Dakhla – Mythos im Süden

Nach einigen erholsamen Tagen folgen wir auch mal wieder dem Motto: „Der Weg ist das Ziel“ und klettern die Steilküste hinauf um auf der N1 Richtung Dakhla zu fahren. 300km weitere Ödnis erwarten uns und dazwischen echt nix der Rede wert. Um uns ganz sicher zu sein nix zu verpassen machen wir mal halt abseits der Straße und schauen über die Klippen… echt wie überall zuvor.

Ich erspare euch weitere Ein- und Ausblicke auf die endlos scheinende Straße vor mir, und hoffe inständig nur dass sich das alles dort unten auszahlt… wenn wir irgendwann ankommen. Aber erstmal sehe ich mich mit anderen Problemen konfrontiert. Ich weiß nicht ob der Schein trügt oder meine Perspektive verschoben ist. Fahren wir bergauf? Haben wir Gegenwind? Auf jeden Fall zieht das Wüstenschiff nicht richtig. Von Leistung hab ich ja noch nie gesprochen aber hier ist doch irgendwas faul und wir halten erneut mangels Parkbuchten und Seitenstreifen halb auf der Nationalstraße.
Den Vorfilter hab ich vor wenigen Tagen schon nach meinem letzten Kanister Frittenöl getauscht, eine Undichtigkeit dort ist auch gegengecheckt auszuschließen. Hilft nix, Motorhaube innen muss ab und zeigt deutlich wo mein Druck verschwindet. Diesel tropft an der ESP herunter, ein Ausgang dort und gleichzeitig die passende Düse sind undicht. Bin also grad im Dreizylinder unterwegs gewesen. Die großen Ringschlüssel 24/27 fehlen um die Düse nachzuziehen, aber um die ESP kann ich mich vor Ort kümmern.

Die ovale Dichtung macht es anscheinend nicht mehr und hat erst im zweiten Anlauf mit Teflonband und Petec Dichtmasse keine Inkontinenz mehr vorzuweisen. Marokkanisch repariert und weiter geht’s.

Bei der nächsten Tanke kann man mir mit dem Schraubenschlüssel aushelfen und so wird auch die Einspritzdüse in Zukunft trocken bleiben. Die fehlenden Stundenkilometer der Endgeschwindigkeit sind damit aufgetaucht und die Fahrt geht öde weiter… Wäre da nicht ein anderer Patient am Straßenrand, etliche Kilometer weiter, gefühlt aber einzige Ablenkung auf der Strecke.

Tag des Mechanikers heute wie es scheint. Ein sehr verbeulter 608 mit spanischem Hoheitszeichen und Senegalesischem Kapitän erlitt Schiffbruch durch abgefallenes Hinterrad auf zum Glück geradem Kurs. Klassiker wie ich vermute und immer wieder warnen kann, checkt eure Radbolzen ab und zu!
Beim unfreiwilligen Verlassen der angestammten Position hat sich die Felge derbste Kanten und Ecken, sowie ovalen Lochfraß zugezogen, außerdem verheerenden Schaden an den Radbolzen angerichtet. Ergebnis Ersatzrad muss nun rollen, und die Problematik mit den Radbolzen haben die Jungs schon afrikanisch gelöst. Ich hätte ja Ersatz mit gehabt, kam aber zu spät. So wurden einige Bolzen von Innen in die Trommel geschweißt. Man munkelt ob die Batteriekurzschlußmethode dafür zum Einsatz kam, so wie die Punkte (von Nähten ist nicht zu reden) aussahen. Die beiden (mit zwei Fahrzeugen clever im Konvoi fahrenden) Senegalesen bedankten sich herzlich für mein Interesse an ihrer Misere und kamen alleine klar. Etwas fachgesimpel und ich machte mich vom Acker. Weit haben sie es ja nicht mehr und sollte bis heim klappen. Was man auf dem Foto nicht sehen kann, der Meterhohe Dachballast der immerhin mit nem Zurrgurt an der Karosse fixiert wurde. Kein Lufthaken, der von Zauberhand den Düdo anhebt. Today is a good day… und weiter.

Wir erreichen den Dunstkreis von Dakhla und finden eine erstaunlich abwechslungsreiche Landschaft am Eingang der Halbinsel vor. Ein breites, flaches und trockenes dem Wattenmeer ähnliches Gebiet läuft hier sandig aus, umringt von einigen Felsen. Ein Beachclub wirbt mit einem Schild an der Straße in Richtung Sandstrand einer Piste folgend. Netter Ausflug doch über Nacht können wir dort nicht bleiben. Man sieht aber schonmal, dass Tourismus hier ganz anders funktioniert und ein ganzer Haufen Kite-Surfer nutzt das flache und wellenfreie Binnenmeer.

Es wird gleich dunkel und bis in die Stadt (25km) wollen wir auch nicht mehr. Kilometer 25 vor Dakhla, berühmt, berüchtigt kann man schon behaupten. Hier ist ein geduldeter Camperparkplatz mit Kontrollposten der Polizei direkt an der Hauptstraße. Wir werden erst gar nicht nach unseren Papieren gefragt, sondern gleich zur Weißware durchgewunken. Ok, muss man sich mal ansehen… aber nur für eine Nacht.

Ich kann es gar nicht schockierend genug in Worte fassen, Bilder sprechen da meist die deutlichere Sprache.

Wir nehmen so weit Abstand wie möglich ohne am Eingang oder der Müllecke stehen zu bleiben. Nur drei Meter Sandpiste und man steht vor dem Parkplatz quasi in erster Reihe und kann sich das Schauspiel genauer angucken.

Unglaublich, aber hier sieht man Platzhalter aus Gas- und Wasserflaschen und wirklich jeder der Dauercamper hier hat sich sein Revier deutlich abgesteckt. Größten Teils Franzosen, gefolgt von Italienern und Deutschen. vereinzelt Briten und Spanier, konnte keinen Holländer entdecken. Nur schlafen… also irgendwie sinnvoll die Zeit bis dahin verbringen. Ich gehe mal joggen und wundere mich über die Tausende Sandkügelchen und Löcher am weitläufigen Strand. Das kann nur tierisch sein und bestätigt sich später. Kleine seitlich marschierende und buddelnde Krabben haben hier alles unterhöhlt. Ich genieße meine Bewegung und später einen ruhigen Abend.

Der Parkplatz öffentlich, heißt auch einige Marokkaner fahren bis zum Strand vor, wo auch eine kleine Bar steht. Der Berg von dem am nächsten Morgen das CamperFoto aus gemacht wurde wird auf der anderen Seite schwer bearbeitet. Auch hier entsteht eine der zahlreichen Herbergen mit europäischem Charme. Auch ein Golfplatz ist nicht weit. Mal gucken was sich hier also entwickelt.

Für uns reicht die einzelne Übernachtung am „Kilometer 25“ definitiv und wir wollen auch näher an die Stadt um Besorgungen zu erledigen. Die erste Rundfahrt ergibt eine recht quirlige großflächige Stadt mit Flughafen und einigen Baustellen. Könnte gemütlich werden und wir finden die Markthalle und auch einige Schneider in der Umgebung. Olli hat noch ne halbe Baustelle im Bus und weder Vorhänge noch Polster fertig. Für beides geben wir Skizzen und Aufträge an zwei Unternehmen und erhoffen uns Fertigstellung in zwei Tagen. Material hatte er dabei und ist gespannt.

Ganz im Süden endet die Stadt hinterm Hafen abrupt und Ödnis beginnt erneut für einige Kilometer bis zum Ende der Halbinsel bei einem Fischerdorf. Dorf ist übertrieben, wenn auch sehr großflächig und infrastrukturell gut angelegt. Aber Hütten gibt es nicht nur Zelte, was schon eher einem Slum ähnelt. Hunderte Boote liegen auf dem Strand dahinter und in damit mehr als ich bisher in ganz Marokko zusammen gesehen habe. Alte Landrover sind das Transportmittel Nummer 1 um auf der Pritsche den Fang und das Equipment durch den Sand zu pflügen. Folge den Spuren, auf zum Spaziergang.

Touristen verirren sich hier selten wie es scheint, wir werden aber freundlich begrüßt und staunen nicht schlecht. Die Boote fahren quasi von der Atlantik Seite um die Halbinsel herum um den Wellen zu entkommen und im stillen Wasser an Land gezogen zu werden. Auch dafür stehen hier mehrere Dutzend Traktoren zur Verfügung, zum Vergleich, in Tifnit, Imsouane oder Essaouira waren es jeweils nur ein bis zwei. Mein Akku gibt leider auf und das letzte Bild konnte ich vor den Werkstätten die sich um die Boote kümmern machen. Schiffsabwrackung auch bei den Holzbooten und etliche Splitter im Sand zeugen von so einigen Opfern.

Zum Thema Boot hab ich noch was zu bieten. Auf dem Weg zurück nach Dakhla halten wir an einer interessanten Werkstatt. Holzbearbeitung beginnt hier mit der Sortierung ausgesuchter Stücke für spezielle Teile der doch recht aufwändigen und bewährten Konstruktionen.

Wir dürfen einen Blick in die dunkle Halle werfen und staunen nicht schlecht über die riesige Bandsäge mit musealem Charakter. Alles Handarbeit.

Ein ereignisreicher Tag geht zu Ende, fehlt nur noch ein angenehmer Stellplatz. Auf der Atlantikseite hab ich vorhin was gesehen, Jackpot mit voller Punktzahl könnte man meinen. Wir treffen alte Bekannte und neue interessante Leute und mal wieder Klischee, aber zum Glück keine Weißware. Today is a good day… wie immer wenn Engel reisen.

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