Malis Grenze und die ersten Eindrücke

Wir haben also nur noch ne gute Stunde Fahrt zum Grenzübergang Gogui vor uns. Das letzte Dorf ist wie alles zuvor erlebte nicht der Rede wert. Wir wollten Geld tauschen, hören aber so verwirrende unterschiedliche Zahlen, dass wir es lieber lassen. Internetempfang ist hier auch nicht besser um den Kurs zu checken. Auch die Spritpreise kann uns keiner genau sagen, es soll billiger sein… 88ct umgerechnet hier auch nicht gerade wenig. Wir holen also etwas Brot und tanken ne Kleinigkeit nach. Der Ort sonst Umschlagplatz für viele Dörfer in der Umgebung. Waren aus Mali gibt es aber nicht… dafür Gemüse aus Holland, echt wahr.

Eigentlich pervers, Zwiebeln und Möhren in 25kg Säcken bis hier runter zu kutschieren. Teuer verkauft wird es auf jeden Fall, über nen Euro für das Kilo. Zum Vergleich in Marokko knapp 30ct für frische Möhren aus der Region Sous-Massa… und statt per Schiff nach Nouakchott und nochmal 500km auf dem LKW wäre der Weg aus der Region Agadir zwar 2000km, aber deutsches Obst und Gemüse kommt ja auch aus Spanien. Spenden werden es nicht sein, also bleibt das Geld dafür nicht mal auf dem Kontinent… das ist arm.

Wir sind also in der Sahelzone, die Umwelt ist anders, wenn auch augenscheinlich nur geringfügig. Die Kühe zum Beispiel… nicht vergleichbar zu denen im Norden.

Auch die Vegetation hat Hübsches zu bieten. Ein strammer Baum mit hübschen Blüten. Sieht nach nem riesigen Bonsai aus und wächst etwas krüppelig.

Und dann sind wir in Gogui und vermissen irgendwie ne Grenze. Immerhin gibt es nen Schild auf der Straße und wir müssen Gendarmerie, Zoll und Polizei zum ausstempeln besuchen. Jeweils ein Stückchen weiter und dazwischen Hütten des Dorfes. Bei den ersten Beiden unkompliziert und ohne Schlange stehen. Nur die Polizei macht Mittagspause von 12-17Uhr. 5Stunden Pause und wir sind kurz nach 13Uhr vor Ort. Wir stehen in praller Sonne, 35grad im Schatten und vor uns die letzte Schranke um Mauretanien zu verlassen. Alles diskutieren hilft nix, der Generator ist aus, kein Strom und damit keine Arbeit, die recht zahlreichen Uniformierten liegen alle im Schatten unter dem Zelt neben der Wache und halten Mittagsruhe.
Was bleibt uns also übrig es ihnen gleich zu tun. Alle Fenster auf und neben dem Bus die Bohnen fertig kochen, brauchen eh noch ne Weile. Atlas verkriecht sich auch lieber unter den Bus und die aufdringlichen Helfer und Geldwechsler merken auch schnell, dass nix zu holen ist und lassen uns in Ruhe. Drei Stunden warten… und dann erst aus Mauretanien raus aber noch nicht in Mali drin. Super.

Die Umgebung erkunden hilft hier auch nicht viel. Steppe rings um den kleinen Ort. Der Ort besteht auch nur aus den paar Hütten an der Straße und hat die üblichen Shops und ein Restaurant mit ner typisch bunt afrikanisch gekleideten sehr voluminösen Schwarzen. Das Essen auf 4-5 Töpfen in der Glut verteilt gibt es Reis mit Fleisch und Gemüse. Immerhin Kohl und das Fleisch in einer Sauce gekocht, also nicht mauretanisch sondern malinesisch und für mich später einen Versuch und ne Portion wert.
Da das dann auch die einzige Abwechslung in der Wartezeit war, die ich sonst mit schreiben und Fotos sortieren kreativ genutzt habe, spule ich gleich mal vor. Der Teller hatte gut 500g Reis als Grundlage, darauf kam ne fette Kelle Fleischbrocken und nochmal ne mittlere Kelle Kohl obendrauf. Fertig, zum Glück hatte ich mir nen Löffel mitgebracht, nur mit den Fingern ist echt nicht mein Ding.

Geschmacklich gut aber nicht außergewöhnlich, so wie Kohl und Fleisch halt schmecken sollte. Ziege ist es und davon wohl alles was geht, ich habe etwas Leber und Herz aber auch was am Knochen und etwas Weiches dabei. Gut satt geht es endlich auf zur letzten Formalität, der Generator ist angesprungen und die Adjutanten haben die Wachstube geputzt. Wir sind durch und dürfen weiter. Nicht nur Strom auch Verbindung ist hier wohl aufwändiger. der MauriTel Übertragungswagen half zumindest meiner Verbindung zur Außenwelt wenig bis gar nicht.

Auf der Mali Seite alles irgendwie entspannter, Visa hatten wir schon. Mussten uns nur bei Gendarmerie und Douane (Zoll) melden und zum Schluß noch bei der Polizei. Dort traf ich einen Berg von Mann mit Pranken wie ein Gorilla, dafür gelassen wie ein Faultier aber lustig. Er konnte ein paar Bocken deutsch aber so schlimm, dass ich ihn kaum verstand. Wieder einmal wäre ein deutsches Comic von Nöten (wie an der Grenze zu Mauretanien schon verschenkt), ich machte ihn aber mit ner Straßenkarte von Süddeutschland glücklich, etwas Deko für die karge Stube.
Dann standen wir vor einer klapprigen Schranke und mussten 1000 FCFA für die Kommune abdrücken, sind knapp 1,80 aber wir hatten noch nicht gewechselt. Klimpergeld aus Mauretanien wurde hier auch noch akzeptiert. Es ist spät und die Dämmerung setzt ein. Wir fahren heute nicht mehr nach Nioro, dem ersten Ort. Also Augen auf den Rande der Strecke gerichtet.
Die Vegetation hat sich auf die letzten Kilometer schon geändert, nicht schlagartig aber wahrnehmbar. Doch dann war ich völlig überrascht. Ein richtiger Baum, ziemlich hoch und dafür noch mit komischen Proportionen. Nicht weit noch einer, das ist ein Zeichen, hier bleiben wir. Der Boden neben der Straße eben und fest, wir fahren 500m rein um ruhig zu stehen. Kleine Erkundungen, Essen und den Tag aufarbeiten sowie Pläne für Morgen schmieden, ein üblicher Abend in der Wildnis.

Die Sonnenaufgänge erlebe ich meist alleine, Olli schläft etwas länger. So bleibt Zeit für weitere Erkundungen und Beobachtungen in der Natur. Die Sonne lässt sich ebenfalls Zeit, sie steht schon handbreit überm Horizont, man kann aber noch direkt hinein sehen. Die Geräuschkulisse wie aus Dokumentationen bekannt, Grillen zirpen und Vögel zwitschern. Afrika live.

Der Baum ein Gigant, der Stamm am Boden so groß wie mein Bus. Die Äste wirken wie mein Apfelbaum zuhause, beschnitten. Doch bis in den obersten Wipfel sind es locker 10m Kletterei. Und zu welchem Zweck sind beide hier so gestutzt. ein Rätsel. Auch die Rinde weist derbe Einschnitte auf, Rituale? Ich glaub es ist ein Baobab und damit hier unten häufiger zu finden.

Der andere Kollege steht am Rande eines kleinen trockenen Bachlaufes und in der Umgebung sonst das übliche dornige Gestrüpp. Feldwirtschaft kann man ringsum erkennen, die Wurzelreste von Mais stecken noch im Boden. Sehr verstreut und einzeln, Handarbeit und immer wieder auch anderes Pflanzenwerk dazwischen. Ich interessiere mich sehr für Tier- und Pflanzenwelt. Wenn man meinen Enthusiasmus aktuell nicht verstehen kann… mein letzter richtiger Baum ist schon einige Tausend Kilometer her, irgendwo im Norden Marokkos gesichtet, dazwischen nur Palmen und Argan, vereinzelte Oliven oder die knorrigen Dinger in der Wüste.

Nioro ist nicht mehr weit und ein paar Meter abseits der Kreuzung die ins Land führt. eine weitere Schranke für Maut habe ich dort schon entdeckt. Wir müssen also erstmal Geld tauschen und finden einen Parkplatz neben der Kaserne. Der Ort nicht grundlegend anders als Städtchen in Mauretanien, nur viel bunter und quirliger. Mehr Waren im Angebot und auch weniger Müll. Die Bank kann nur mir mit Euros helfen, Ougiuya tauscht man am Besten bei nem Ladenbesitzer, der zusätzlich auch noch nen besseren Kurs an Euros gibt. Wir sind also erstmal versorgt. Die Rechnung hier 1:650 und damit wieder etwas komplizierter.

Wir ziehen etwas durch die staubigen Gassen und sehen Handwerk an jeder Ecke, es wird Holz bearbeitet und der Nächste macht daraus gleich Möbel, Nahrungsmittel macht auch viel des Angebotes aus und Kleinzeug wie Nähen tut man an jeder Ecke, manchmal sogar als mobile Variante.

Der Markt teils überdacht und gemischt mit Alltagsplastik, buntem Schmuck und Gewändern, Obst und trockenen Fischen, Nüssen und anderem Zeug. Alles vergleichbar teuer, ich halte mich erstmal zurück, die Speisekammer ist noch voll.

Wir verlassen die Stadt und wollen heute noch Strecke machen… doch der Kontrollposten an der Schranke lässt uns nicht durch, es fehlt ein Zettel vom Zoll, das >Passavantcarte gris< (Fahrzeugscheine) und Pässe vorzeigen. Es werden die Zettel ausgefüllt und eine ganze Weile was im PC eingegeben. Die Beamten aber freundlich und nett, smalltalk nebenbei. 5000,- pro Fahrzeug fällig und einige Stempel aufs Papier, also nochmal 8,-€ und die Motorräder werden ignoriert. Zack, wieder ne Stunde weg vom Tag. Zweiter Versuch an der Schranke… negativ. Der Zettel hat noch ein Feld frei wo die Polizei einen Stempel setzen muss. diese wiederum finden wir ebenso versteckt kurz vor Nioro, also nochmal Abfahrt.

Muss man alles irgendwie ahnen also gehe ich freundlich in die nächste Wachstube und wir haben mal wieder Mittagszeit. Immerhin muss ich nicht warten und jemand kümmert sich um mich während die anderen essen. Der Uniformierte schreibt uns in ein Buch und stempelt seine Felder und kritzelt Zeug dazu. Und dann will auch er 5000,- FCFA.

Genau aus diesem Grund haben wir den Senegal umgangen um nicht an jeder möglichen Stelle zahlen zu müssen. Für das Visa… ok, der ZollZettel mit Quittung kostet auch… ok, aber hier für einen Stempel? Ich frage höflich nach, wofür diese Gebühr sei. Für den Service des stempelns und ich gebe zu bedenken, dass ich den Zettel schon bezahlt habe. Es kommen zwei weitere Kollegen die mich vehementer auffordern zu bezahlen. Ich bleibe freundlich und hole schonmal zwei 5000,-er aus der Tasche, zeige meine Bereitschaft, verlange aber dafür eine Quittung. Unverständnis oder Ignoranz, mir wird mehrfach erklärt, dass der Stempel kostet. Und ich erkläre mehrfach auch anhand der Quittung vom Zoll dass ich nur gegen ein "Ticket" Geld rausgeben werde. Ich schreibe mal zwei Zettel fertig auf denen Datum, Ort und 5000,- steht, hätte gerne noch den Namen oder die Dienstnummer des Beamten… Und da wird es richtig laut. Ich glaube es sind nun schon fünf Polizisten im Raum und verstehen mich oder die Welt nicht. Auf jeden Fall werden mir die Quittungen entrissen und zerknüllt. Ich stecke also mein Geld wieder ein und mache Anstalten aufzustehen. Ich hole mein Telefon raus und bemerke mal mit der Botschaft telefonieren zu müssen…

Alles oder Nichts, Knast in der ersten Stadt in Mali wäre auch mal ne Erfahrung. Aber es kommt wie erhofft. Ich bekomme meine Zollzettel "passavant" und soll verschwinden. Der der am lautesten Geld verlangt hat muss mir noch drohen und meint mich jetzt aus seinem Buch streichen zu müssen, wie auch immer ich suche das Weite und habe was wir an der Schranke brauchen. Diese dürfen wir nun endlich passieren und einige Meter weiter vor einer zweiten Schranke erneut ein Ticket ziehen. Macht hier aber jeder und sieht offiziell aus, mit Nummernschild und anscheinend für die Straßennutzung, Maut sozusagen. weitere 1000 FCFA ärmer und endlich wirklich in Mali.

Und so geht es auf in ein weiteres Kapitel Abenteuer. Mali haben wir betreten und fahren jetzt wie üblich nach Süden. Ein weiterer Schwenk nach Osten wird uns bald nach Bamoko bringen, zwangsweise weil alle Routen dort durch führen. Wir sind gespannt. Heute ist es auf jeden Fall mal wieder zeitlich fortgeschritten und war aufregend genug. Wir bleiben vor Diema wieder mal abseits der Straße zum übernachten stehen.

Der folgende Ort wird von der Kreuzung dominiert, sozusagen ein Hauptverkehrsknotenpunkt im Lande, alles was von Dakar kommt muss hier durch, der Verkehr nach Mauretanien hoch ist eher zu vernachlässigen. Im Ort natürlich wieder keine Verbindung zur Außenwelt zu finden und wir fahren immernoch quasi blind ohne Anhaltspunkte durch die Gegend. Der Plan sieht vor nicht die Nationalstraße auf direktem Wege nach Bamako zu nehmen, sondern mit 100km Umweg durch kleinere Ortschaften und einige Nationalparks eine kleinere Route zu nehmen. Dafür geht es nun 80km auf extrem hässlicher mit Schlaglöchern übersäter Straße nach Westen. In Mauretanien dachte ich noch, es kann nicht schlimmer kommen, doch teilweise ist Schrittgeschwindigkeit nötig. Irgendwo machten wir Rast unweit eines kleinen Dorfes und ich brauchte Bewegung.

Die Hütten wieder uriger und aus Lehm, das Leben landwirtschaftlicher geprägt und auch weniger Müll hier. Ein trockenes Flussbett dient zur Gemüseanzucht und für die Viecher gibt es stroh und Heu. Ebenso Baumaterial und zur Trocknung oder Dämmung auf den Dächern.

Ich bin wie gewohnt Attraktion im Dorf und habe schnell alle Kinder aus der Nachbarschaft und auch einige Erwachsene hinter mir. Freundliches Begrüßen überall, danach wird gekichert. Solche Begegnungen mag ich. Gefühlt haben alle Zeit oder ihre Arbeit liegen gelassen, nur der Junge hier hatte leider das Pech mit entgegen zu kommen und nicht einfach seine Eselkarre stehen lassen zu können.

Die Fahrt ist echt ermüdend, man muss aufpassen und auch der Verkehr ist mit zahlreichen Lastwagen nicht ohne. Die Sonne brütet, wenn auch mal nicht direkt durch die Frontscheibe, Rast ist trotzdem von Nöten. Mal wieder ein Baobab, diesmal unbeschnitten. Tolle Kulisse im Vergleich dazu die Busse

Hier kann man sogar noch vereinzelt hängende Früchte erkennen, tolle Deko nun auf meinem immer voller werdenden Armaturenbrett.

Und dann endlich sind wir an der Kreuzung die unsere Route in den Süden werden soll. Wir glauben unseren Augen nicht, mit einer Piste hatten wir schon gerechnet, aber so eine…

Naja, zumindest erstmal fest und bis zum hügeligen Horizont. Wir haben genug Sprit und Verpflegung für einige Tage, 200km soll es werden… auf geht’s.

Doch dann kommt alles anderes, im ersten Dorf das reine Chaos, Mofaverkehr wohl das höchste der Gefühle hier. Alle Bewohner wundern sich merklich und wir checken erneut ob wir richtig sind. Laut Maps.me und auch google.maps (offline) ist das die Straße und hat sogar eine Bezeichnung RR5 bzw RN5… aber hinterm Dorf dann nichtmal zu erkennen in welchem sandigen Stück wir stecken bleiben werden.

Wir haben also 7km geschafft und noch 193 ungewisse vor uns. Die Vernunft siegt und wir drehen um, ohne Anhänger hätte ich das vielleicht probiert. So nun aber 7km Piste und 80km schlechter Asphalt zurück zur Kreuzung. Es geht hier sonst nur in den Senegal weiter und nicht nach Süden. Das wäre auch nix für’s erste gesichtete Buschtaxi… falls es mal an Omnibussen mangelt wird einer gebaut.

Genervt sein ist milde untertrieben. Der Umweg die eine Sache aber die ganzen Schlaglöcher erneut. Dass Afrikaner eher gelassen sind ist uns ja bekannt, aber nun erst richtig verständlich. Der defekte LKW hier am Straßenrand zum Beispiel… Getriebe ausgebaut und ne Hütte aus Buschwerk als Sonnenschutz neben den Arbeitsplatz gebaut. Die Jungs stehen auch schon länger hier.

Irgendwann sind wir wieder am Ausgangspunkt und haben dort erneut eine Kontrolle und Maut vor uns. Die Strecke nach Bamako soll beser werden, mal sehen. Auf jeden Fall werden die Geschwindigkeiten höher, Unfallopfer wahrscheinlicher. Ich halte die Augen offen, sammle grad Rinderhörner und hab hier nun das dritte Paar im Bestand. Bestellungen nehme ich gerne entgegen.

Der ganze Schädel wäre auch ne tolle Deko, nur geruchstechnisch nicht zu ertragen, obwohl komplett trocken. Die Haut nur noch Leder auf dem Knochen. Die Hörner lassen sich restlos vom Knochen abdrehen und wandern auf den Anhänger. Wir fahren noch ein Stück und haben in der Summe heute erneut viel Zeit verschenkt, sind aber nicht auf der Flucht… Reisen leben.

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