Nachbrschaft “ Avepozo “ Speckgürtel Lome

Zur Zeit sind viele Overlander die nicht abgebrochen und nach Hause geflogen sind irgendwie doch gefangen. Da habe ich es in Togo noch recht locker getroffen. Ich fühle keine Einschränkungen und bleibe aus Bequemlichkeit. Mal wieder gehen mir also mangels Reiseerfahrungen die Themen aus und ich kann euch mit Details vertrösten. So zum Beispiel weiß der blog Leser also was in Lome abgeht oder wie der Campingplatz aussieht, was aber hat die Nachbarschaft so zu bieten?

15km weg vom Zentrum ist Avepozo ein eigener Stadtteil der Großstadt und wirkt eher wie ein Dorf. Man braucht wie überall in Afrika keine weiten Wege um alles Nötige zu organisieren, jede Art Kleinhändler ist auf den umgebenden Straßen zu finden. Dies aber eigentlich die komplette Strecke ins Zentrum hin die nur mit einem gigantischen Kreisverkehr von der Hafenanlage unterbrochen wird. Lome wie erwähnt eine gemütliche Großstadt, die direkt an der Grenze zu Ghana beginnt. Das kuriose wie ich finde ist dass die Bebauung der Küste anscheinend bis Benin vollkommen lückenlos ist. Somit könnte man zwischen Häusern und Meer ein ganzes Land passieren bis auf Hafen und den Abfluss vom Lac Togo. Aber zurück zur Nachbarschaft.

Von der Hauptstraße die Einfahrt zum Coco Beach zu finden dank großem Schild nicht schwer. Der Blick 90grad gedreht von dieser auf die Route zeigt dies.

Und die Erfahrung, dass 6Uhr morgens zwar schon taghell aber nix los ist. Kaum Verkehr und keine der Geschäfte haben offen. Die Obstfrau vorne an der Ecke baut grad auf und der ein oder andere treibt sich schon in der Gegend rum. Dächte man anders bei den aktuell angenehmen Temperaturen, der Afrikaner wird da aber noch nicht warm.

In die Richtung Strand muss man einer wie üblich unasphaltierten und teilweise sandigen breiten angelegten Straße folgen die beidseitig mehr oder minder ordentlich oder immerhin regelmäßig von Müll befreit wird. Tagsüber sitzen Leute im Schatten der Mauern (zeitbedingt) oder Kinder spielen Fußball, wie überall patroullieren Händlerfrauen die mit den üblichen Rufen ihre Ware schon akustisch anpreisen, man muss sie dann nur noch vor der eigenen Tür abpassen.

Die Gegend gilt als Chic und die Villen die man immer mal wieder sieht sind beeindruckend. Hab auch gehört, dass Grundstückspreise exorbitant gestiegen sind und für ein Stückchen hier könnte man sich etliche Hektar im Norden kaufen. So zum Beispiel munkelt man von 30.000€ für ein Stück Bauland in dritter Reihe, man sieht aber am Nachbarn, dass es zahlungskräftige Kunden geben wird. Immerhin kauft man sich hochgewachsene Kokospalmen dazu und bekommt nicht ein braches Stück Land.

Komisch nur dass in zweiter Reihe, also direkt gegenüber vom Eingang Coco Beach eine Farm auf sandigem Grund existiert. Sieht nicht nach Zwischennutzung aus aber hier irgendwas verstehen zu wollen ist aussichtslos. Nix besonderes, Gboma, Ademe und anderes Grünzeug, keine Tomaten oder Gemüse was mich interessieren würde.

Andere interessante Anlagen in der Nachbarschaft, also direkt auf diesem Wege sind vorne an der Ecke ein Voodoo Tempel bei dem ich vor Wochen einmal nachts zu einer Zeremonie eingeladen wurde. Schon ne komische Veranstaltung von der ich schlaftrunken ganz vergessen hab zu erwähnen. 3 Uhr nachts holte mich der Spanier aus dem Bett wo ich dank Trommelgedöhns im Hintergrund sowieso nicht richtig schlafen konnte. Die Ursache war schnell gefunden. Seit Stunden schon in Trance getrommelt und getanzt war es trotzdem ein freies Kommen und Gehen, Kinder schliefen auf dem Boden und die Alten saßen brav auf Stühlen ringsum im Innenhof des großräumigen Flachbaus. Wir mussten wie alle anderen ebenfalls barfuß und oben ohne eintreten uns aber nicht bemalen. Der Rhythmus und die Übermüdung vielleicht sogar Alkohol erschufen eine mystische Stimmung und wir wurden einigen Leuten vorgestellt. Fand mich schon etwas fehl am Platz und betrachtete das Vorgehen trotzdem interessiert vielleicht ne halbe Stunde bevor ich einen passenden Moment fand mich wieder zu schleichen.

Ein weiterer Bau mit religiösem Hintergrund ist das Kloster afrikanischer Hindus. Komischer Weise dank Glasscherben auf der Mauer wie eine Festung anmutend hab ich hier aber noch niemanden kommen oder gehen sehen. Immerhin gepflegt.

Und dann sind wir auch schon bei Antoine, der hier seit 38Jahren ein Paradies erschaffen hat. Der Eingang wie ich auf den ersten Blick fand recht unscheinbar, wenn man aber sonstige anlagen in Afrika so vergleicht schon mit künstlerischer und ästhetischer Note nicht nur einfach ein Tor.

Der Eingang dann immer noch geschlossen, die Arbeiten im Inneren gehen voran, Hoffnung auf Wiedereröffnung steigen. So hat zum Beispiel die Bar nicht nur ein neues Dach bekommen, sondern nach dem Motto wenn schon Zeit dafür dann richtig. der marode Holztresen gegen Beton getauscht.

Ein Tischler der mit nem richtigen Hobel und Fuchsschwanz arbeitet fertigt mithilfe seiner Burschen und einiger Bretter die Theke auf Maß und schafft wie ich finde somit ein Kunststück.

Vielleicht wird euch Lesern langweilig, aber ich bin echt überrascht mit welcher Liebe und Kreativität hier ans Werk gegangen wird, sieht man nicht oft. So ist auch ein Palissadengang zum zweiten Sitzbereich in Arbeit der obgleich mit gebrauchten Hölzern und Nägeln echt vorzeigbar wird. Vielleicht gerade deshalb, das Thema Recycling ja sonst mein Steckenpferd.

Die Coco Beach Bar kann sich nun echt wieder sehen lassen und wartet auf Erlaubnis zur Öffnung und Kunden. Bilder einsatzbereit mit Deko und co schicke ich dann nach.

Ich hingegen wieder zurück zum Thema Nachbarschaft, kann nun auch von der Klinik Rabannoui auf der anderen Straßenseite berichten. Ich hab einen erneuten derben gesundheitlichen Rückschlag erlitten. Sei es durch das geschwächte Immunsystem nach der Malaria oder war diese entgegen des Laborresultats doch nicht vollständig abgeklungen. Auf jeden Fall befielen mich Darmparasiten und raubten mir so binnen weniger Tage viel Kraft und 8Kilo. Anfänglich mit Tabletten, Knoblauch und Papaya selbst behandelt hatten diese Tage so Höhen und Tiefen. Dann jedoch bekam ich nachts zusätzlich Malaria Symptome und hatte bis zum Morgen echt keine Kraft mehr. Aufgabe und Resignation, mit dem Taxi zur 300m entfernten Klinik und dafür sogar Traubenzucker gegessen um mich überhaupt bewegen zu können/wollen.

Beste, wenn auch teure Entscheidung. Ein sehr gepflegtes, privates, kleines Etablissement mit professionellem Personal und leerem Wartezimmer, perfekt. Meine Schilderungen und der Blutdruck brachten mich sofort auf die Liege und ich bekam die ersten Infusionen. Zum Glück war ich nicht alleine da, obwohl mein Französisch nun echt in Ordnung ist. Aber auch zur moralischen Unterstützung hatte ich „unsere zwei Mädels“ mit, eine davon Krankenschwester. Mir ging es echt beschissen und hielt es nur aus weil ich nix machen musste und die Position angenehm war.

Das Elend auf dem Bild zeige ich aber nicht.

So bekam ich eine nach der anderen Ampulle deren Inhalt tropfenweise in meinem Arm verschwand. 7 Stunden lang, echt wahr. Keine Ahnung und für mich überhaupt eine der ersten Krankenhaus Erfahrungen an die ich mich erinnern kann. Es gab Nährlösung mit Mineralien und Vitaminen und jede Menge Medizin und Antibiotika gegen die Parasiten, obendrauf ne Spritze in den Hintern gegen die Malaria… heute die volle Dröhnung.

Doch es half und am Ende des Tages konnte ich lächelnd und auf eigenen Beinen die 300m zurück zum Truck gehen und sogar an Essen denken, der Arzt meinte alles was ich will. Und so kam doch noch dazu dass der schöne Fisch der es am Vorabend nicht mehr auf den Grill geschafft hat nun in Öl eingelegt in die Pfanne hüpfte. Jetzt auch egal ob ich mir was einfange, mehr Medikamente dagegen gibt es kaum.

Es war ein Geruch und Anblick als die Dinger einfach nur frittiert wurden. Irgendwie mit geteilten Gefühlen, da offensichtlich eine wilde, bunte und tropische Mischung aus den Netzen der ortsansässigen Fischer gepickt wurde. Keine Ahnung was das genau war nur die Scholle erkannte ich aber der eine Stachelige war zumindest kein Kugelfisch und wäre meiner Begleiterin wahrscheinlich auch nicht verkauft worden. Ja, wie schon herauszulesen ich hab mich gegen all die Angebote nicht wehren können und mir eine intelligente, fröhliche und bildhübsche Frau rausgesucht. Echt unglaublich wie schnell sich sowas hier rumspricht, ein weißer junger, lediger Reisender… da ist man selbst Beute. aber mehr dazu später…vielleicht.

Ich hatte also in dieser schweren Zeit jemanden zur Unterstützung, echt eine Erleichterung. Wir kannten uns vorher erst wenige Tage aber ich war dankbar dass sie sich um Atlas kümmerte und ich mich aufs genesen konzentrieren konnte. Der arme Scheißer sitzt so schon den ganzen Tag unterm Bus, wenn jetzt auch noch morgens und abends ausfallen müssten kämen wir beide damit nicht klar. Frei lassen geht hier nicht, zu viel Müll in der Nachbarschaft den er riecht und deshalb gerne stiften geht, selbst Schuld – Leinenzwang.

Um es nicht ganz so spannend zu machen, ja ich bin wieder auf dem Damm. Schon am nächsten Morgen wie ausgewechselt, ncoh etwas schwach und durstig. Gifte ausspülen heißt es nun… und futtern ich muss wieder zu Kräften kommen. Die Verdauung funktioniert wieder und so gibt es Haferflocken, Bananen, Reis mit Fischsuppe, Sandwiches mit Ei, unglaublich welchen Appetit man entwickeln kann. Der an nix mehr gewöhnte kleine Magen bekommt jede 90Minuten Nachschub. Am zweiten Tag erneut Infusion und Spritze und alles scheint wieder normal. Nur gekostet hat mich der Spaß ne ganze Stange verglichen zum normalen Krankenhaus. Da gäbe es Malariabehandlung für um die 10,-€. Hier hab ich mit allem drum und dran knapp 50.000 cfa auf den Tisch legen müssen. Im Vergleich zu Europa mit weit unter 100,- immer noch ein Witz aber wer hier ne Weile lebt und einheimisch rechnet, … unbezahlbar.

Der nächste Blog dann hoffentlich wieder mal mit etwas sehenswerteren und abwechslungsreicheren Bildern und Geschichten, ich bin gespannt und guter Dinge wieder fit und frisch für neue Taten zu sein. Das Leben nehmen wie es kommt und jeden Tag genießen.

9 Gedanken zu “Nachbrschaft “ Avepozo “ Speckgürtel Lome

  1. bern-alive schreibt:

    Mann Philipp! Mach keinen Mist! Hast du die Malaria wirklich vollkommen auskuriert? Leberformen auch? Oder hat sich da am Ende noch eine Amöbenruhr draufgesetzt?
    Ich hoffe, dass es jetzt wieder bergauf geht und du auch gesund bleibst.
    Auch wenn dies kein erfreulicher Beitrag war, danke ich trotzdem für das Update. Ich kenne dich zwar nicht, die Gegend um dich herum dafür aber ganz gut, und deswegen wünsche ich dir eine gesunde Widerstandskraft gegen die vielen kleinen Viecher dort!
    Bernhard

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      • Roger-T. schreibt:

        „die haben ne korrekte Analyse gemacht… und über das vom Krankenhaus zuvor gelacht. ;/“

        Ich auch! LOL
        Deswegen hatte ich Dir ja am 1.5. einige Gedanken zu Deinen „Medikamenten“ (siehe: der famose Artemisia-Tee.) geschrieben. Vielleicht haben sie Dir in der Klinik nun neben solider Diagnose/Therapie auch ein paar nachdenkliche Informationen vermitteln koennen, die Dir wirklich helfen; z.B. bei eventuellen neuen Malaria-Schueben. – Allgemein hat man mit der Behandlung in Afrika viel Erfahrung – wenn man zu Beginn schnell und richtig reagiert!

        Mal etwas Persoenliches als Reaktion zu Deinen persoenlichen Bemerkungen: Du bist ja wirklich kein Neuling und hast so manche echte Faehigkeiten, die andere selbstgefaellige Afrika-Fahrer nie haben werden.
        Und trotzdem kannst auch Du ueber Deine Beine stolpern, wenn Du nicht akzeptierst, dass es Dir – mit Deinem angeborenen Background – nie gelingen wird, Afrika zu begreifen. Das ist einfach so!
        Erst wenn Du Dich von Deinem Drang zu staendigen Vergleichen/Urteilen verabschiedest, wird es Dir gelingen, die Touristenrolle zu relativieren. Wenn das nicht gelingt, dann wirst Du Afrika so verlassen, wie Du es betreten hast; mit Vorurteilen! (Ich denke da an einen speziellen Typen, der in etlichen Wuestenschiff-Berichten mit seinen langen Touristen-Monaten angab und doch nur reiste, um seine vorhandene Meinung bestaetigt zu sehen.)

        Ich wuensche Dir jedenfalls, dass Du Deine Plaene verwirklichen kannst und auch Dein unverzagter Kumpel auf vier Pfoten gesund bleibt!

        Roger-T.

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      • bern-alive schreibt:

        Roger, du hast so Recht. Genau so, aber auch nicht weiter schlimm. Wir lernen alle, hoffentlich!

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  2. detlef / busfreaks.de schreibt:

    Wieso der nächste Blog etwas sehenswerter?? Du hast es doch aus dem Leben beschrieben und so auch berichtet. Ist doch sehr gut gelungen.
    Danke dafür. Mach weiter so, wir sind auf jeden neuen Bericht gespannt.
    Aber erhole Dich erst mal richtig.

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