Kokospalmen bei 35grad – endlich

Unser paradiesischer Privatstrand scheint so ziemlich der einzige Sandstrand in ganz Guinea zu sein. Wir mussten lange suchen um nicht nur Mangroven am Übergang zum Meer zu finden. Doch nun können wir ein paar Tage entspannen. Über das Wetter brauche ich keine Worte verlieren, sonnig – heiß – Sommer. Die Busse stehen im Schatten der Palmen, welche auch super zum slackline montieren sind. Die Hängematte neben dem Pavillon ist Ruhepol und Leseinsel, Und über Atlas‘ Freiheit kann ich auch nur spekulieren, er kommt und geht, hat er sich auch verdient nach so vielen Tagen Fahrt.

Der erste Sonnenuntergang und wieder mal etwas verfrüht, da Dunstschwaden am Horizont die glühende Kugel ne handbreit über dem Wasser verschlucken. Aber ein Anblick auf den ich lange gewartet habe. Keine Geräusche von Zivilisation um mich herum, Wellenrauschen, ein paar Vögel, rascheln der Palmen. Herrlich.

Der Strand erstreckt sich sichelförmig knapp 2Kilometer und wir befinden uns fast an einem Ende. Der Nachbar mit der Villa im Bau ist der letzte auf dieser Seite und dann folgt die Flussmündung. Dahinter dann das in der Region berühmte BelAir Hotel. Die andere Seite Sandstrand erstreckt sich bis zur Landzunge mit Mole die mal Hafen für die Mine werden soll. Der letzte Kilometer Wildnis direkt bis zum Wasser. Wir spazieren natürlich mehrmals alles ab und Atlas folgt nur am Morgen oder frühen Abend, um die Mittagszeit in der prallen Sonne echt kein angenehmer Marsch. Beim Nachbarn „Le Dauphin“ ist heute das Restaurant geöffnet. Fleisch und Fisch wird vorbereitet und die Geier sind schon da.

Echt gigantische Vögel und ein paar Adler sind auch darunter. So viele hab ich auch noch nicht hautnah erlebt, bekomme sie aber mal wieder nicht gut vor die Telefon-Kameralinse. Wir bestellen bei Usman, unserem Nachbarn und Restaurantchef Fisch und Huhn für später. Ich hab Olli zu einer Mission überredet, die wir zwischenzeitlich erst noch abhaken müssen. Der Weg führt uns zum anderen Ende der Bucht. Da wo Palmen direkt über der Wasserkante hängen.

Man erkennt die angespülten Schalen am Strand und auch die Nüsse in den Wipfeln, Coco heißt die Frucht der Begierde. Durch schütteln fallen sie nicht ab, man muss schon rauf und mit der Machete nachhelfen.

Ich habe es versucht, selbst mit Kletterausrüstung und war am überlegen die Knöchel zusammenzubinden oder sonstige gefährliche Aktionen zu probieren. Aber die Palme machte später einen Knick nach oben und damit sind die Nüsse ohne Hilfsmittel nicht erreichbar. Unweit im Wald hinter mir hörte ich es aber rascheln und ein Profi machte sich grad dran die Ölpalmen ausbluten zu lassen.

Der Junge verstand zwar kein Wort französisch hatte aber einen aus Lianen geflochtenen halboffenen Ring um die Hüfte, den er am Palmenstamm wie einen Anker befestigte und die 20Meter nach oben binnen 30Sekunden bewältigte. Er muss meine Kletterversuche beobachtet haben und ich gab ihm zu verstehen, dass ich an die Cocos ran will, ob er mir helfen kann. Unser Profi suchte sich eine bessere Palme mit reiferen Nüssen aus und war im Nu oben, hieb mit seinem Hackmesser auf die Stengel ein und erntete in nur 2Minuten knapp 15Nüsse. Freute sich tierisch über die Belohnung, den größten Geldschein seines Landes und die Restbeute der Nüsse die wir nicht mehr tragen konnten. Alle Glücklich. Der Rückweg war lang und anstrengend, zum Glück schon gegen Abend hin und mit nem Seil um die Hüften zog ich 7Kokosnüsse hinter mir den Strand entlang, plus eine im Rucksack und zwei in den Händen ergibt viele gesunde Frühstücksnacks.

https://player.vimeo.com/video/257710631

Der Zwischenstopp beim Restaurant eine Wohltat und unsere Bestellung war auch fertig. Der Eigentümer ein alter Franzose nun auch anwesend und freute sich über Besuch. Das Essen war gut und der Fisch sowie das Huhn mit einer fruchtig tollen Sauce und Erbsen verziert.

Olli freute sich über eiskaltes Bier während ich mit dem hier seit 25Jahre lebenden Nachbarn einige Details absprach. Er telefonierte etwas und erklärte uns eine Route nach Guinea-Bissau, die für uns immernoch ungewisse Situation der Verbindung ins Nachbarland klärte sich hoffentlich. Auch der Bruder von Usman ist in der Region beim Militär und wird uns helfen. Der Abend war nett, es kamen noch gut gekleidete Einheimische im dicken Auto von der Minengesellschaft. Sie bekamen eine zentrale Platte mit riesigem Fisch aufgetischt und fielen alle mit den Fingern über ihn her. Später wurde Musik aufgebaut und es kamen weitere Gäste, wir zogen los. Atlas warte am Bus und es ist schon dunkel, die Nüsse müssen vor der Flut vom Strand gerettet werden.

Am nächsten Morgen dann schon recht professionell in zwei Minuten die Nuss freigelegt, angestochen und ausgetrunken, mit einem Hieb gespalten um an das Fruchtfleisch zu gelangen, lecker. Selbst Atlas schmeckt es, der sich sonst verkriecht wenn ich sein Fell mit Cocosöl einreiben will.

So vergeht ein weiterer Tag in unserem Paradies. Die Erkundungsgänge sind begrenzt von Wasser und trockener Steppe hinter uns. Slackline, Sport und Hängematte. Lesen schreiben und aus Langeweile mehr Essen als nötig.
Am Strand entlang kenne ich schon alles und so zieht es mich bei der nächsten Ebbe über den sichten Fluss um knietief durchs Wasser zum Hotel zu waten. Ich hab kein Internet mehr womit sich super die Zeit vertreiben würde, vielleicht kann ich dort ne Karte kaufen.

Doch auch da ist grad nicht Saison und nur ein paar Bauarbeiter sind anwesend. Der Pool wird gereinigt und irgendwie fühle ich mich hier fehl am Platz. Plastikstuhl Garnituren mit Aschenbecher und ne Bar mit Kühlschrank sind halt nicht mein Verständnis für Urlaub und Paradies. Schnell wieder zurück über den Fluß bevor mir die Flut den Weg abschneidet.

Da lob ich mir doch den Individualtourismus wie beim „Le Dauphin“ gestern Abend. Die kleine Restauranthütte mit Strohdach hat weit mehr Charme und passt in die Umgebung. Die Preise zwar schon europäisch aber Olli hat dankend für die Erledigungen bei den Uniformierten eingeladen und bezahlt. Würde sonst meinen Rahmen sprengen.

Eine Unterkunft mit Blick aufs Meer bekommt man hier auch, was braucht der Mensch mehr als ein luftig schattiges Plätzchen um ungestört die Natur zu genießen? So stelle ich mir ein Paradies vor. Bin zwar langsam wieder in Aufbruchsstimmung und will Neues erleben aber schön ist es hier.

Interessant auch, denn ich habe auf den Erkundungen noch etwas entdeckt. Überall verteilt am Strand und in den Palmenhainen dahinter aufgehäufte Muschelreste. Die Küste hier mit den vorgelagerten Steinen sehr zerklüftet und keine intakten Muscheln oder Schnecken zu finden. Auch diese kleingemahlenen Reste findet man selten am Strand. Die muss jemand wegsammeln.

So war es auch, als ich die beiden Frauen hier entdeckte, die nach ortstypischer Manier die Schalen auf dem Kopf tragen. Das Gewicht aufgrund der Masse geschätzt locker 20Kilogramm und die Bewegungen geschmeidig und langsam. Schwerstarbeit bei 35grad und netter Kulisse.

Ich verfolge sie in gespielt lässiger Touristen Gangart. Auf Hälfte der Bucht verschwinden sie im Dickicht und dahinter entdecke ich eine Lichtung auf der die Muschelreste mit so einigen Sandkörnern dazwischen eingetütet werden. Die üblichen Säcke mal wieder, hier vormals für Mehl benutzt. Es sind rund 10Frauen beschäftigt und auch ein Kerl sitzt dabei und kann sich mit mir verständigen. Logisch wird das Zeug verkauft, Preise kann er mir aber nicht nennen. Die Verwendung ist mir auch wichtiger, Muschelkalk als Baumaterial? Ich bekomme zur Antwort für Hühner zum Futter und für den Kalkhaushalt der eierschalen habe ich sowas schonmal gehört. Das sicherlich aber nicht in diesem Land, wo die zähen Hühner frei umherflattern und Futter finden. Eher schon für eingesperrte fettlaibige Artgenossen auf der ganzen Welt die niemals Zugang zu echter Nahrung haben und ihre Leben in der Nahrungsmittelindustrie fristen.

Wir verbringen noch eine weitere ruhige Nacht im Paradies und ziehen am nächsten Morgen weiter, Olli wäre gerne noch geblieben, aber das Abenteuer ruft. Letzter Blick auf Nachbars Pavillon, ein Stückchen Land hier ist schon schön, würde mich aber auch nicht für den Rest des Lebens glücklich machen.

4 Gedanken zu “Kokospalmen bei 35grad – endlich

  1. Peter K schreibt:

    Der Kletterprofi zapft kein Palmoel ab sondern Palmwein. Koennt ihr mal probieren, etwas gewoehnungsbeduerftig aber nicht ungeniessbar. Gute Reise noch!

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  2. Stefan schreibt:

    Grüße aus Ludwigsburg,

    die Hühner meiner Eltern haben einen großen Freilauf auf einer Wiese. Sie bekommen jedoch auch Muscheln zu-gefüttert. Sonst ist der Anteil an „Haut-Eiern“ zu groß.

    Gruß, Stefan

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