Transitstrecke durch Mauretanien

Das sandige Land ohne Grünzeug (weder am Straßenrand noch auf den Märkten) bietet uns ohne 4×4 Antrieb keine neuen Abenteuer. Das Ziel ist Dakhla und damit planen wir die komplette Strecke durch Mauretanien als Transit auf direktem Wege unter die Räder zu nehmen. Unser ruhiger Schlafplatz abseits der Route nach Nouakchott bietet uns am Morgen trübe Aussichten. Der ideale Tag um Strecke zu machen.

Südlich der Hauptstadt würde das alles mit besserem Asphalt auch deutlich flüssiger voran gehen, so aber ziehen sich die Stunden eher hin als die Kilometer auf der geplanten Tagesetappe. Schlaglöcher sind wir seit der Casamance nicht mehr gewohnt und wenn sogar ganze Streckenabschnitte fehlen fragt man sich, wozu der ganze Scheiß.

Als weitere Hindernisse noch vor den frei herumlaufenden Dromedaren sind die Sandverwehungen mit Dünenausläufern auf die Fahrbahn eine gefährliche Angelegenheit. Spätestens bei Gegenverkehr ist nicht mehr viel Platz für falsche Entscheidungen.

Die Ergebnisse sieht man dann recht häufig und mahnend am Straßenrand liegen geblieben, als sandgestrahlte Skulptur deutscher oder französischer Herkunft. Mauretanien wird uns ewig als Land der Autowracks in Erinnerung bleiben, einerseits die fahrenden Schrottmühlen auf den Straßen und die geplatzten Reifen und ausgeschlachteten Karossen im Graben oder halb unter Dünen verweht.

Warm wird es trotz der dünnen Wolkendecke und der Asphalt ist rau wenn überhaupt mal durchgängig. Dass dies alles nur mit Tribut zu benutzen ist zeigt sich recht bald mit Knall und Schlagseite am Mb407. Reifenplatzer hinten rechts. Wenigstens am Straßenrand basteln und nach etlichen Tausend Kilometern kommt endlich das „neue“ Reserverad zum Einsatz. Hatte schon überlegt ob ich den teuren Gummi aus Guelmim nutzlos gekauft habe und spazieren fahre. Ein sandiger Wind weht mir unterm Bus um die Ohren und es knirscht zwischen den Zähnen, tolle Etappe.

Wie gesagt, Altreifen sieht man im Faktor 10 häufiger als Wracks am Straßenrand liegen. Manchmal vielleicht sogar erst Ursache von Altmetall das niemand wegsammelt. Der Benz hier zum Beispiel ausgebrannt und nur ein Kotflügel verformt.

Wie auch auf dem Hinweg und der Route von Nouakchott nach Osten ist südlich der Hauptstadt dann endlich Besserung auf die Agenda geschrieben. Straßenbau der anderen Art, hab ich ja vor einigen Wochen schon berichtet. Nun mal wieder live und mit Kopfschütteln zu bewundern. Warnungen Fehlanzeige, Umleitungen ebenfalls, man muss sich seinen Weg entweder rechts oder links auf immerhin breitgefahrenen Pisten suchen. Diesmal fand ich links besser und den Gegenverkehr stört es aus Gewohnheit wenig. Die schweren Pistenraupen fräsen sich durchs Gestein, welches später erneut verdichtet wird und dann mit einer hauchdünnen schwarzen Asphaltdecke überzogen wird… auf die nächsten zwei Jahre glatte Fahrt.

Doch irgendwann erreichen wir die Hauptstadt und haben nicht vor zu bleiben. Kleine Erledigungen, vor allem den Reifen mit neuem Schlauch bestücken stehen an. Hände schmutzig machen reichte mir heute beim Wechsel, den Gummi von den Sprengringen schieben und abdrücken sowie den Schlauch wechseln überlasse ich dann für ortstypische 100,-N-Ouguia den „Profis“ (also der neuen Währung mit fehlender Null am Ende – macht knapp 2,50,-€).

Ganz ehrlich sind die Jungs auch viel geschickter und haben eine Hammerschlag-Hebeltechnik um mit zwei Winkeleisen die Felge ohne großen Aufwand zu teilen. Nebenan wird während dessen ein Bremer bis zur räumlichen Grenze beladen. Altreifen, auch total defekte wandern hier zu ihrem neuen Bestimmungsort. Ich hoffe nicht einfach nur in die Wüste, konnte nach Gesprächen eine Form des recycling herausfinden aber nicht verstehen, vielleicht für Umzäunungen von Grundstücken oder dekorativ genutzt.

Der Tag schon gut fortgeschritten, schaffen wir es noch aus der Stadt auf die Route nach Marokko um irgendwo am Straßenrand Lager zu beziehen. Hier in Dunkelheit fahren wäre mehr als fahrlässig. Die LKW nehmen keine Rücksicht und ausgefranste Ränder sind ebenso gefährlich und schwer zu entdecken wie Schlaglöcher oder Gegenverkehr der schläft oder nichts sieht. Erst im Morgengrauen soll es weiter gehen. Hell wird es nicht so richtig heute Morgen und ungewohnte aber doch vage in Erinnerung dringen bekannte Geräusche an mein Ohr. Der Bus wird von Oben mit vielen kleinen Treffern zum knistern gebracht. Wasser in Tropfenform und ich glaube seit November nicht mehr in real erlebt. Dass ich das mal erleben kann, Regen in der Wüste. Wenn auch in der Summe nur wenige Tropfen und die im Sand verschwunden bevor man gucken kann, läuft zumindest am Bus ein Rinnsal hinunter.

Die nächsten Stunden geradeaus dann auch noch mit leicht trüber Sicht… langweiliger kann Autofahren gar nicht sein… Ablenkung muss her, wenn auch sicherlich nicht die vernünftigste. Dabei helfen aber die Kopfhörer das monotone Brummen auf erträgliches Maß zu reduzieren.

Ab und an lässt der immer noch bedeckte Himmel weitere Tropfen fallen, man könnte hoffen die Karre wird nun sauber und der rote Staub der westafrikanischen Pisten wird abgewaschen.

Doch er verteilt sich nur anders und die Wolken sind auch bald verschwunden, schnell wird es wieder heiß und kein Ende in Sicht. Kein Wunder warum man hier vor jedem leichten Knick lieber nen Straßenschild stellt bevor wieder einer von der Bahn abkommt.

Abwechslung fürs Auge bieten nur immer wieder lange schwarze Streifen auf der Fahrbahn, welche von unbemerkten Reifenplatzern bei den zahlreichen LKW zeugen.

Schadenfreude ist nicht gut und so holte mich ein weiterer Schaden heim, diesmal der andere Gummi und auch der verlangte nach nem neuen Schlauch, so plötzlich wie er die Luft hinaus lies und mir Schlagseite gab.

Bevor es jetzt wieder Kommentare gibt, ja ich fahre Sprengringfelgen mit Schlauchlosgummis und muss deshalb trotzdem Schläuche einziehen. Normalerweise gehören da 9x16zoll rein bei den 265/75er Schlappen die ich drauf habe. Die gibt es hier aber nicht, also maximal 7,50er. Deshalb erwärmt sich der Reifen schneller und kann mit Restpartikeln Sand (Hallo, ich bin in der Wüste) mehr Reibung erzeugen und platzen. Reifen super, Felgen-Kombination doof!

Fotogener kann man den Nothalt aber nicht positionieren, nur von Sand umgeben ist auch das ein toller Anblick. Die Düne zur Rechten ermöglicht oben auf dann etwas Weitblick… ins Nichts.

Aus der anderen Perspektive und mit immer wieder herannahendem Verkehr im Rücken doch nicht der ideale Platz zum Radwechsel auf der Fahrerseite.

Diese Kurzhauber genannten Mercedes LKW aus den 60er und 70er Jahren sind hier das Zugpferd der Logistik.. immer noch. 911er und trotzdem keine Porsche, hübsch rund sind die allemale. Irgendwie ist grün die beliebteste Farbe und hinten dran hängt alles was man sich vorstellen kann.

Ich will nicht in die Verkehrsstatistik von Mauretanien sehen, aber anhand einiger Wracks zu beurteilen kann die nicht sehr gut aussehen. Ein Land so groß wie halb Europa mit der Einwohnerzahl von Berlin und gefühlt nur knapp 2000km geteerter Straße geziert von Wracks im Kilometerabstand… grausam.

JA, ich hatte Langeweile und viel geknipst…
Da braucht man nicht erstaunt zu sein, in jeder noch so kleinen Ortschaft als erstes (natürlich beidseitig) Reifendienste und Mechaniker mit Abschleppangebot vorzufinden. Finden ist aber besser als Suchen und so mussten wir erneut zum Flicken anhalten. Anderweitig lohnt ein Stopp eher nicht. Wie schon in den vorherigen Blogs über Mauretanien erzählt gibt es keine Esskultur. Totes Fleisch am Straßenrand hängend wird auf Kundenwunsch ausgewählt und ohne Gewürze oder Saucen gegrillt zu Brot serviert. Falls Nachschubmangel herrscht sitzt meist schon die Ziege für Morgen (oder halt später) neben der Verwandtschaft, die heute das Pech hatte kopfüber und von Fliegen behangen angepriesen zu werden.

Die Ortschaft Chami, nur andeutungsweise auf der Karte verzeichnet erstaunt mich dann zum zweiten Mal bei der Durchfahrt. Größenwahn oder Verschwendung von Steuergeldern oder Hilfsmaßnahmen. In einem Land wo viele Menschen hungern steht in einem spärlich bewohnten Dorf mitten in der Wüste eine Armada von Solarlaternen in Abständen wie sie auf deutschen Straßen nicht zu finden ist. Einzige Erklärung… falls mal ein verirrtes Flugzeug genau hier nachts notlanden will ist die Bahn dafür gut beleuchtet.

Im Gegensatz dazu und nur wenige Kilometer weiter weht ständiger Wind Sand über die Fahrbahn. Hier immerhin, anhand der Spuren sichtbar, mit schweren Baufahrzeugen in Bearbeitung. Die Trasse noch schemenhaft zu erkennen, das Fahrgefühl auf Sand ab handbreit Dicke eine wackelige Angelegenheit. Es wird dunkel und wir suchen uns bald wieder nen Platz für die Nacht.

Etwas dekadent, fast schon pervers geht es am nächsten Tage bei mir im Bus weiter. Meine letzte frische Wassermelone aus dem Senegal dient mir zum Frühstück. Ein Farbtupfer in sonst einheitlichem beige. Ich kann immer noch nicht verstehen, wie das die Wunschfarbe der meisten Allrader und Offroadfahrzeuge ist, Rommel lässt grüßen. Hier abseits der Straße zu versacken bedeutet nie im Leben gefunden werden zu können.

Die letzten Kilometer Mauretanien liegen vor uns, wenn nix weiter schief geht haben wir den Transit durch die Sahara ohne Risiko und Nachtfahrten, ausgeschlafen und mit ausreichend Pausen in unter 60Stunden absolviert… nicht schlecht für mein behäbiges Wüstenschiff.

3 Gedanken zu “Transitstrecke durch Mauretanien

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