Der Westen der Elfenbeinküste zum Park du Tai

Die Dschungelwanderung um den „Dent de Man“ war ein großartiges Erlebnis. Wie beschrieben habe ich für die Runde samt Aufstieg zum Felsen 5Stunden benötigt und damit den Durchschnitt der Angaben zum Trail mit guter Fitness aber ohne Hektik geschafft. Trotzdem ist dies bei weit über 30grad und einer nicht zu verachtenden Luftfeuchtigkeit eine ordentliche Beanspruchung für den Körper und meine Mittagspause auf dem Hotelparkplatz fiel dementsprechend ruhig aus. Ich will heute auf jeden Fall noch auschecken und mir einen Platz in der Wildnis suchen. Jedoch brauch ich mal wieder Zahlungsmittel in Form von Geld und spaziere zu den umliegenden Banken. Scheint doch ein größeres Problem zu werden, da weder Euro zu tauschen sind noch meine Visa oder Master Geld am Automaten ausspuckt. Nach drei Banken gebe ich es fast auf, soll aber noch zur BECEAO Zentrale gehen, die sowas wie ne Zentralbank darstellt. Dort wiederum ist aber sowas nur vormittags möglich, heute gibt’s also kein Geld für mich, heißt auch keinen Sprit und somit keine großen Sprünge.

Ich packe also mein Camp zusammen und fahre mal östlich aus der Stadt hinaus. Einfach um es zu sehen, da ich von Nordwesten gekommen bin und nach Süden weiter will. Für heute also ein Schlafplatz ohne Muezzin 5Uhr Morgens und Kinder auf den Straßen bis kurz vor Mitternacht. Vor allem aber um Atlas nach den Strapazen ein Stück Grün zum ausruhen zu bieten. Raus aus Man.

Es ist eine mittelgroße Stadt, in der Region und auf meinem Wege zur Küste sogar die größte Siedlung überhaupt. Wie eine Hauptstraße aussieht und erst recht anhört dann hier mal in bewegten Bildern.

Die kleinen grünen Corollas sind Taxis und suchen sich mit Morsezeichen ähnlichem Hupkonzert Mitfahrer am Straßenrand. Unglaublich dass sich dieser Job hier überhaupt rentiert. Sprit verfahren wo die meisten kaum Geld für essentielles haben, Afrika! Aller Verkehr muss quer durch die Stadt auch Lastwagen egal mit welcher Ladung.

Ich finde einen Platz weit genug hinter den letzten Siedlungen und trotzdem noch im Einzugsbereich des mobilen Internets, koche in Ruhe und genieße einen abgeschiedenen Abend mit ruhiger Nacht. Am Morgen dann frisch ausgeruht wieder rein ins Getümmel und erneut bei den Banken probieren. Geldautomaten immer noch leer, also doch zur Zentrale. Vorher aber einen Rundgang über den gerade erwachenden Markt.

Auch interessant wie jeder seinen Dreck vor dem Geschäft auf den Weg fegt und dann aber anscheinend ab und an sich jemand um das Gesamtaufkommen kümmert. Nicht etwa eine Abfuhr, nein eine Vernichtung vor Ort… durch Feuer.

Ich hab eigentlich alles und liebäugel nur mal wieder mit einem Brathähnchen. In Mali ja nicht der Rede wert und viel zu teuer. kräftiger oder günstiger ist es hier aber auch noch nicht. Unter 5,- schwer zu bekommen. Und dann das grundlegende Problem… lebend.

Warum sollte sich auch jemand die Mühe machen die Ware tot und damit schnell verderblich zu verkaufen. Meist sieht man den „Einkauf“ dann kopfüber am Moped baumeln, oder mit den Füßen neben die Einkaufstasche gebunden. Meine Anfrage also nach einem Küchenfertigen Huhn mehr als schwierig. Doch der Markt ist groß und am Rande der Ecke mit den Hühnern finde ich eine Station für die Schlachtung.

Jedoch kann ich mich nicht ganz dazu durchringen für teuer Geld eine ungewisse Ware obwohl definitiv frisch zu erwerben oder auszusuchen. Die Jungs hier hacken und federn im Akkord und dann das komische heiße Bad am Ende, nein Danke. Ich bleibe bei Bohnen als Proteinquelle.

An einer Ecke vom Markt werden Schafe und Ziegen samt Futter gehandelt. Sieht so aus als bliebe die Ware auch nachts bis zum Tag des Verkaufs hier. Angebunden und mit vielen Nachbarn. Hoffentlich nicht lebenslang, wenn auch viele Jungtiere zu sehen sind und genügend Exkremente als Indiz dafür sprechen.

Und wenn wir schon beim Thema sind, Fleisch ist hauptsächlich auch Kuh und die gibt’s hier zum Glück nicht lebendig. Wird mit unkonventionellen Mitteln auf jeglichem fahrbaren Untersatz an die Metzger geliefert, die dann die Hälften je nach Wunsch mundgerecht weiter zerstückeln und veräußern. An so einer Rinderhälfte tragen schonmal drei Leute damit nix über den Boden schleift, den Pansen hinten in der Ecke schafft aber wohl einer alleine.

Ich hab also genug gesehen und kann hoffentlich gegen 8Uhr schon bei der BECEAO erscheinen. Zum Einlass muss ich eine Kopie meines Ausweises anfertigen, Führerschein reicht aber. Pförtner, Personenkontrolle, Metalldetektor, Besucherausweis. Damit durch zwei Stahltore mit Chipkennung und erneut ein Detektor und Sicherheitsmann am Eingang des Bankgebäudes.
Hinein in eine andere Welt. Eine 20m hohe Halle ab poliertem Fußboden, richtige Schalter hinter Sicherheitsglas und meine Euros werden auf’s genaueste inspiziert. Nur völlig makellose Scheine werden entgegen genommen, jeder kleine Riss oder Verfärbung ein Ausschlusskriterium. Weg ist es schonmal, der Tausch aber kann eine Weile dauern, da das normalerweise nicht zu den Aufgaben der Bank hier gehört. Ich hab aber keine Lust zu warten, lasse mir ne Empfangsquittung geben und komme nach dem Frühstück am Truck mit der gleichen Prozedur wieder rein.

Und dann auch endlich mit landestypischer Wärung in kleinen Scheinen wieder heraus. 500cfa als Beispiel ist der meist genutzte Schein und mit knapp 80ct ein Essen wert. für 5000 bekommt man schon 9Liter Sprit. 10.000cfa wäre der größtmögliche Schein. Mein 2-3 cm dickes Bündel sind umgerechnet 400,-€ und ich hab damit hoffentlich ne Weile Ruhe, denn auch in Togo und Benin wird damit gezahlt. Alles nagelneues Geld.

Wie ich mich bei der Wartezeit übrigens mit einem Wachmann draußen unterhalten habe wäre das für ihn fünf Monatslöhne. Er ist täglich außer Sonntag 6-18Uhr hier und verdient 60.000 cfa im Monat. Hat dafür einen dauerhaften also sicheren und angesehenen Job und sitzt die meiste Zeit des Tages vor der Mauer der Bank und verscheucht mit etlichen anderen Kollegen an jeder Ecke Passanten die sich zu lange in der Umgebung aufhalten oder bewacht die geparkten Autos der Besucher. Für 100,-€ im Monat… und kann hier davon gut leben.

Ich kann nun endlich auch die Stadt verlassen und finde dabei auch die Weide der Kühe die später irgendwann ihren Weg zum Schlachter finden.

Clevere Flächennutzung zwischen Busbahnhof und Hauptstraße in den Süden des Landes. Die nächsten 100km laufen viel besser als gedacht. Die Straße gut und mein nächstes Ziel fliegt mir quasi entgegen. Ich will zum Tai National Park und hab mich dann aber doch zu früh gefreut. Ab Guiglo ist die A7 dann wieder eine rote Piste wenn auch anscheinend nicht mehr lange, da schon die Bauarbeiten begonnen haben. Platt machen kommt vor allem anderen.

Dabei müssen auch einige Giganten fallen… Regenwald und das überall bekannte Problem:

Fast schon karikaturistisch finde ich diesen Anblick eines vereinzelten Riesen auf dem Gelände einer Kaserne. Wenigstens dort schützt ihn die Mauer vor dem Menschen.

Die fast 100km zum Ort Tai dann also wieder eine schaukelige und staubige Angelegenheit wie rote Pisten sie nun mal an sich haben. Mich treibt keine Eile und ich habe irgendwo abseits ein Nachtlager im richtigen Dschungel. Um mich herum gezirpe und gegurgel, Geräusche aus allen Richtungen, die Natur lebt. Alles dunstig und noch klammer also schwüler als in Man. Drückende Hitze.

So kann ich mich auch nicht mehr erinnern, ob das Sonnenauf- oder Untergang ist, denn beides sieht hier gleich aus… locker eine Stunde davor und danach immer noch nicht klar am Himmel zu sehen.

Es halten sich sogar etwas Wolken am Himmel und ich passiere einige kleine Dörfer auf dem Weg.

Gerne auch wieder in bewegt da doch anschaulicher als nur ein Foto.

Ansonsten ist dieser Anblick für alle Afrika Overlander wohl eine Hassliebe. Schöne Natur und relativ weit weg von moderner Zivilisation aber immer alles staubig und doch nie menschenleer. Rote Piste…

Und noch ein Video vom Wegesrand was ich mal vorab nicht kommentiere:

Ich erreiche den Ort Tai und finde auch das Infozentrum zum Nationalpark. Die Touren hinein führt eine junge Französin, die zusammen mit weiteren Landsmännern das Projekt eines deutschen Proffessors zur Erhaltung und Recherche in diversen Bereichen ausführen. Von den Eintrittspreisen hab ich ja schon online schon gehört. 15.000cfa für den ersten Tag plus Zusatzaktivitäten. Was jedoch nicht beschrieben wird ist die obligatorische Übernachtung in der Lodge um von dort gleich morgens zu Fuß eine große Rundwanderung zu machen um Tiere zu sehen. Macht Sinn, soll aber 100.000 cfa kosten und würde damit den Besuch des Parks mit über 200,-€ veranschlagen. Ausserdem müsste ich die WALKÜRE mein Heim hier stehen lassen und Atlas die Alarmanlage ebenfalls mitnehmen was immerhin gehen würde.

Mag es noch so interessant sein eines der größten Schutzgebiete in dieser Fauna Westafrikas mit Schimpansen und vielleicht sogar Elefanten zu sehen sind mir das die Bedingungen nicht wert. Nur ca 200Besucher jährlich gönnen sich dies und reisen ebenfalls über diese Piste an. die übrigens geht nun noch einmal genauso lang bis zur Küste weiter, Halbzeit also und weiter geht’s.
Die Route führt am westlichen Rand des Landes vorbei. Erst ist die Grenze zu Guinea nicht weit, dann filgt die von Liberia. Dies anscheinend die Ursache warum doch recht viele Kontrollposten meist vor und nach Dörfern auf der Strecke liegen. Kostet alles zusätzlich Zeit und vor allem wollen die meisten dort ihre Langeweile bekämpfen oder besonders gewissenhaft bei Touristen sein, keine Ahnung. Ich muss also mehrfach Papiere zeigen oder die Hütte öffnen. Hab aber auch öfter gesehen, dass denen von anderen Fahrern Geld zugesteckt wird, wohl der eigentliche Grund dieser Schikanen. Es kontrollieren alle Einheiten von Armee über Polizei und sowas wie das Forstamt dazu die Grenzer, und immer mal wird unverfänglich nach einem Geschenk gefragt. Nö, gibt es nicht, nur einmal hatte ich eine eher lustige Begegnung mit einem immerhin Kreativen Blockaden Bastler der von mir eine alte Packung Kaugummis bekommen hat. Ne richtige Schranke im Gegensatz zu manch einfallslosen Schnüren über die Straße gespannt.

Und wer von der Seite sitzend hinter mir herpfeift wird einfach ignoriert, sonst kommt man nie voran. Hab eh mein Hörbuch im Ohr. Die bloße Anwesenheit eines Uniformierten abseits der Straße im Schatten nicht mitgerechnet musste ich auf der Strecke locker 20 eher zwei Dutzend Posten passieren, manche schnell, andere mit bis zu 15Minuten Verzögerung. Das nervt auf die Dauer und bringt mir kein Stück Sicherheit eher ein unwohles Gefühl jedes Mal erneut angebettelt zu werden oder ausgeliefert zu sein. Afrika.
Die Dörfer hier so weit ab vom Rest des Landes produzieren Nahrungsmittel selbst, zusätzlich ist Kaffee und Cacao die Haupteinnahmequelle und überall zum Trocknen auf großen Planen ausgelegt. hat den Vorteil, dass am Abend wenn die Luftfeuchte kommt alles zu Paketen zusammen gebunden wird und nicht jedes Mal weggeräumt werden muss. Sind schon ne Menge Bohnen die dann in Säcken ihre Reise um die Welt angehen.

Also keine Einnahmequelle ausser durch landwirtschaftliche Erzeugnisse, ich hoffe mal dass Tropenholz keine Rolle spielt. Auf der ganzen Strecke kommen mir aber gut ein Dutzend Laster entgegen die wohl alle zum riesigen Sägewerk an der letzten Abzweigung zur Asphaltstraße wollen. Ganz große Bäume gibt es nur noch selten, Laster mit nur einem Stamm also ebenfalls, die Meisten haben zwei oder drei Giganten geladen, die in der Summe sehr schwer sein müssen.

Dieser Laster hier, ein alter Renault hat an dem Anstieg seinen Bezwinger gefunden. Kein technischer Defekt sondern fehlende Kraft lässt ihn hier ruhen. Es kommt wohl Hilfe wie der Fahrer meint, ein weiterer Laster also nötig für die letzten Meter zum Gipfel.

Zur Sicherung sind Steine vor die Räder gelegt und hinten ist ein Balken zwischen die Achsen verkeilt. Stelle man sich mal vor wie die Fuhre wieder der Schwerkraft wegen nach unten will. Was wiegen solche Holzstämme, jemand vom Fach hier der ne Schätzung abgeben mag?

Die Elfenbeinküste sonst in der Summe irgendwie „entwickelter“ als Mali oder Guinea. Zumindest sind die Behausungen größer, meist rechteckig und mit Blechdach belegt statt Stroh, welches logisch besser isoliert. Die Ansicht von Dörfern hat also nix romantisches mehr wie viele Rundhütten im Familienverband den Anschein erwecken. Baumaterial trotzdem oft noch Lehm, manchmal final verputzt und sogar angemalt. Hübsch ist trotzdem anders.

Ich hab also noch etwas Strecke vor mir, schaffe es nicht ohne weitere Übernachtung. Plätze am Pistenrand sind rar, aber möglich wenn man die Augen frühzeitig offen hält. Wenn abseits der Dörfer ein Weg breit genug für ein Fahrzeug in den Wald führt geht es meist auf eine Plantage von Palmöl. Zu Häusern und Höfen reicht meist nur einspurig für Moppeds. Irgendwann also ein Plätzchen wie dieses für eine weitere schwüle Nacht mit vielen Geräuschen im Dschungel.

7 Gedanken zu “Der Westen der Elfenbeinküste zum Park du Tai

  1. George schreibt:

    Genieße das bisschen Wald was dort noch steht. Als wir vor 40 Jahren in Kamerun, Zentral-Afrika und Zaire waren haben wir noch richtigen Dschungel gesehen. Das werde ich nie vergessen. Was heute dort noch steht ist ein Witz. Trotzdem einen weiteren schönen und erlebnisreichen Trip.

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    • Roger-T. schreibt:

      Wir alle wissen, dass es einen skrupellosen und kriminellen Raubbau an den Urwäldern der Erde gibt. (In der RDC hatte z.B. 2008, Greenpeace (Büro in Kinshasa) die Aktivitäten der Deutsch-Schweizer- Firma Danzer angeprangert.)

      Gerade aber, weil die Lage so bedrohlich ist, sollte man sich mit sinnlosen Übertreibungen zurückhalten. Behauptungen wie « und Zaire…haben wir noch richtigen Dschungel gesehen….Was heute dort noch steht ist ein Witz. »
      Das ist leichtfertig und kontraproduktiv gegenüber denen, die den Dschungel aktiv – manchmal unter beträchtlichen Gefahren – schützen! Der Dschungel in der RDC ist noch heute der zweitgrößte nach dem vom Amazonas und also keineswegs « ein Witz »!   

       

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  2. Roger-T. schreibt:

    „Naja, vor 40jahren sicherlich trotzdem viel ursprünglicher.“

    Die Ursprünglichkeit wirst Du auf Deiner Fahrt wahrscheinlich nicht wirklich ausmessen können. Zweifellos war der Forêt primaire vor Jahrzehnten noch erheblich grösser, weshalb wir ja heute auch von kriminellem Raubbau sprechen müssen! Trotzdem ist eines der bedeutendsten zusammenhängenden Urwaldgebietes der Erde – Dieu merci! – kein „Witz“.

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  3. Oli schreibt:

    Du kannst mit einem Gewicht von 0,8 bis 1,2 Tonnen pro Kubikmeter rechnen, je nach dem um welches Holz es sich handelt. Da kommt also ein stattliches Sümmchen zusammen was da transportiert wird.

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