Grenzformalitäten Guinea, normaler Wahnsinn

Unsere Tagesetappe von Siby zur Grenze waren keine 80km. Die Landschaft hier jetzt felsiger und immer wieder Mangobäume und kleine Papaya Plantagen am Straßenrand. Die Dörfer immer noch weit verstreut und die Bewohner meist auf der Route beim Holz sammeln zu beobachten. Trockenes Gras gibt es meterhoch hier sonst mehr als genug die Mauretanier hätten es dankend eingesammelt. Hier jedoch wird Brandrodung betrieben um Ackerflächen zu generieren. Deswegen immer mal wieder schwarze oder qualmende Flächen am Straßenrand.

Und dann waren wir plötzlich in Kourelmane, laut maps.me ein Dorf in Guinea. Die letzten Kilometer jedoch auch hier auf malinesischer Seite schon eine Ansammlung von Hütten und Perlenkette von Verkaufsständen. Wir fahren im Schrittempo und halten die Augen offen. Ich brauche noch ein Andenken aus Mali und ein uriges Bild bleibt mir immer im Sinn. Die Bauern mit ihren altertümlichen Werkzeugen auf die Schulter gelegt, solch eine Hacke würde sich recht praktisch auch bei mir im Kleingarten machen. Das Ding kostet nicht viel, ich wollte jedoch gegen eine große Bügelsäge tauschen die ich ungenutzt mitschleppe. Damit kann der Verkäufer von Baumaterialien aber nix anfangen. Auch meine Wasserwaage will oder kennt er anscheinend nicht. Es kommen zwei weitere Kumpels und mein letzter Versuch fruchtet. Alle freuen sich als es für jeden ein T-Shirt gibt. 500m weiter dann sowas wie ne Barriere auf der Straße.

Wir halten davor und müssen uns wie üblich von Gendarmerie und Polizei sowie Zoll abmelden und ausstempeln. Eigentlich ne Sache von Minuten… wenn wir nicht in Afrika wären. Jeder ist mit seinen Dokumenten sehr akribisch und liest als wenn sein Leben davon abhängen würde. Es dauert locker ne Stunde und wir haben einen weiteren Stempel im Pass und einige Andere auf dem Passavant welches im Original aber beim Zoll liegen bleiben musste.

Immerhin wollte niemand Geld für seine Dienste haben. Hat ja schon gereicht, dass ich mich 100m vor dem Ort, also knapp einen Kilometer vor der Grenze mit der Mautstelle rumstreiten musste und 1000CFA zahlen musste obwohl mein Ticket ab Bamako bis hierher galt (für welches ich unterwegs 500,- bezahlte) Das gilt jedoch nur an einem Tag und wenn ich am Nächsten ankomme muss man erneut zahlen, hat mir auch die Polizei bestätigt, und er verstand nicht, dass wir nur übernachtet haben weil unser Visa erst ab heute gilt… Der Anschiss lauert überall und lässt einen schlechten Nachgeschmack mit dem Bestechungsversuch bei der Einreise.

Ok, die Schranke öffnet sich, wir winken freundlich und befahren nun die Straße in Guinea. erster Stop Gendarmerie. Vor der Tür Unmengen von Geldwechslern, Schwarzmarkt ist hier nix Illegales. Ich behalte den Typen mit unseren Pässen im Auge der sie einem anderen Uniformierten weiterreicht nachdem er 5Minuten drin geschmökert hat. Wir haben Zeit und es ist erst Mittag. Aber brütend heiß und die Busse stehen in der prallen Sonne, alle Fenster offen, der arme Atlas. Ich darf mich auf eine Bank zu den anderen Wartenden in der Amtsstube drängeln. Dann will er zum Pass und Fahrzeugschein noch Führerschein, passavant und Versicherung sehen. Führerscheine herschaffen ging schnell, passavant sollten wir laut Botschaft hier an der Grenze beim Zoll (Douane) machen und Versicherung müssen wir dann wohl auch hier besorgen. Freundlich ist der Kerl nicht, lässt etwas den Macker raushängen ich bewahre aber Ruhe und informiere mich. Er meint ich solle den Bus hier stehen lassen und mit dem Taxi bis Siguiri fahren um dort eine Versicherung zu besorgen. Auf keinen Fall, das geht nicht erkläre ich und habe nicht vor Atlas in der Sonne stehen zu lassen. Vor allem wäre die Fahrt oneway 75km und dazwischen ungewisses Abenteuer. Ich gehe zu Fuß über die Grenze und schaue was es dort gibt. Nur Geldwechsler und Gemüsestände, keine Agence d‘ Assurance.

Olli weiß auch nicht weiter und es geht so erstmal nicht weiter. Wir drehen um und passieren wieder die Schranke nach Mali, zum Glück ohne Probleme, da wir hier ja schon ausgestempelt sind und kein Passavant mehr haben. Wir überlegen zum anderen Grenzübergang am Niger zu fahren, das wären 50km Umweg und ungewisse Piste. Warten bis der Kandidat keinen Dienst mehr hat? Wenn an der Grenze eine Versicherung nötig ist muss man die doch auch dort besorgen können.

Ich frage auf der Mali-Seite etwas herum und siehe da, es gibt ein Büro und der Chef kommt mich gleich am Bus abholen. bin gespannt. Abba heißt er und ist vielleicht 25Jahre alt. Fährt mich mit seinem Roller ins Büro und erklärt er habe eine internationale Westafrika Versicherung von Siera Leone und Burkina Faso über Elfenbeinküste und und und, Senegal, Gambia und Guinea sowie Bissau sind auch dabei. Soll 25.000 für ne Woche oder 35.000 für den Monat kosten. Macht also erneut knapp 50,-€. Er fährt mich zurück zu den Bussen, die zumindest einen schattigen Parkplatz am Straßenrand gefunden haben. Wir beratschlagen erstmal und ich brauche was zu Essen. Ne Pause, denn die ganze Aktion zieht sich jetzt schon über 2Stunden und ich hab mir den Mund französisch fusselig gequatscht.

Abba ist nett und zuvorkommend, nur der Preis für die Versicherung ist aus dem Arm geschüttelt, es gibt keine Liste oder Tafel, ich habe ein komisches Gefühl und keinen Bock so viel aus der Reisekasse abzuzweigen. Ich bespreche mit Olli etwas zu verhandeln und zu drehen. Ich laufe also los und muss am Büro, welches aus einem Raum mit Tür und Schreibtisch besteht nicht lange warten, er witterte wohl schon sein Geschäft. Ich bin bereit 50.000 für zwei Monatsversicherungen zu bezahlen. Das geht aber nicht. ich dachte auch erst an eine ordentliche für Olli und einen blanko Zettel für mich aus dem ich dann meine selbst schreibe, geht auch nicht. Mit etwas Rabatt bekomme ich jetzt eine für ne Woche und eine für nen Monat und er tippt fleißig auf seiner Schreibmaschine los, trägt uns in ein Buch ein und nutzt einen weiteren Vordruck um handschriftlich Daten einzutragen. Wie ich befürchtet habe, ein teures Stück Papier welches im Notfall von zweifelhaftem Wert ist… aber solange es uns über die Grenze bringt ist mir das 10.000 also 16,-€ wert und Olli erkauft sich sein gutes Gewissen für über 50,-€

Voller Tatendrang geht es jetzt weiter, ich bin zuversichtlich und wir fahren wieder durch den Schlagbaum Mali-Guinea. Die Busse stehen in der Sonne und ich sitze wieder in der Amtsstube. Papiere, Pass und Führerschein… Versicherung und ich werde angeschrien. Das geht nicht er hat mir doch gesagt ich solle eine in Guinea kaufen, die hier gilt nicht. Und er steht auf und verlässt das Gebäude um unterm Sonnendach mit den Anderen die Pause zu verbringen. Da spiele ich mit und versuche dort zu erklären, dass alle möglichen Länder mit Büros in den Hauptstädten notiert sind und es uns teuer genug war und wir anderweitig keine auf Guinea Seite gefunden haben. Erneut meinte er ich muss ja auch nach Sigiui und solle ein Taxi nehmen, das halte ich für Blödsinn und nicht normal wenn etwas hier benötigt wird muss es auch hier zu bekommen sein.

Nix zu machen und wir drehen erneut um. Wieder durch den Schlagbaum, die Kerle dort gucken schon komisch. Zurück bei Abba telefoniert er mit einem Boss bei der Versicherung und meint das geht so in Ordnung, er notiert mir noch eine Nummer und ich habe parallel nen Zettel mit den Botschaftsdaten. Dritter Versuch und wir also erneut mit beiden Bussen durch die Marktstraße vorbei an den Grenzposten und dem Schlagbaum vor die Gendarmerie von Guinea. Die Telefonnummern interessieren den Arschlochbullen nicht und er redet erneut wild drauf los, erklärt Sachen wie ich brauche ein Nummernschild von Guinea und die Versicherung gilt nur für Afrikaner nicht aber für Europäer… Das mit dem Nummernschild ist dann nicht lange aktuell als ich erkläre dass Freunde hier letztens durch sind. Trotzdem ist er nicht zu bewegen und ich nun auch sehr genervt.

Ich hole jetzt Abba, der soll den Scheiß klären oder mir unser Geld zurück geben. Ich fahre also nochmal zurück und er folgt mir auf dem Roller. Geld zurück ist nicht möglich, ist ja schon im System…logisch…sein großes Buch ist eine vernetzte Festplatte. Ich werde es jetzt aussitzen und mache selber auf stur. Es kommen weitere Uniformierte und wir haben schon ne kleine Party hier, wäre sicherlich lustig wenn nicht so ernst. Es tut sich ne Weile nicht und ich habe nicht mehr den freundlichen Blick aufgesetzt. Ein Uniformierter kommt auf mich zu und meint ich solle erstmal das passavant machen und hier schonmal 2×5000,- für den Stempel bezahlen, das geht dann schon in Ordnung. Wusste ich es doch, so läuft mal wieder der Hase und es geht um Korruption. Das klären wir später, und dürfen 100m weiter auf den Parkplatz vom Zoll fahren. Es ist Nachmittag und ich sammle mich kurz um erneut freundlich die nächste Stelle anzusteuern. Die Jungs und Mädels hier alle in blauer Uniform. Ich finde das richtige Büro und gebe alle möglichen Papiere ab, parallel beantworte ich Fragen zu meinen Moppeds und Deutschland. Ein netter Zöllner würde gerne die Schwalbe kaufen. Das muss ich ausschlagen und unterhalte mich mit ihm über alles Mögliche. Er schwärmt von seinem Land und wir quatschen viel. Der Schreiber vermischt Unterlagen von mir und Olli und muss erneut starten das Formular auszufüllen. 30.000 wurde uns in der Botschaft gesagt kostet es, 10.000 sagte man mir bei der Gendarmerie 11.000 waren hier kurz im Gespräch.

Als es fertig war (ungestempelt) sollte ich 2×15.000 zahlen und frage verwundert wieso. Ist halt so und jeder zahlt das. Es gibt natürlich keine Preisliste und eine Quittung kann man mir auch nicht ausstellen. Ich erkläre anhand der Quittung aus der Botschaft, dass ich kein Geld rausgeben werde ohne Zettel über die gleiche Summe. Das Gleiche Spielchen, die Freundlichkeit schwindet. Ich werde gefragt, ob ich eine Quittung bei der Gendarmerie bekommen habe. Noch nicht, meine ich, habe ja da erst vor den Zettel abzugeben und dann zu bezahlen. Es reden beim Thema Geld anscheinend immer zwei oder drei geleichzeitig auf dich ein. Ich verlange nur eine Quittung oder die Summe auf dem Zettel gestempelt. Ich schreibe je 15.000,- auf die Passavant-Zettel in der unteren Ecke und komme nicht weit. Es wird großflächig durchgestrichen und somit ist der Zettel lautstark ungültig.

Es wird etwas zurück gerudert und es sind nun nur 2×11.000 da ich ja bei der Gendarmerie noch nicht bezahlt habe (Rechnung geht mit 2×5000 zwar nicht auf aber ok) Ich hab Zeit und spiele mit. Er schreibt das Passavant oder auch nun zum dritten Mal. Ich demonstriere Ruhe und Zeit und gehe zu Olli der mit Atlas im Schatten wartet. Ich bereite mal zwei Quittungen vor, handschriftlich, hätte jetzt gerne nen Quittungsblock dabei! Als die Zettel fertig sind erneuter Anlauf. bezahlt sind die 22.000 ja schon, bin ja bereit dazu, wenn alles korrekt läuft. Meine Zettel stempelt aber keiner und auch das Passavant stempelt erst der Chef. Der ist jetzt anscheinend nicht mehr da. Einer meinte ich solle meine Summe nachträglich auf das Formular schreiben, dann habe ich was und sie haben damit nix zu tun…

Mir rechts es ich gehe erneut gelassen zum Bus um es auszusitzen, habe was zu Essen und plaudere mit Olli über den Zirkus. Es ist schon recht spät und wir überlegen schon hier zu übernachten. Ich werde gerufen und schlendere zurück. Plötzlich ist alles ok, ich bekomme meine gestempelten Zettel, mir wird die Hand geschüttelt und ich bekomme sogar mein Geld zurück, muss gar nix zahlen es ist ein Geschenk des Landes und ich solle dafür nur Danke beim Chef sagen, der zwei Türen weiter sitzt. Den muss ich sehen und grinse innerlich. „Vielen Dank für das Geschenk, ich freue mich sehr auf ihr Land“ Er hockt hinter einem großen Schreibtisch und tut beschäftigt, ich darf gehen. Manchmal kann es doch so einfach sein.
Wir verlassen den Hof und parken kurz am Rand, ich brauche noch den Stempel der Gendarmerie. Der Arschlochtyp hat immernoch Dienst und auch schon meine 10.000 eingesteckt. Er stempelt und kritzelt wortlos auf die Rückseite, ich frage nach einer Quittung und bekomme einen finsteren Blick. Ok, wir wollen das Glück nicht überstrapazieren, obwohl ich eigentlich genau dem das nicht gönne. Die Zeit ist aber zu weit fortgeschritten, wir haben bisher schon 6Stunden hier verbracht. Ich verfluche ihn nett lächelnd auf deutsch und verlasse Guineas Grenze. Doch vorher noch schnell beim Typen vor der Tür einige CFA gegen Guinee-franc getauscht… der Umrechnungskurs nun bekannt und aktuell bei einem Euro zu 10.500GFN na super, die Summen werden immer größer. Die Scheine sind gerade mal das Papier wert auf dem sie gedruckt sind, hier seht ihr 30,- Euro in Landeswährung.

Wir fahren also auf Guineas Straße von der Grenze weg und sind noch im Ort mit allem was dazu gehört. Kleine Lädchen und Straßenstände, massig Verkehr und Geldwechsler sind sowieso immer deine Freunde und winken dir. Was hier sofort und besonders auffällt sind die Moto-Taxis die mit gelber Weste auf Fahrgäste hoffen, mit solch einem hätte ich auf dem China Roller einige Kilometer und Stunden meines Lebens riskieren sollen… eher nicht. Später mache ich mal ein Bild einer Gruppe, die meisten hier mit Folie eingewickelt zu konservierungszwecken oder Folientausch statt Reinigung.

Wir verlassen nach 5km die Stadt und fühlen uns schon frei, doch dann erneut ein Kontrollposten und logisch, die Polizei fehlt noch. Zoll und Gendarmerie gab es zusätzlich bisher in jedem Land. Also wieder alle Papiere unter den Arm und ab zur Amtsstube, hier etwas entspannt auf der Veranda. Einheimische drängeln sich überall vor, halten Pass und Geld bereit. Ich bin irgendwann dran und beantworte die üblichen Fragen. Ich kann es schon in seinem Kopf rechnen hören, und warte nur welche Summe er mir für einen weiteren Stempel verpacken wird. 160.000 Hundertsechzigtausend, pro Kopf also je 16,-€uro für den Stempel auf einem Passavant welches… naja, habt ihr ja gelesen. Der Alte Kauz in Zivil der meine Papiere geschrieben hat war nciht der Schnellste und ein Uniformierter kommt wohl von seiner Pause zurück. Ich hab zwar keinen Bock mehr aber auch keine Lust das zuvor getauschte Geld hier komplett für einen Stempel abzudrücken. Ich also wieder mit der Frage nach einer Quittung und siehe da, zum schwindenden Tage bekomme ich ein anerkennendes Lächeln zurück. Die beiden sind sich einig, wollen mich umringt von Schaulustigen los werden und ich bekomme die Papiere und muss nix zahlen. Willkommen in Guinea… dem Land der bisher dreistesten weil für selbstverständlich erachteten Korruption.

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