Der Agadir Id Aissa bei Amtoudi

Ich hatte eine ruhige Nacht direkt unter dem Agadir in Amtoudi. Nur war es ab und an sehr stürmisch in Böen und hat sich in meine Träume eingeschlichen. Alles in allem schlafe ich aber hervorragend in der WALKÜRE und hab quasi mal wieder alles richtig gemacht. Bequeme Matratze, gutes Bettzeug und auch ausgestreckt zwei Meter Platz. Die Nächte werden länger und gegen 19uhr ist es schon dunkel. „Schon“ im Vergleich zur Heimat ein glatter Zugewinn an Tageslicht. Morgens weckt der Muezzin aus der Moschee, meist bin ich aber vorher eh schon wach. Gegen 6Uhr hab ich halt meine 8Stunden Schlaf hinter mir. Dann meist noch dunkel und ich sitze im Bett und schreibe den blog. Frisch und munter geht es dann heute mal mit langer Hose und Pullover auf zur Wanderung. Gegen 9Uhr soll der Wächter der Speicherburg die Pforten öffnen.

Ich nehme den schattigen Aufstieg und sehe es als Frühsport an, ist echt ne mittelschwere Besteigung die ich nicht jedem Rentner zutrauen würde. Der Weg für marokkanische Verhältnisse gut ausgebaut und sicher. In Deutschland würde das so aber nicht gehen, loses Geröll und keine Beschilderung. Man erkennt gut wie sich unten im Oued zur Zeit die Straße lang schlängelt, wie erwähnt wird die Hauptstraße im Ort gebaut und ist komplett gesperrt. Fast oben und der erste Eindruck von der Seite gesehen schon gigantisch.

Doch das ist nix im Vergleich zu der nächsten Perspektive. Perfektes Postkartenmotiv und früh am Morgen auch nicht mit blendender Sonne dahinter.

Kein Wunder dass diese Burg sicher war, von Natur aus schon uneinnehmbar und in dieser exponierten Lage alles überschaubar. Der Eingang dann auf der Schattenseite rechts im Bild eine Mauer mit erstem Tor, offen!

Dort kommt man unterm Wachhäuschen durch und trifft auf die Innere Mauer mit weiterem Tor was leider noch verschlossen ist. Klopfen und rufen hilft nix, keiner da. Der Zettel an der Tür mit Öffnungszeiten und Telefonnummer sagt zwar ich bin ich richtig, es ist schon fast 10 aber ich mach mich auf der anderen Seite an den Abstieg um im Dorf zu fragen.

Genauso steil und etwas länger, dazu noch in der Sonne, es wird wieder warm heute. Man kann die gedämpften Geräusche aus dem Ort vernehmen und unten angekommen treffe ich auch auf die ersten Menschen heute. Arbeiter die ein Dach mit Lehm bedecken.

Man muss dazu erwähnen, dass dieses Haus immer noch 50m höher als das Flussbett liegt und keine Straße hin führt. Der Bauherr schleppt alles Material auch den Lehm mit einem Esel an der zwei Taschen überm Sattel führt. als ich das zweite Mal vorbei komme gibt es eine Hausführung und der Stil ist eine moderne Mischung aus Betonsteinen mit Palmenstammdach und echten Holzbalken, bedeckt mit Brettern die die Lehmschicht trägt. Eingerichtet mit vielen Teppichen und nem Haufen Betten in sonst kahlen Räumen träumt auch er davon sein Auskommen mit Zimmer Vermietung zu verdienen. Ein Restaurant wäre hier in Amtoudi eher eine Marktlücke.

Ich hab etwas vorweg gegriffen, mir wird also telefonisch geholfen und der Schlüsselwart der Burg verabredet sich mit mir in einer halben Stunde unten am Anstieg. Zeit für ein verdientes Frühstück am Truck. Den Aufstieg erneut meistern braucht etwas Stärkung. Doch es wird komplizierter. Ein kleines schielendes, hinkendes Männchen in Gummistiefeln erscheint am Treffpunkt. Er hilft gerade auf der Baustelle aus und hat offensichtlich keine Lust wegen mir dort rauf zu marschieren. Er fragt nach Geld und ich sage ihm, ich weiß dass es 15Dh kostet… Er hat leider keine anderen Anmeldungen heute und kann mir auch den Schlüssel nicht geben, da er oben versteckt ist, kann mir aber auch nicht erklären wo ich den finde. Kein Problem sage ich, hab Zeit und warte und insgeheim schon einen anderen Plan.

Ich bin also wieder oben und hab ja nicht ohne Grund ein Set zum Schlösser öffnen dabei. Wäre doch gelacht, wenn ich das Vorhängeschloss einfachster Bauart nicht ohne Zerstörung auf bekomme. Die quasi Entschuldigung dafür hätte ich ja, er hatte keinen Bock.

Doch als ich gerade so weit bin ruft es weit unter mir den Berg hinauf, er kommt doch und ist ganz aufgeregt, im Schlepp zwei weitere Besucher die sich aber etwas Zeit nehmen und die Aussicht genießen. Mir wird also offiziell geöffnet und ich kann meine Runde machen. Der Ganze Gipfel ist einmal zu umrunden. Überall befinden sich kleine Kammern und Lager mit Holztüren und in echt gutem Zustand. Ich weiß, dass 2007 erst groß restauriert wurde, sieht aber noch frischer aus.

In den Kammern haben sich dann einzelne Familien eingemietet und ihre Waren verstaut. Es gibt Schütten und Regale. Hier eine Wand mit Zwischenboden.

Das alles ist ja schon erstaunlich genug, aber hübscher wird es am Südende in Richtung Ort, die Aussicht und die kleinen Türmchen einfach toll.

Diese ebene Fläche hier beherbergt einen unterirdischen Tank, Wasser oder Korn würde ich schätzen, wofür die kleinen Becken aus Felsplatten sind aber keine Ahnung, unten geschlossen, also keine Trichter, vielleicht für Leuchtfeuer zum Holz halten?

Die Mauer und eigentlich alles konstruierte aus den üblichen vorhandenen Materialien, Stein. Trotzdem oder gerade deswegen immer noch stabil. das Südöstliche Türmchen:

Und es gibt massig solcher Regale, die ich auch gestern schon beim zerfallenen Agadir gesehen habe.

Einige sogar als Trennwand zum dahinter liegenden Raum. Die Fächer in Größe für jegliche Bündel gestaltet, wofür genau aber hab ich keine Idee. hier nochmal den Blick zurück auf den letzten Turm mit Talsicht.

Aus Atlas seiner Perspektive etwas langweiliger, aber er hat seinen Spaß. Darf dabei sein und überall rumschnüffeln. Den wundert schon lange nicht mehr an was für komischen Orten ich so meine Zeit verbringe.

Und dann ging mir mal wieder das Telefon aus, weil der Akku leer war. Nix anderes dabei und ich habe echt keinen Bock ein drittes Mal hinauf zu steigen. Plan B… ich suche die anderen Besucher. Es sind sogar Deutsche mit einer ordentlichen Tour für zwei Wochen Marokko im Mietwagen ab Agadir, Respekt. Sie schießen und schicken mir ein letztes Foto was nur annähernd den Umfang der Anlage vermuten lässt.

Um 1200 erbaut und mit 90 Einheiten versehen von denen vielleicht 20 auf dem letzten Bild vereint sind ist der Agadir Id Aissa ein echtes Meisterwerk und ein lohnender Stopp in Marokko. Hab ich vorher auch noch nicht gesehen, da doch etwas abseits der üblichen Routen, sollte man aber wirklich nicht verpassen! Die letzte Ansicht zeigt recht frisch restaurierte Dächer, zumindest wird hier einiges getan zum das Instand zu halten. Ich zahle gerne mit Trinkgeld und hoffe es kommt an die richtige Stelle an. Außerdem sehe ich weitere 5Leute den Berg hoch kommen, kann sich der Alte doch noch freuen…

Ein abschließendes Bild von meiner Fahrradrunde am Vorabend zeigt das Oued aus Osten mit rechts ein paar Häusern die nicht das Ortszentrum sind, welches auf der anderen Seite liegt. hier aber beginnt einer der Anstiege und dort auch die frisch gebaute Herberge wo ich die Arbeiter fotografiert habe.

Ja und auf dem runden Gipfel dort oben thront die Speicherburg. Amtoudi also auch auf meiner Liste beim fünften Marokkobesuch abgehakt. Zurück zum Bus, Abfahrt in Richtung Süden. Der Straße folgend durch kahle Täler nach Guelmim.

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