Immerhin hat die Straße nun schon deutsche Qualität. Ist das aber ein Fortschritt? Zum Fahren ja, für’s Fahrgefühl aber ein derber Verlust. Ich glaub ich hab heute genug gemacht. Zwischendurch mal (mehrfach) meine Kardanwelle zerlegt und eine Drehung weiter wieder zusammen gebaut. Ja, bei der Reparatur hab ich wohl nicht auf die Wuchtung geachtet und merke nun (da endlich gerade Straße) etwas Vibration. Nun wieder im grünen Bereich. Außerdem stand noch ein Ölwechsel an. Stört hier niemanden wann und wo, ich hab mir nen ebenen Stellplatz gesucht und Wanne sowie Lappen drunter gelegt. Jetzt schmiert der 240er wieder mit neuem Gleitmittel. Abendessen mit Aussicht ist gewünscht.

Gleich hinter den Bäumen fließt der Oum Rbia und damit ein ganzjähriger und größerer Fluss des Landes. Die Vegetation hier immer europäischer. Heimische Gefühle auf dem Weg in die Heimat… eigentlich noch viel zu früh dafür wie ich finde. Atlas kann baden und die schattigen Bäume sind mal ganz erholsam. Genug für heute, Morgen kann ich ausgeruht in der Frühe starten und Kilometer schrubben.

3 Gedanken zu “Agadir, Marrakech und weiter geht’s…

  1. Michael Lüthje schreibt:

    Hey Philipp, ist ja lustig, während eines Stopps kurz hinter Besançon auf den Weg mit unserem Düdo gen Süden lese ich euphorisch deinen letzten Blogeintrag, schon kommst du uns einige Minuten später entgegen :-)))) Sachen gibts…Erinnerst du dich?
    Wünschen dir eine gute Heimreise.
    liebe Grüße
    Nicole&Michi

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